Am Sonntag lief das vorletzt letzte Schiff voll beladen mit Getreide aus dem Hafen von Odessa aus. Wie von Daten der Website MarineTraffic hervorgeht, verließ die Tq Samsun am Morgen den wichtigen Schwarzmeerhafen. Odessa gilt als Schlüsselhafen für den weltweiten Getreidehandel, ein Großteil des Korns stammt aus der ukrainischen und auch russischen Landwirtschaft.

Getreidedeal Ukraine Russland Odessa
Die "Tq Samsun" war das vorerst letzte Schiff, dass Odessa am Sonntag mit Getreide verließ.
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Doch wieder steht der Export des für den Welthandel so wichtigen ukrainischen Getreides auf der Kippe: Am Montag läuft abermals der sogenannte Getreidedeal aus. Das Abkommen wurde vor mittlerweile einem Jahr unter Vermittlung der Uno und der Türkei zwischen Russland und der Ukraine abgeschlossen. Ziel ist es, trotz Krieg die sichere Fahrt von Getreidetransportschiffen durch das Schwarze Meer zu ermöglichen.

Das Abkommen ist aber nicht auf unbestimmte Zeit abgeschlossen, sondern muss alle zwei Monate verlängert werden. In jener Frequenz droht dem Deal daher nun auch immer wieder das Aus. Russland versucht im Vorfeld der zweimonatigen Deadline regelmäßig eigene Forderung durchzusetzen. Dazu zählen vor allem die Erleichterung von Sanktionen auf russische Nahrungsmittel- und Düngerausfuhren.

Putin beklagt sich in Südafrika

Erst am Samstag hat der russische Präsident Wladimir Putin mit seinem südafrikanischen Amtskollegen Cyril Ramophosa telefoniert. In dem Telefonat beklagte er laut Kreml, dass dementsprechende russische Forderungen bisher nicht erfüllt worden wären.

Ramophosa hat als Vertreter eines BRICS-Landes in Afrika besonderes Interesse an einer Verlängerung – betrifft ein möglicher Engpass bei Getreide und Agrarprodukten doch vor allem ärmere Länder und deren Bevölkerung. Putin hätte laut Kreml gegenüber Ramophosa auch erklärt, das Hauptziel des Abkommens, bedürftige Länder etwa auf dem afrikanischen Kontinent zu versorgen, sei nicht umgesetzt.

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Die Ukraine und Russland gehören zu den weltweit größten Exporteuren von Getreide. Nach dem Beginn des russischen Kriegs gegen die Ukraine waren die Schwarzmeerhäfen zur Ausfuhr aus der Ukraine zunächst blockiert. Durch das Abkommen waren Exporte wieder möglich. Russland kritisiert jedoch, dass dadurch nur reichere Länder mit Getreide versorgt würden und nicht bedürftige Staaten in Afrika, Asien und Lateinamerika.

Wichtige Diplomatie

Neben der großen Bedeutung für die Welternährung ist der Getreidedeal außerdem das bisher einzige funktionierende Abkommen, das seit dem russischen Angriff auf die Ukraine zwischen den zwei Ländern vermittelt werden konnte. Bezeichnenderweise haben die zwei Länder nicht direkt miteinander verhandelt, sondern wie beschrieben nur über die Vermittler der Uno und der Türkei.

Die Uno rief daher Putin dazu auf, den Deal erneut fortzusetzen. Sollte das nicht geschehen, gibt es noch die Möglichkeit, das Abkommen auszusetzen, anstatt ganz auszusteigen, was der wahrscheinlicherer Eskalationsschritt von Seiten Moskaus wäre. Bisher haben die vergangenen Monate gezeigt, dass man sich in letzter Minute mit Moskau noch einigen konnte. Doch die Drohungen aus Moskau, dies nicht zu tun, werden zunehmend lauter. (saw, APA, 16.7.2023)