Das größte Vorarlberger Einkaufszentrum, der Dornbirner Messepark, soll wachsen. Zumindest ist das der Wunsch der Stadt Dornbirn. Sie ersucht das Land um eine Änderung des Landesraumplans für das Areal. Das Auflageverfahren hat vor wenigen Tagen begonnen, bis 18. August können nun Stellungnahmen eingebracht werden.

Geänderte Expertenmeinung

Grundlage für alle jene, die dem Ansinnen positiv gegenüberstehen, ist einerseits die bereits erfolgte strategische Umweltprüfung. Die habe ergeben, "dass bei der Erlassung des Landesraumplanes mit keinen erheblichen Umweltauswirkungen zu rechnen ist", wie die Landespressestelle informiert. Andererseits sorgt aber auch eine positive Beurteilung der Firma Cima Beratung und Management GmbH, die neben Orts-, Stadt- und Regionalentwicklung bzw. Marketing auch in der Handelsforschung tätig ist, für Aufwind. Cima hat auch die bisherigen Ausbauwünsche des Messeparks beurteilt – denn Dornbirn will das Areal für den Messepark nicht zum ersten Mal vergrößern.

Allerdings: Während die Cima-Expertinnen und -Experten nun eine Vergrößerung begrüßen, sah das zuvor noch anders aus. 2014 hieß es beispielsweise, dass es aus Gutachtersicht unterstützt werde, "keine weiteren Flächenexpansionen im Messepark anzustreben". 2016 wird betont, dass es aufgrund des Onlinewachstums ganz allgemein in Vorarlberg keine Ausweitung von stationärer Handelsfläche benötige. Falls doch erweitert werde, dann in Ortszentren. Im gleichen Jahr wurde eine Erweiterung der Verkaufsfläche im Messepark auf 19.000 Quadratmeter – was einem Plus von 1.500 Quadratmetern gleichkäme – als gerade noch strukturverträglich beschrieben.

Wie viel der Messepark wachsen soll

Im nun geplanten Ausbau geht es um größere Dimensionen. Derzeit werden 16.900 Quadratmeter Verkaufsflächen genutzt, der Wunsch: Künftig sollen 5.300 dazukommen. Von den 22.200 Quadratmetern sollen dann maximal 5.000 für den Lebensmittelhandel verfügbar sein, bis jetzt liegt diese Grenze bei 2.000 Quadratmetern. Die Handelsflächenzunahme würde demnach bei 31,4 Prozent liegen.

2023 gibt es von Cima dafür eine "klare Erweiterungsempfehlung des Messeparks", allerdings "nur unter definierten Rahmenbedingungen". Grundsätzlich notwendig erscheine eine qualitative, baulich-infrastrukturelle Aufwertung des Messeparks. Der Großteil der Erweiterungsflächen soll laut Cima "mit qualitativ hochwertigen Handelsanbietern belegt" werden, "welche entweder neu in den Vorarlberger Markt eintreten wollen oder einen standortexklusiven 'flagship store' errichten wollen". Dafür angeführt wird ausgerechnet der Moderiese Zara. Das günstige Bekleidungsgeschäft des spanischen Inditex-Konzerns gibt es bislang nur im schweizerischen St. Gallen. Die deutlich geänderte Einschätzung begründet Cima mit einer viel besseren Datenlage und ausführlichen Gesprächen mit Vertretern des Messeparks, der Stadt Dornbirn und auch des Landes.

Handelsflächen großteils am Ortsrand

Betrachtet man die Handelsflächen pro Kopf, liegt Vorarlberg jetzt schon im Spitzenfeld, kaum eine andere Region in der Europäischen Union hat ähnlich hohe Werte. Allerdings: Nur 30 Prozent aller Handelsflächen im Ländle sind in den Ortszentren zu finden, der Großteil – wie der Messepark – ist am Ortsrand angesiedelt.

Für Nina Tomaselli von den Grünen entsprechen "immer noch größere Einkaufzentren an den Ortsrändern dem alten Denken". Die Vorarlberger Nationalratsabgeordnete, die zuvor in Vorarlberg Raumplanungssprecherin war, ist gegen den Ausbau, denn: "Wenn sich der Messepark vergrößert, geht das hauptsächlich auf die Kosten anderer Handelsstandorte wie der Dornbirner, Bregenzer und Feldkircher Innenstadt. Das rechnet die eigens in Auftrag gegebene Studie sogar selber vor."

Wo Kaufkraft abfließen würde

Am größten ist das Minus demnach mit prognostizierten sechs bis sieben Prozent in der Dornbirner Innenstadt, in Bregenz würden demnach 5,5 Prozent Umsatz fehlen, in Feldkirch zwischen 4,2 und sechs Prozent und in Götzis, Rankweil und Hohenems unter fünf Prozent. Die Expertinnen kommen auch zu dem Schluss, dass 60 Prozent des "neuen" Umsatzes für den Messepark kein neuer Umsatz für Vorarlberg wäre, sondern sich aus dem Minus aus den anderen Regionen speist. Tomaselli: "Es ist die Aufgabe der Politik, die Ortszentren vorarlbergweit zu beschützen und nicht einem einzelnen Einkaufszentrumbetreiber Profit durch Verdrängung zu ermöglichen."

Die umliegenden Gemeinden und Städte dürften dementsprechend keine Freude mit den Plänen haben, öffentlich haben sie sich dazu noch nicht geäußert. Im letzten Stellungnahme-Verfahren 2018 – damals ging es um die Ausweitung von 1.500 Quadratmetern – äußerten sich beispielsweise der Kanton St. Gallen, die Marktgemeinde Wolfurt und auch die Region Vorderland-Feldkirch ablehnend. In der Initiative "Blühende Ortszentren" versammelten sich ab 2015 fast alle Vorarlberger Gemeinden. Die gemeinsame Forderung: keine Verkaufsflächenerweiterung beim Messepark.

Expertinnen orten "emotionale Debatte"

Kritik antizipieren auch die Experten bei Cima. Sie sehen deswegen das Land in der Pflicht: "Neben der klaren Kommunikation, dass die angestrebten neuen Anbieter des Messepark-3.0-Konzepts einerseits dem Gesamthandelsstandort Vorarlberg durchaus Vorteile bringen und kaum in frequenzschwächeren Standorten angesiedelt werden können, sollte ein zukünftiger Schwerpunkt von Seiten des Landes auf strukturelle Hilfestellungen zur Orts- und Stadtkernbelebung gelegt werden."

Man ortet außerdem eine "teilweise emotionale (landesweite) Debatte hinsichtlich der Erweiterungspläne", die in den nächsten Monaten weiter zulegen werde. "Gutachten werden, nach langjährigen Erfahrungswerten der Cima, nur zum Teil zur Versachlichung des Themas führen."

Starke Verkehrszunahme, geringe Auswirkungen

Für Debatten wird auch das Thema Verkehr sorgen. Der Messepark liegt an der Autobahnabfahrt Dornbirn-West der A14 und am Auslauf der Schnellstraße aus Lustenau, über die auch die meisten Konsumenten aus der Schweiz sowie der internationale Schwerverkehr, der auf die Autobahn will, kommen. Laut Umweltbericht sei das Gebiet "bereits im Bestand während der Spitzenzeiten überlastet". 75 Prozent der Besucherinnen des Einkaufszentrums kommen laut Cima mit dem Auto. Für die Erweiterung müsste deswegen auch die Zahl der Parkplätze von 1.326 auf 1.645 steigen. Geschehen soll das laut dem Plan auch durch neue Tiefgaragen.

Die Verkehrszunahme wird in einem dementsprechenden Guthaben mit einem Plus von 23 Prozent geschätzt. Dennoch hätte das "bei sonst gleichbleibenden Umgebungsbedingungen" keine erheblichen Umweltauswirkungen, etwa nur eine "marginale Veränderung des vorherrschenden Umgebungsgeräusches", zur Folge.

Grüne sehen "Verkehrsstaubsauger"

Die Grünen sind über die Zunahme an Verkehr naturgemäß nicht glücklich: "Der Messepark ist schon jetzt ein echter Verkehrsstaubsauger. Ein größerer Messepark heißt deutlich mehr Verkehr. Noch mehr Shoppingverkehr ist an den völlig überlasteten Straßen einfach nicht mehr zumutbar", sagt Nina Tomaselli.

Der 36 Jahre alte Messepark ist im Besitz der Familie Drexel (Spar), die sich schon seit Jahren eine massive Vergrößerung wünscht und auf die zunehmende Konkurrenz im Ausland hinweist. 2018 untermauerte Eigentümervertreter Guntram Drexel seinen Wunsch mit einer Befragung – demnach seien 68 Prozent für die Erweiterung, bei den ganz Jungen (16 bis 19 Jahre) 98 Prozent, 20- bis 30-Jährige stimmten mit 80 Prozent zu. Befragen ließen die Eigentümer damals 385 Menschen im Rheintal (264.361 Einwohnerinnen und Einwohner) telefonisch.

Vergleichsweise klein, aber oho

Das Einkaufszentrum weist laut Cima "im mikrospezifischen Standortvergleich eine unterdurchschnittliche Größe auf". Ein wesentlicher Grund dafür sei die "polyzentrische Siedlungsstruktur des Rheintals mit einer Reihe leistungsstarker, nah beisammen liegender Handelsstandorte und den daraus indirekt abgeleiteten raumplanerischen Zielsetzungen des Landes". Gleichzeitig habe sich das Einkaufszentrum eine enorm starke Wettbewerbsposition sowohl innerhalb der Dornbirner (45 Prozent Marktanteil an den stadtspezifischen Handelsumsätzen) als auch der Vorarlberger Handelslandschaft (neun Prozent Marktanteil) erarbeitet. (Lara Hagen, 21.7.2023)