Dominik Straub aus Rom

Zumindest was die Zahl und das Gewicht der Teilnehmer anbelangt, war die Konferenz für Giorgia Meloni ein Erfolg, bevor der Gipfel am Sonntag überhaupt begonnen hatte: An den Gesprächen im Außenministerium in Rom waren bis auf Frankreich alle Mittelmeer-Anrainerstaaten vertreten, denen bei der Steuerung der Migration von Süd nach Nord eine Rolle zukommt. Auf der einen Seite des Verhandlungstisches saßen Italien, Spanien, Griechenland, Malta und Zypern als die Länder, wo die Migranten und Flüchtlinge mit ihren Booten ankommen. Auf der anderen Seite hatten die Vertreter Tunesiens, Algeriens, Ägyptens, Libyens und der Türkei Platz genommen, die sowohl Herkunfts- als auch als Transitländer sind. Ebenfalls teilgenommen haben EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen sowie UN-Generalsekretär António Guterres.

Migration Mittelmeer meloni
Gruppenfoto der Konferenz in Rom. Man hofft auf weitere Migrationsabkommen.
EPA/ANGELO CARCONI

"Mein Ziel ist, die illegale Einwanderung ein für alle Mal zu unterbinden", hatte Italiens Ministerpräsidentin vor der Konferenz einmal mehr betont. Die Migrationsbekämpfung soll nun nicht mehr – wie sie früher in Aussicht gestellt hatte – durch eine militärische Seeblockade erfolgen, sondern durch Kooperation und wirtschaftliche Entwicklung in den Herkunfts- und Transitländern. Dabei könnten nach ihren Vorstellungen auch die Golfstaaten ihren Beitrag leisten: Die finanzkräftigen Ölscheichs von Saudi-Arabien, den Vereinigten Arabischen Emiraten, Bahrain, Katar und Kuwait haben in den islamischen Ländern Nordafrikas ebenfalls wirtschaftliche und politische Interessen und saßen deshalb mit am Tisch, ebenso wie Vertreter des Internationalen Währungsfonds.

Meloni unter Druck

Die Rechtspolitikerin Meloni steht bei der Bekämpfung der irregulären Migration unter starkem Druck ihrer Wählerinnen und Wähler. Die Konferenz von Rom ziele darauf ab, die Migration zu steuern, den Menschenhandel zu bekämpfen und die wirtschaftliche Entwicklung nach einem neuen Modell der Zusammenarbeit zwischen den Staaten zu fördern, so Meloni. Möglichkeiten zur wirtschaftlichen Zusammenarbeit sieht sie vor allem in den Bereichen Energie, Landwirtschaft, Wasser und Infrastrukturen.

Auf ein solches Modell wollen sich die Staaten auch geeinigt haben. "Nationen, die bisher nie zusammengearbeitet hatten, begreifen nun, dass wir kooperieren müssen", sagte Meloni am Ende der eintägigen Konferenz schließlich. Geplant sei die Einrichtung eines Fonds zur Förderung von Entwicklungsprojekten. "Ab morgen werden wir an konkreten Folgemaßnahmen arbeiten", versicherte die italienische Premierministerin am Sonntag und stellte einen mehrjährigen Kooperationsplan in Aussicht.

Das Vorbild der Konferenz war unverkennbar der Migrationspakt, den die EU unter der Führung von Italien vor einer Woche mit Tunesien geschlossen hatte. Etwas vereinfacht gesagt sieht das Abkommen vor, dass sich Tunis als Gegenleistung für Millionenkredite verpflichtet, seine Außengrenzen besser zu schützen, die Migranten – sowohl tunesische als auch ausländische – an seinen Küsten am Ablegen in Richtung Europa zu hindern und diejenigen wieder zurückzunehmen, die es trotzdem nach Europa geschafft haben. Dieses Modell wollten Meloni und von der Leyen in Rom nun auch Ägypten, Libyen, Algerien und Marokko schmackhaft machen – als eine Art "Mittelmeer-Pakt".

Schon der Deal mit Tunesien ist freilich von Menschenrechtsorganisationen scharf kritisiert worden . Aber auch Ägypten, Libyen, Algerien und Marokko sind alles andere als lupenreine Demokratien. Das scheint nebensächlich: EU-Kommissionspräsidenten von der Leyen sagte am Sonntag: "Wir wollen, dass unser Abkommen mit Tunesien zum Vorbild wird, ein Projekt für die Zukunft, für Partnerschaften mit anderen Ländern in der Region." Man verfolge einen "pragmatischen Ansatz", sagte sie. (Dominik Straub aus Rom, red, 23.7.2023)