Giulio Ciccone bei der Tor de France
Der Italiener Giulio Ciccone fährt im Bergtrikot, führt aber nur sechs Zähler vor Felix Gall.
IMAGO/PETE GODING

Noch nie konnte ein Österreicher das Bergtrikot der Tour de France gewinnen – zumindest dauerhaft. Der Niederösterreicher Bernhard Kohl hatte es 2008 schon etwas mehr als drei Monate nach seiner Ehrung auf den Champs-Élysées wegen eines positiven Dopingtests praktisch verloren, die Aberkennung folgte wenig später. 15 Jahre nach Kohls kurzem Triumph könnte Felix Gall Bergkönig der 110. Tour de France werden.

Nach Rang drei auf der fünften Etappe, in den Pyrenäen auf dem Weg nach Laruns, hatte der Osttiroler das schicke "Maillot à pois rouges", das an die Verpackung einer Schokolade erinnert, schon erobert, dann aber am Tag darauf an Neilson Powless verloren. Nach seinem Triumph auf der Königsetappe über den Col de la Loze liegt der neue Kapitän von AG2R nur sechs Punkte hinter Giulio Ciccone von Lidl-Trek.

Gefährliche Attacke

Das nächste Ziel von Gall, der in der Gesamtwertung als Achter relativ gesichert unter den besten Zehn liegt, scheint also klar. "Er könnte auf das Bergtrikot gehen, das wird aber ein harter Kampf", sagte Bernhard Eisel dem STANDARD. "Aus Sicht des Teams würde ich ihm sagen: Riskiere niemals den Top-Ten-Platz im Klassement für das Bergtrikot. Falls er die Beine dafür hat, wird er auf beides losgehen."

Praktisch nur noch Ciccone, Gall und der überragende Gesamtführende Jonas Vingegaard von Jumbo-Visma kommen für den Gewinn des Bergtrikots infrage. Das Trio liegt innerhalb von sieben Punkten. Der viertplatzierte US-Amerikaner Powless von EF Education liegt 30 Punkte hinter Ciccone und also 24 Zähler hinter Gall.

41 Punkte noch möglich

Theoretisch ist aber Powless wie auch der von Vingegaard distanzierte Slowene Tadej Pogacar von UAE Team Emirates (aktuell 49 Punkte) noch im Rennen um den Titel Bergkönig, der dem Gewinner 25.000 Euro beschert. Schließlich gibt es bis Paris noch etliche Punkte zu holen. Am Freitag und Samstag könnte ein Profi, der alle Bergwertungen gewinnt, sein Konto immerhin um 40 Zähler aufstocken. Während der Tour d'Honneur am Sonntag gibt es nur noch ein Pünktchen für eine Bergwertung vierter Kategorie zu gewinnen.

Felix Gall bei der Tour de France
Das Prestige des Gepunkteten hatte Felix Gall schon im Fanspalier auf dem Weg zum Cole de la Loze vor Augen.
IMAGO/Tom Pham Van Suu

Die einschlägige Entscheidung fällt gewiss am Samstag auf den 133,5 Kilometern zwischen Belfort und Le Markstein Fellering in den Vogesen. Beginnend mit dem 1.171 Meter hohen Ballon d'Alsace, dem ersten Pass, den die Tour in ihrer Geschichte zu bezwingen hatte (1905), warten insgesamt sechs Bergwertungen – drei zweiter, eine dritter und zwei erster Kategorie. Gewinnt ein Fahrer alle, streift er 37 Punkte ein. Insgesamt sind auf dem auch sonst extrem hügeligen Teilstück mehr als 3.600 Höhenmeter zu überwinden. (Sigi Lützow, 21.7.2023)