Die Antibabypille ist in Deutschland für junge Frauen bereits kostenlos.
Die Antibabypille ist in Deutschland für junge Frauen bereits kostenlos.
APA/dpa/Annette Riedl

Der Schutz vor einer ungewollten Schwangerschaft ist meistens Frauensache. Im Zuge des letzten, im Jahr 2019 durchgeführten, österreichischen Verhütungsreports gaben sie im Vergleich zu Männern fast doppelt so häufig an, allein für die Verhütung zuständig zu sein. Der Wunsch nach Kostenübernahme – vor allem bei Langzeitmethoden wie etwa der Hormon- oder Kupferspirale – ist daher auch bei Frauen besonders groß (59 Prozent). Noch stärker ausgeprägt ist das Ansinnen bei besonders jungen Frauen. 73 Prozent der unter 20-Jährigen gaben an, sie würden bei einer Kostenübernahme eine Langzeitmethode wählen.

Derzeit setzen nur wenige auf die Spirale. Vergangenes Jahr gaben bei einer Studie des deutschen Robert-Koch-Instituts lediglich 3,8 Prozent der Frauen an, diese zuletzt als Verhütungsmittel genutzt zu haben. Ein Kondom verwenden demnach 44,1 Prozent der Frauen und 64,2 Prozent der Männer. Weitaus beliebter ist die Antibabypille: Zwei Drittel der Frauen und mehr als die Hälfte der Männer verlassen sich bei der Verhütung auf sie. Zur Beliebtheit unter Jungen in Deutschland könnte auch beitragen, dass dort die Kasse die Kosten für die Pille übernimmt – für alle Frauen bis zum Alter von 22 Jahren. In Österreich kostet die Pille – je nach Präparat und Hersteller – zwischen vier und 15 Euro pro Monat.

Grüne wollen Steuersenkung

Vergangene Woche kochte die Debatte über kostenlose oder zumindest günstigere Verhütungsmittel auch in Österreich wieder auf. Die grüne Frauensprecherin Meri Disoski stellte eine parlamentarische Anfrage an Finanzminister Magnus Brunner und forderte vom Koalitionspartner ÖVP: Verhütungsmittel, etwa die Spirale oder der Hormonring, sollen steuerlich begünstigt werden und wie Medikamente nach dem Arzneimittelgesetz unter den niedrigeren Mehrwertsteuersatz von zehn Prozent fallen. Unterstützung erhielten die Grünen von der SPÖ und den Neos. Beide sprechen sich für einen Gratiszugang zu Verhütungsmitteln aus – wobei die Neos nur bis zum 18. Lebensjahr für eine Kostenübernahme sind. Die FPÖ winkte ab. Aus der ÖVP hieß es zum Vorschlag vergangene Woche, dass die Forderungen der Grünen in Verhandlungen bisher kein Thema gewesen seien. Man müsse sich die Details ansehen.

Obwohl die Grünen nun mit dem Kompromiss der Steuerreduktion auf Verhütungsmittel Aufmerksamkeit erregten, die generelle Forderung nach kostenlosen Verhütungsmitteln bleibe weiter aufrecht, sagt Disoski: "Verhütung darf keine Frage des Geldes sein." Doch sichere Langzeitverhütung koste viel – die Spirale etwa bis zu 500 Euro. Gerade für Jugendliche und Frauen sei das "eine finanzielle Belastung" und eine Steuerbefreiung würde schnell Entlastung bringen, findet Disoski.

Mit dem Verlangen nach Gratisverhütungsmittel beschäftigt sich derzeit auch das von den Grünen geführte Gesundheitsministerium. Im April kündigte Minister Johannes Rauch eine Studie an, die das Thema prüfen soll. Die "Machbarkeitsstudie zu kostenfreien Verhütungsmitteln bei Mädchen und jungen Frauen" wird seit Mai 2023 von der Gesundheit Österreich GmbH durchgeführt. Ergebnisse sollten eigentlich im Herbst vorliegen. Allerdings dürfte sich die Erhebung etwas verzögern. Neues Datum: Ende des Jahres sollen die ersten Ergebnisse der Studie vorliegen, ließ das Büro von Rauch auf STANDARD-Anfrage wissen. Und: "Das Gesundheitsministerium unterstützt Arbeiten in Richtung kostenlose Empfängnisverhütung." Die Untersuchung soll unter anderem bereits existierende Modelle zur kostenfreien Verhütung beurteilen und EU-weit vergleichen.

Gratisverhütung in Europa

Beispiele für Gratisverhütungsmittel gibt es in Europa übrigens auch abseits von Deutschland genug: So kündigte zuletzt Italien an, dass Frauen in jeder Altersgruppe die Antibabypille kostenlos erhalten werden. Diesen Beschluss fasste die italienische Arzneibehörde AIFA. In Frankreich ist die Pille seit Anfang 2022 für Frauen unter 25 Jahren kostenlos – für Minderjährige war das schon länger der Fall. Seit 1. Jänner 2023 erhalten junge Menschen bis 26 in Frankreich zudem Gratiskondome in der Apotheke.

Neben einem internationalen Vergleich sollen auch die "wichtigsten Informationen zu den Themen erhoben werden, von denen Mädchen und Frauen im Kontext mit Verhütung betroffen sind", heißt es aus dem Gesundheitsministerium. Außerdem sollen ihre Wünsche hinsichtlich Verhütung abgefragt werden. "Der Fokus wird auf Fragen zur kostenlosen Verhütung sowie dem generellen Zugang zu Verhütungsmitteln liegen."

Kosten werden geprüft

Und natürlich geht es auch um Geld – wie stark sich eine Übernahme der Kosten im Budget niederschlagen würde, kann das Ministerium noch nicht beantworten. Das hängt schließlich vom Modell ab. Mögliche Kosten erhebe man ebenfalls im Zuge der Untersuchung. In Italien werden die Gesamtkosten für die Staatskassen auf rund 140 Millionen Euro pro Jahr geschätzt. Die italienische Behörde AIFA bewertete innerhalb von drei Kategorien von Verhütungsmitteln die günstigsten Produkte, die kostenlos zur Verfügung gestellt werden sollen.

Die Ergebnisse der österreichischen Studie sollen jedenfalls als Basis für weiterführende Gespräche mit dem Koalitionspartner dienen. Auch ob es in einem Bundesland ein Pilotprojekt für kostenlose Verhütungsmittel geben könnte, stünde erst zur Debatte, wenn die Studie abgeschlossen ist. (ook, 25.7.2023)