Hände einer Frau, die am Strand Sonnencreme aus einer Tube drückt
Das erste Mal sollte man sich schon eine halbe Stunde vor dem Sonnenbad einschmieren, rät der Experte – und nicht erst am Strand oder im Schwimmbad. Dort wird dann idealerweise regelmäßig nachgecremt.
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Ja, wir alle wissen es mittlerweile: UV-Strahlen schaden der Haut, guter Sonnenschutz ist vor allem in den Sommermonaten ein Muss. Und trotzdem wurden die meisten wohl schon von einem Sonnenbrand überrascht. Dabei hab ich mich doch eh eingeschmiert, heißt es dann. Oder man sei ja eh schon so braun gewesen, man müsse sich ja nicht mehr einschmieren.

Aber Bräune schützt nur bedingt vor Sonnenbrand. Wenn UV-Strahlen auf unsere Haut treffen, wird dort der Farbstoff Melanin neu gebildet, und bereits vorhandener dunkelt nach. Dieser Hautfarbstoff legt sich dann, vereinfacht gesagt, in den Hautzellen schützend über den Zellkern, damit es zu keinen Schäden am Erbgut kommt. "Doch auch die Bräune selbst ist bereits ein Zeichen von Schädigung", betont Rainer Kunstfeld von der Universitätsklinik für Dermatologie der Med-Uni Wien. "Bräune ist nie gesund und kein ausreichender Sonnenschutz!" Aber diese und andere Mythen halten sich hartnäckig. Welche Fehler man vermeiden sollte:

Fehler Nr. 1: Sonnenschutz auf Einschmieren beschränken

Das Wichtigste zuerst: "Der vorrangige Sonnenschutz ist nicht die Creme, sondern der Schatten, also das Vermeiden von Sonnenlicht", sagt Kunstfeld. Er rät deshalb in erster Linie zu physikalischen Schutzmaßnahmen wie Sonnenschirme, Kopfbedeckungen oder T-Shirts.

Fehler Nr. 2: Abgelaufenen Sonnenschutz verwenden

Zu Sommerbeginn wird gerne einmal die Creme aus dem Vorjahr aus dem hintersten Badezimmerkastl rausgekramt, aber kann man die wirklich noch verwenden? Lieber nicht, findet der Experte. Zum einen könnten sich in der Tube Bakterien gebildet haben, zum anderen verfällt mit der Zeit die Schutzwirkung. "Vor allem, wenn die Creme schon geöffnet war, schützt sie die Haut nicht mehr so gut wie ein frisches Produkt", warnt Kunstfeld. Etwa ein halbes Jahr ab dem Öffnen könne man Sonnenschutz bedenkenlos verwenden, danach gilt: lieber Vorsicht als Nachsicht! Eine gute Orientierung biete die auf jeder Tube Sonnencreme angegebene Mindesthaltbarkeit und die Haltbarkeit der geöffneten Tube auf der Verpackung (Symbol eines offenen Tiegels).

Fehler Nr. 3: Zu wenig Creme auftragen

Die Empfehlung, auf die sich Fachleute international geeinigt haben, ist zwar präzise, aber auch etwas ungreifbar: Zwei Milligramm Creme pro Quadratzentimeter Haut sollen es sein – aber die wenigsten können sich darunter etwas vorstellen. Kunstfeld rät deshalb zur alltagstauglicheren Zwei-Finger-Regel: Drückt man aus der Tube zwei Streifen Sonnencreme, die jeweils so lang sind wie ein Finger, dann reicht das für das Gesicht und den Halsbereich (Kopfhaut nicht vergessen!). Auf den gesamten Körper umgelegt bedeutet das bei einem durchschnittlichen Erwachsenen sechs Teelöffel Sonnencreme. "Das sind etwa 36 Gramm. Mit einer 100-Gramm-Tube kann man sich also nicht einmal dreimal den ganzen Körper komplett eincremen", rechnet Kunstfeld vor. Die meisten Menschen würden nämlich deutlich zu wenig Creme verwenden, meint er. Dadurch wird natürlich auch nicht der angestrebte Sonnenschutz erreicht.

Um möglichste alle Körperstellen zu erreichen, greifen manche gerne zu Sonnensprays. Die sind zwar in der Abwendung durchaus praktisch, die Dosierung ist hier aber schwieriger, und so wird beim Auftragen des Sonnenschutzes mit dem Spray häufig zu wenig verwendet, weiß Kunstfeld. Ein weiteres Problem bei Sprays sieht er in der schlechteren Umweltverträglichkeit.

Fehler Nr. 4: Zu spät einschmieren

Im Freibad oder am Strand ist es eigentlich schon zu spät – vor allem für helle Hauttypen, die nur eine geringe Eigenschutzzeit haben. "In der Regel sollte man sich immer eine halbe Stunde, bevor man in die Sonne geht, einschmieren", sagt Kunstfeld. Denn die Wirkstoffe brauchen Zeit, um ihre Schutzwirkung auf der Haut optimal zu entfalten. Das ist beim Baden besonders wichtig. "Gerade im Wasser ist die Sonnenbrandgefahr erhöht, weil die Creme möglicherweise noch nicht eingezogen ist und man die Kraft der Sonne im kühlenden Wasser gerne unterschätzt", warnt der Dermatologe.

Fehler Nr. 5: Nicht nachcremen

Die Wirksamkeit der Sonnencreme ist nicht nur davon abhängig, wie viel man anwendet, sondern auch davon, wie oft man sie aufträgt. Denn an einem heißen Badetag ist es mit einmal gründlich einschmieren nicht getan, sagt Kunstfeld, vor allem nicht am Meer. Im Salzwasser reibt sich Sonnencreme schneller ab als im Süßwasser, dementsprechend häufig sollte man nachcremen. Wie oft, das hängt ganz davon ab, was man im Freien macht. "Wer schwimmen geht, verliert natürlich mehr Sonnenschutz als jemand, der nicht ins Wasser geht. Bei sportlicher Betätigung wie Wasserball geht durch den Abrieb wesentlich mehr verloren, als wenn man im Pool steht und plantscht. Danach geht es um die Frage, wie man sich abtrocknet. Tupft man sich ab oder reibt man?", sagt Kunstfeld. Kurzum: Es ist individuell, wie lange eine Sonnencreme im Alltag tatsächlich schützt. Man sollte sich deshalb nicht immer auf den an der Packung angegeben Lichtschutzfaktor verlassen, findet der Experte.

Theoretisch multipliziert der Schutzfaktor die Eigenschutzzeit. Die liegt bei hellen Hauttypen bei fünf bis zehn Minuten, bei mediterranen Hauttypen bei über 20 Minuten. Eine Creme mit LSF zehn verzehnfacht diese Zeit. Für jemanden mit Hauttyp eins (sehr hell, Eigenschutz zehn Minuten) bedeutet das etwa 100 Minuten, für dunklere Hauttypen 200 Minuten und so weiter. Aber weil die meisten beim Einschmieren nie hundertprozentig genau sind, manche Stellen vergessen oder Sonnenschutz durch Wasser oder Schweiß wieder abgetragen wird, sollte man diese Zeit nie zur Gänze ausreizen und lieber schon etwas früher nachcremen. Nur so bleibt der Schutz aufrecht, denn – und auch das ist ein hartnäckiger Mythos, wie Kunstfeld beobachtet – "viele glauben, dass man mit mehrmaligem Eincremen den Schutzfaktor erhöhen kann. Dabei geht das gar nicht, man kann mit dem Nachschmieren den Schutz nur erhalten." (Magdalena Pötsch, 23.7.2023)