Eine Frau mit ihren Pudeln in einer schicken Limousine.
Nicht alle Millionärinnen und Millionäre fahren mit ihren Pudeln in Limousinen herum. Genauso wenig spenden sie alle für gemeinnützige Zwecke.
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Ein großer Teil des Vermögens in Österreich befindet sich in der Hand einiger weniger. Der jüngsten Untersuchung der Oesterreichischen Nationalbank (OeNB) zufolge besitzt das reichste ein Prozent der Bevölkerung rund 16,3 Prozent des Nettovermögens – dabei ist die Datenlage an der Spitze der Vermögensverteilung unzureichend, eine höhere Konzentration gilt als wahrscheinlich. Dennoch zeigen sich vor allem die wohlhabenderen Gesellschaftsschichten als zurückhaltend bei den Spenden. Österreich ist und bleibt ein Land der Kleinspender. 

Ein Umstand, den viele gemeinnützige Vereine sowie Expertinnen und Experten ändern möchten. Das Institut für Höhere Studien (IHS) hat nun auf Initiative des Fundraising-Verbands Austria sowie 13 gemeinnützigen Organisationen erhoben, weshalb es in Österreich etwa im Vergleich zur Schweiz und Deutschland derart viele Kleinspender – und im Umkehrschluss – wenige Großspender gibt. Die Interviews mit Vermögenden und gemeinnützigen Vereinen zeigen: Bestehende Hindernisse, etwa eine unübersichtliche Rechtslage, dürften einer durchaus vorhandenen Motivation zum Spenden den Wind aus den Segeln nehmen.

Viel Luft nach oben

"Bei den Vermögenden gibt es noch ein Potenzial zum Geben", wies IHS-Verhaltensökonomin Katharina Gangl im Zuge der Studienpräsentation hin. So spenden Menschen mit höherem Einkommen zwar in absoluten Zahlen höhere Beträge, in Relation zum Einkommen sieht das Bild aber gänzlich anders aus. Wie Daten aus einer Erhebung des Fundraising-Verbands Austria zeigen, liegt der Spendenanteil bei Menschen mit Bruttoeinkommen unter 11.000 Euro bei knapp zwei Prozent. Bei Personen mit höherem Einkommen sinkt der Anteil stark ab. Bei einem Bruttoeinkommen zwischen 60.000 und 90.000 Euro liegt er nur noch bei rund 0,3 Prozent, bei jenen über einer Million Euro Bruttojahreseinkommen liegt der Anteil gar bei 0,12 Prozent. 

Spendenanteil am Bruttoeinkommen in Österreich in Prozent
Je höher das Einkommen, umso geringer fällt der Anteil der Spenden aus.
DER STANDARD

Noch deutlicher zeigt sich die Ungleichheit der erbrachten Spenden im Vergleich zu den verfügbaren Zahlen in Deutschland. Während im Nachbarland rund 44 Prozent aller Spenden von Personen ab einem Einkommen von 100.000 Euro zur Verfügung gestellt werden, tragen in Österreich vergleichbar Vermögende nur zu knapp zehn Prozent zum Spendenaufkommen bei. Generell kommt Österreich im europäischen und internationalen Vergleich nicht gut weg.

Gemessen an der Wirtschaftsleistung liegt der Spendenanteil im unangefochtenen Spitzenreiterland USA bei 2,1 Prozent, in Österreich bei weniger als einem Viertelprozent. Wie der Fundraising-Verband Austria im Spendenbericht 2022 vorrechnet, könnten das Spendenaufkommen in Österreich mit einem vergleichbaren Anteil am Bruttoinlandsprodukt fast verzehnfacht werden. 

So viel also zur Ausgangssituation. Doch woran liegt es, dass Österreich im Ländervergleich derart schwach abschneidet? Katharina Gangl, Verhaltensökonomin am IHS und Studienautorin, hat dafür drei grobe Bereiche auf Basis bestehender Literatur, qualitativer Interviews und zwei Fokusgruppen mit Vermögenden analysiert. Als solche gelten Personen Gangl zufolge dann, wenn sie mindestens 50.000 Euro "mit einer gewissen Leichtigkeit" spenden können. 

Bürokratische Hürden stehen im Weg

Auf der einen Seite des Spektrums befindet sich die Motivation der Menschen, einen Teil ihres Einkommens zu spenden. Auf der gegenüberliegenden Seite wiederum stehen Hindernisse im Weg, die Personen davon abhalten, gemeinnützige Organisationen zu unterstützen. Dazwischen liegt noch ein weiterer Bereich, der vor allem an der Persönlichkeit und der öffentlichen Wahrnehmung ansetzt. 

"Die Ergebnisse der Studie zeigen, dass Vermögende vor allem von intrinsischen Motiven wie dem Bedürfnis nach sozialer Gerechtigkeit zum Spenden motiviert werden", erklärt Gangl. Zudem zeigt sich eine Besonderheit im internationalen Vergleich: 13 der 15 Befragten sehen es als ihre Verantwortung an, sich mittels Spenden philanthropisch zu engagieren. "In anderen Ländern ist es eher der Wille, etwas zurückzugeben", verweist die IHS-Verhaltensökonomin auf internationale Studien. 

Auf der anderen Seite ist es allen voran die Effektivität des gespendeten Kapitals, das ein potenzielles Hindernis darstellt. Zudem sind auch der steuerliche und bürokratische Rahmen sowie eine fehlende Kultur der Philanthropie ein zentrales Problem, wie die Befragungen zeigen. Zwar sind die Studienergebnisse mit einer gewissen Vorsicht zu genießen, schließlich sind alle der Befragten bereits in der Vergangenheit philanthropisch aktiv gewesen; die berichteten Motive und Hürden sind aber dennoch nicht von der Hand zu weisen. 

Spenden werden zum internationalen Wettbewerb

Organisationen wie der Fundraising Verband Austria bemängeln schon länger, dass die steuerlichen Anreize zum Spenden in Österreich einen Nachholbedarf aufweisen. So fehle gemeinnützig aktiven Stiftungen etwa Rechts- und Planungssicherheit, da es keine zeitliche unbegrenzte Spendenabsetzbarkeit gibt. Zudem würden manche Spendenzwecke begünstigt, während andere – etwa die Unterstützung von Bildungs- und Tierschutzeinrichtungen – benachteiligt würden. So ist auch nicht überraschend, dass lediglich zehn Prozent des österreichweiten Spendenaufkommens Stiftungszuwendungen entstammt.

Damit werden nicht nur Stifterinnen und Großspender abgehalten, auch eine grenzübergreifende Gefahr droht. "Vermögende sind in der Regel mobil, auch was ihr Kapital angeht", erklärt Günther Lutschinger, Geschäftsführer des Fundraising Verbands. Damit droht bei komplizierten Rahmenbedingungen eine Abwanderung der Spender, die etwa in Deutschland und Liechtenstein einfachere Bedingungen vorfinden. 

Erleichterungen mit Jahresbeginn

Letztlich seien zwei Ansätze zu kombinieren: Einerseits müssten Hürden abgebaut, andererseits müsste die philanthropische Kultur gefördert werden. "Es hat sich im Zuge der Studie klar gezeigt, dass sich Vermögende vernetzen möchten", schildert Lutschinger. Neben einer Online-Vernetzungsplattform brauche es auch persönliche Treffen sowie Beratungsstellen, um das Spenden größerer Summen zu erleichtern. Zudem brauche es einen offeneren Zugang in der Öffentlichkeit zum Thema Spenden. "Es sollte etwas Normales sein, zu spenden, darüber zu reden und so auch als Vorbild zu fungieren", zeigt sich Gangl überzeugt. 

Erste Verbesserungen sind jedenfalls zu Beginn des kommenden Jahres in Sicht. Dann tritt das Gemeinnützigkeitspaket der Bundesregierung in Kraft, das etwa eine Ausweitung der Absetzbarkeit von Spenden sowie die Modernisierung des Gemeinnützigkeitsrechts vorsieht. (Nicolas Dworak, 18.7.2023)