Waldbrand Seyring Niederösterreich Wien
Waldbrand im niederösterreichischen Seyring, einem Teil von Gerasdorf bei Wien (Bezirk Korneuburg).
APA/TOBIAS STEINMAURER

Bekannt sind die Bilder von Großbränden aus den USA, aus der Mittelmeerregion, aktuell aus Griechenland oder auch aus Kanada. In Österreich kommt es ebenfalls immer wieder zu Waldbränden. Erst am vergangenen Sonntag wurde in Seyring, einem Teil von Gerasdorf bei Wien (Bezirk Korneuburg), Niederösterreich, ein Wald- und Flurbrand ausgelöst. Mehr als 160 Frauen und Männer der Feuerwehr waren im Einsatz. Um 14.30 Uhr wurden die Helferinnen und Helfer verständigt, auch die Berufsfeuerwehr der Bundeshauptstadt sowie die sogenannte Waldbrandgruppe Ost, Einheiten aus Niederösterreich, rückten aus.

Laut dem Bezirkskommando stand eine Fläche von 25 Hektar in Brand, der Rauch war kilometerweit zu sehen. Teilweise sollen bereits Gebäude von den Flammen bedroht gewesen sein. Am späten Abend war der Brand gelöscht. Die Ermittlungen haben laut Polizeiangaben drei mögliche Auslöser ergeben: Als wahrscheinlich galt demnach ein unachtsam weggeworfener Zigarettenstummel. Eine Polizeisprecherin nannte aber auch weggeworfene Glasflaschen oder Glasscherben als mögliche Ursachen. Einer dieser Gründe soll jedenfalls in Kombination mit der extremen Trockenheit und starkem Wind das Feuer ausgelöst haben.

Auch am Montag sind die Feuerwehren im Waldviertel im Großeinsatz. In Schlader in der Gemeinde Karlstein an der Thaya steht seit den Mittagsstunden ein Feld in Flammen. Rund ein Dutzend Feuerwehren mit rund 70 Feuerwehrleuten bekämpfen derzeit den Brand. Laut dem Bezirksfeuerwehrkommando Waidhofen an der Thaya treibt der Wind das Feuer in Richtung eines Waldgebietes.

"Wildfire", Wald- und Flurbrände

Wann ist aber überhaupt von einem Waldbrand die Rede, und was unterscheidet ihn von einem Flurbrand? Im Englischen gibt es den gängigen Begriff "wildfire", er meint Brände in Wäldern, aber auch auf Wiesen oder landwirtschaftlich genützten Flächen. In der deutschen Sprache gibt es einerseits den Begriff "Waldbrand" für Feuer auf Waldboden und -vegetation und andererseits den Begriff "Flurbrand". Zentral ist jedenfalls in beiden Fällen, dass es sich um ein unkontrollierbares Feuer handelt. Dann unterschiedet man im Hinblick auf die Ursachen zwischen natürlich entstandenen und durch den Menschen ausgelösten (anthropogen bedingten) Waldbränden.

Im Fall von natürlichen Waldbränden wiederum sind laut der in Wien ansässigen Universität für Bodenkultur (Boku) Blitzeinschläge die einzige relevante Ursache. Die Boku hält fest, dass weltweit gesehen über 90 Prozent aller Waldbrände direkt oder indirekt durch menschliche Tätigkeiten ausgelöst werden. In Österreich sind es demnach im Schnitt der letzten Jahre 85 Prozent.

Ursachen für Brände

Schätzungsweise kommt es in Österreich zu etwa 150 bis 300 Waldbränden im Jahr. Bei acht von zehn Bränden ist der Mensch schuld. Konkret geht es da etwa um weggeworfene Zigaretten, die Feuer auslösen – das ist der häufigste Grund für Brände. Andere Ursachen sind außer Kontrolle geratene Feuer wie Sonnwend- oder Lagerfeuer, ausgebrachte heiße Asche, Brandstiftung (das sind zehn Prozent aller Fälle), Feuerwerkskörper, Funkenflug von Zügen oder auch Schießübungen des Bundesheeres. Glasflaschen oder Glasscherben als Brandauslöser sind statistisch gesehen überaus unwahrscheinlich: In der Datenbank der Boku, in der 7.000 Waldbrände der vergangenen 20 Jahre sowie Großereignisse bis ins 16. Jahrhundert dokumentiert sind, geht kein einziger auf Glasscherben oder Glasflaschen zurück.

Die Frage, wo es am ehesten oder am häufigsten in Österreich brennt, hängt von der Region und vom Zeitpunkt ab, also einerseits vom Wetter – von Temperatur, Wind und Niederschlag –, andererseits von der Topografie – der Seehöhe und der Hangneigung – sowie vom dortigen Brennmaterial und seiner Beschaffenheit, also konkret von der Art von Holz und Boden. Statistisch gesehen passieren die meisten Waldbränden im April und im Hochsommer, im Juli und August. Am häufigsten betroffen sind das südliche Niederösterreich und Teile der Steiermark, Kärntens sowie Tirols.

Ausblick in die Zukunft

Eine klimawandelbedingte Zunahme der Waldbrände in den vergangenen 20 Jahren hat Mortimer Müller, wissenschaftlicher Projektmitarbeiter am Institut für Waldbau der Boku, bisher nicht registriert. Die Anzahl der Waldbrände könne jedes Jahr freilich variieren, bleibe aber grundsätzlich konstant bei im Schnitt 200 im Jahr. Die Brandfläche falle stets unterschiedlich aus, Großbrände seien aber "eher die Ausnahme", sagt Müller: Meist seien unter 100 Hektar betroffen, das sei in manchen anderen Ländern "nicht einmal erwähnenswert".

Außerdem hält der Waldbrandforscher fest: "Wenn der Wald brennt, ist er damit noch nicht automatisch zerstört." Diese Ereignisse seien viel mehr eine "Störung" für den Wald – ähnlich wie der Borkenkäfer –, von der sich die Natur rasch wieder erhole. In 95 Prozent der Fälle handle es sich in Österreich um sogenannte Bodenfeuer mit geringer Intensität: Betroffen seien also in erster Linie Sträucher und Gras beziehungsweise alles, was bodennah sei. Die Altvegetation überstehe diese Feuer meistens. Feuer, die zum Abstreben des Waldes führen – "Kronfeuer" oder "Vollbrand" bis zu den Kronen hinauf –, kämen hingegen selten vor, vier- bis fünfmal pro Jahr. In diese Fällen bräuchten alte Bäume Jahrzehnte, ehe sie sich wieder erholt hätten.

Müller geht für die Zukunft davon aus, dass es nicht mehr Brände in Österreich geben wird, aber dass "die Feuer intensiver und größer" werden dürften. Der Grund für die Annahme sei die klimawandelbedingte längere Sommertrockenheit, die in den kritischen Regionen hierzulande derzeit weniger vorherrsche. Im Waldviertel etwa sei es aktuell seit einem Monat trocken, deshalb sei dort die Gefahr am höchsten. Kritisch seien in Österreich jene Gebiete, wo Schutzwald wächst, vor allem in den Alpen. Aufgrund des feuchten Frühjahres und des Regens, der während der Hitze der vergangenen Wochen fiel, sei die Brandgefahr dort aber momentan gering. Das sei auch der Unterschied zu den jetzt schon großflächigeren Waldbränden in Südeuropa.

Präventionsmaßnahmen

In Niederösterreich sind aufgrund der anhaltenden Hitze und der damit verbundenen Trockenheit seit Mitte Juli für alle 20 Bezirke Waldbrandverordnungen in Kraft. Untersagt ist damit in den Gefährdungsbereichen der entsprechenden Gebiete jegliches Entzünden von Feuer sowie das Rauchen. Im Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft, Regionen und Wasserwirtschaft geht man davon aus, dass die Brandgefahr künftig aufgrund des Klimawandels weiter zunehmen dürfte.

Der zuständige Minister Norbert Totschnig (ÖVP) schickte deshalb am Montag eine Aussendung aus, um auf Präventionsmaßnahmen aufmerksam zu machen. Die Waldbrandprävention müsse "unser aller Ziel sein", heißt es darin. Totschnig nannte einige der gemeinsam mit Expertinnen und Experten im "Aktionsprogramm Waldbrand" aufgezählten Verhaltensregeln bei Waldbrandgefahr: nicht zu rauchen etwa, kein Feuer zu entzünden sowie das Beachten behördlicher Verbote. Enthalten sind in dem Programm auch weitreichendere Lösungsansätze wie ein integriertes Waldbrandmanagement, Prävention durch gezielte Forschung, angepasste Waldbewirtschaftung und Bewusstseinsbildung.

Erstmals eine Grundlage für solche Maßnahmen geschaffen hat der im Jahr 2020 von der Regierung initiierte Waldfonds. Seit "zwei, drei Jahren" sei das Bewusstsein für Waldbrände hierzulande auf politischer Ebene klar gestiegen, sagt der Boku-Waldexperte Müller. Die "zielgruppenorientierte und spezifische, anlassbezogene Warnung und Bildung der Bevölkerung" sei dabei das Wichtigste, um Waldbrände zu verhindern. (Anna Giulia Fink, 24.7.2023)