Vorhand
Beim Turnier in Budapest kam es zu unschönen Szenen.
IMAGO/Mathias Schulz

"Es ist nur ein Rennen, aber die Schande währt ewig", sagte Ivica Kostelic einst über Marcel Hirscher, weil der ÖSV-Star angeblich einen Einfädler nicht zugeben wollte. Die Aufregung war für einige Wochen riesig, die Reputation des ehemaligen Seriensiegers im Gesamtweltcup war langfristig aber kaum beschädigt.

Im Tennis legte die ungarische Profispielerin Amarissa Tóth ein Verhalten an den Tag, das ihr wohl noch lange angehängt werden und von vielen Profis scharf kritisiert wird.Beim WTA-Turnier in Budapest ist es am Dienstagabend zu einer grob unsportlichen Szene gekommen. Die 20-Jährige jubelte über die Aufgabe ihrer Gegnerin Zhang Shuai aus China, die offenbar eine Panikattacke auf dem Platz erlitten hatte.

Was war passiert?

Zhang spielte eine Vorhand als vermeintlichen Winner über das Netz, die Stuhlschiedsrichterin gab den Ball nach Sichtung des Abdrucks auf dem Sandplatz aber out. Fernsehbilder zeigten, dass der Ball mutmaßlich die Linie berührte.

"Nein, warte – oh mein Gott!", sagte Zhang zur Schiedsrichterin. "Wie kannst du mir sagen, dass der Ball aus ist?" Die strittige Szene passierte beim Stand von 5:5 und 15:15, also in der entscheidenden Phase des ersten Satzes. Zhang forderte den Oberschiedsrichter an, die Situation zu besprechen, doch dies ließ die Stuhlschiedsrichterin offenbar nicht zu.

Das Publikum in Budapest begann, Zhang auszubuhen. Den darauffolgenden Punkt gewann Zhang, doch dann ging Tóth zum strittigen Abdruck und wischte ihn mit der Fußsohle weg. Zuvor hatte Zhang sie laut und deutlich gebeten, den Abdruck nicht wegzuwischen, der Ungarin war dies aber egal. Sie heizte die Stimmung noch weiter an. "Du machst Probleme", rief Tóth über das Netz.

Zhang verlor anschließend ihr Aufschlagspiel, rief den Physio auf den Platz und brach in Tränen aus. Kurz darauf gab sie das Match auf, reichte der Stuhlschiedsrichterin und auch Tóth noch die Hand und verließ den Platz.

Bei den French Open im vergangenen Mai sprach Zhang nach ihrer Erstrundenniederlage über einen Streit mit dem chinesischen Tennisverband und dem Druck, den sie bei Turnieren verspürt. Im WTA-Ranking liegt sie aktuell auf Platz 45, in Budapest war sie an Nummer zwei gesetzt. Die Aufgabe gegen Tóth war Zhangs 13. Niederlage in Serie.

Die Szene aus Budapest teilte Zhang auf Instagram und bedankte sich bei Kolleginnen und Kollegen, die ihr Unterstützung aussprachen. Mehrere Spielerinnen kritisierten das Verhalten von Tóth anschließend in den sozialen Medien.

"Null Respekt für diese Tóth. Ich bin so, so, so wütend. Ihr Ruf ist ruiniert. Ich fühle mit Shuai", schrieb etwa die Australierin Daria Saville. Ihre Landsfrau Ajla Tomljanovic bezeichnete Tóths Verhalten als grauslich und lobte Zhang, sie sei "ein besserer Mensch als viele von uns, weil sie dem Schiedsrichter und dem Mädchen die Hand geschüttelt hat". (luza, 19.7.2023)