Thermometer zeigt 35 Grad während einer Hitzewelle in Turin, Italien
Südeuropa ist im Juli besonders stark von Hitzewellen betroffen, hier hohe Temperaturen in Turin.
EPA/TINO ROMANO

Mit Höchsttemperaturen sondergleichen begann der Juli in diesem Jahr. Schnell hieß es, der heißeste je gemessene Tag sei erreicht, in den Folgetagen wurde dieser Extremwert wieder übertrumpft. Nach Einschätzung des Chef-Klimatologen der US-Raumfahrtbehörde Nasa wird der Juli 2023 der weltweit heißeste Monat seit "hunderten, wenn nicht tausenden Jahren" werden. "Wir sehen beispiellose Veränderungen überall auf der Welt, die Hitzewellen, die wir in den USA, in Europa und in China sehen, sprengen Rekorde", sagte Gavin Schmidt am Donnerstag vor Journalistinnen und Journalisten.

Video: Hitze von Madrid bis Bukarest – in ganz Südeuropa suchen die Menschen Abkühlung.
AFP

Messungen der Europäischen Union und der Universität Maine ergaben neue Höchstwerte, die auf Grundlage von Boden- und Satellitendaten Modelle für vorläufige Schätzungen erstellen. Auch wenn sie leicht voneinander abwichen, sei der Trend zu extremer Hitze unmissverständlich und werde wahrscheinlich noch durch die robusteren Monatsberichte von US-Behörden bestätigt, fügte Schmidt hinzu.

Nicht nur El Niño

Für die Effekte könne zudem nicht nur das Wetterphänomen El Niño verantwortlich gemacht werden, das "gerade erst angefangen" habe. Auch wenn El Niño eine kleine Rolle spiele, sei es "die globale Wärme, so ziemlich überall, vor allem in den Ozeanen". Es habe Temperaturen in Rekordhöhe an der Meeresoberfläche gegeben, sogar außerhalb der Tropen und schon seit vielen Monaten, stellte Schmidt fest.

Der Klimawissenschafter geht zudem davon aus, dass sich die Entwicklung fortsetzt, "weil wir weiterhin Treibhausgase in die Atmosphäre ausstoßen". Kohlendioxid (CO2) und Methan (CH4) sind als Treibhausgase die stärksten Antreiber des menschengemachten Klimawandels. Die Hauptquellen für Kohlendioxid sind Industrie, Energieerzeugung, Verkehr und Gebäude, in denen fossile Brenn- oder Treibstoffe eingesetzt werden. Kohlendioxid hatte etwa 2021 den größten Anteil (circa 85 Prozent) an den gesamten Treibhausgasemissionen in Österreich. Methan entsteht in erster Linie bei mikrobiologischen Gärungsprozessen auf Deponien oder in den Mägen von Wiederkäuern (Rinderhaltung), aber auch durch Erdgasbohrungen und Lecks in Pipelines.

Noch heißer

Die aktuellen Wetterphänomene erhöhen die Wahrscheinlichkeit, dass 2023 das heißeste jemals registrierte Jahr wird. Nach den Kalkulationen von Schmidt stehen die Chancen 50 zu 50. Andere Fachleute sähen die Wahrscheinlichkeit bei 80 Prozent, sagte er. "Wir erwarten, dass 2024 ein noch wärmeres Jahr wird, weil wir es mit dem Phänomen El Niño beginnen werden, das sich gerade erst aufbaut und das Ende dieses Jahres seinen Höhepunkt erreichen wird."

International ist es aktuell besonders heiß, wortwörtliche Hotspots befinden sich etwa auf den Mittelmeerinseln Sizilien und Sardinien, im kalifornischen Death Valley und im Nordwesten Chinas. Ein extremer Trend bei den Meerestemperaturen sorgt unter Fachleuten ebenfalls für Beunruhigung. Der anthropogene, also vom Menschen maßgeblich herbeigeführte Klimawandel sorgt dafür, dass extreme Hitzewellen häufiger als zuvor vorkommen. Ein großes Problem für Menschen und ihre Umwelt ist insbesondere das Tempo, in dem die Erderhitzung fortschreitet: Sie macht notwendige gesellschaftliche und politische, aber auch evolutionsbiologische Anpassungen, die oft Zeit brauchen, schwierig bis unmöglich. Durch die hohe Bevölkerungszahl und die Verteilung rund um den Globus sind besonders viele Menschen von verheerenden Extremereignissen betroffen, die die Klimakrise mit sich bringt. (APA, red, 21.7.2023)