Wien – Der Ärztemangel ist eine der großen Problemstellungen im Gesundheitsbereich. Dem will die Ärztekammer mit einem Lösungsvorschlag, den sie bereits in der Vergangenheit öfter kommuniziert hat, entgegenwirken: Sie fordert eine Liberalisierung der Regeln für den Betrieb von ärztlichen Hausapotheken. Medikamente würden demnach direkt beim Arzt oder der Ärztin ausgehändigt, der zusätzliche Weg zur Apotheke wäre somit hinfällig, so das Prinzip. Der Betrieb von öffentlichen Apotheken soll dadurch laut Ärztekammer nicht eingeschränkt werden.

Dies wäre nicht nur eine Verbesserung für die medikamentöse Versorgung, laut einer Studie würde durch die damit einhergehenden finanziellen Anreize für Ärztinnen und Ärzte auch die Zahl der niedergelassenen Praxen um 400 steigen, hieß es am Mittwoch in einer Pressekonferenz. Vom Gesundheitsministerium hatte es bereits im Vorfeld eine Art Absage gegeben.

Eine Apothekerin bei der Arzneimittelversorgung in einer Klinikapotheke.
Geht es nach der Ärztekammer, sollen Medikamente in Zukunft auch in der Arztpraxis selbst verfügbar sein.
APA/Barbara Gindl

Erstellt wurde die Studie durch das Beraternetzwerk Kreutzer Fischer & Partner auf eigene Kosten, wie Autor Andreas Kreutzer gleich zu Beginn betonte, die Ärztekammer habe sich aber finanziell beteiligt. Das Ergebnis: Im Schnitt wurden im vergangenen Jahr 10.000 Einwohnerinnen und Einwohner von 2,6 Apotheken versorgt. Damit sei das Verhältnis geringer als in Deutschland. Diese "Lücke" könnte durch Hausapotheken gefüllt werden. Insgesamt fehlten in Österreich 570 Apotheken.

Kritikpunkte seien aber auch die Wartezeiten und die beschränkten Öffnungszeiten der Apotheken. Auch Bereitschaftsdienste seien aufgrund der längeren Wege keine Lösung. Finanziell wäre eine Änderung den Apotheken zumutbar, betont Kreutzer. Für die Ärztekammer bedeutet dies ein weiteres Mal, die Hausapotheken für neue Praxen zu fordern, denn der Betrieb beschere dem niedergelassenen Arzt oder der Ärztin ein Zusatzeinkommen von etwa 30.000 Euro vor Steuern.

"Es geht uns wirklich primär um die Versorgung der Patienten, es geht nicht ums Geld", meinte ÖÄK-Vizepräsident Edgar Wutscher zur Intention. "Wir wollen das System im Sinne der Bevölkerung verbessern." Silvester Hutgrabner, Leiter des Referats für Hausapotheken und Medikamentenangelegenheiten in der Kammer, betonte, dass man "überhaupt keine Apotheken wegbringen" wolle. "Es können ja auch Hausapotheken neben öffentlichen Apotheken bestehen."

Absage von Gesundheitsministerium und Apothekenkammer

Gesundheitsminister Johannes Rauch (Grüne) hatte sich bereits im Vorfeld eher dagegen ausgesprochen. "Das zaubert mir ein Lächeln ins Gesicht", sagte er bereits am Dienstag. Zwar seien alle Vorschläge "herzlich willkommen", diese sollten aber nicht in erster Linie davon getrieben sein, das eigene Einkommen zu erhöhen. Laut einer Untersuchung zu den Ärzteeinkommen würde diese Maßnahme den Medizinern ein Umsatzvolumen von 70.000 Euro pro Jahr bescheren. "Das dürfte dann wohl der Treiber sein."

Auch die Apothekerkammer, mit der die Ärztekammer nicht zuletzt wegen dieser Debatte seit Jahren im Clinch liegt, findet die Forderung nach mehr Hausapotheken "unglaubwürdig". Die Studie basiere auf falschen Daten, fehlerhaften Berechnungen und bringe zentrale Begrifflichkeiten des Arzneimittelrechts durcheinander, hieß es in einer Aussendung. Autor Kreutzer verteidigte diese. Die Berechnungen basierten auf Zahlenmaterial der Statistik Austria. (ste, APA, 19.7.2023)