Am Tag nach den verlorenen Kommunal- und Regionalwahlen steht Pedro Sánchez bei einer Vorstandssitzung seines sozialistischen PSOE auf und stürzt sich laut "Wahlen, Wahlen" rufend aus dem Fenster. Er schlägt unten auf, rappelt sich zusammen, wischt den Staub von einem perfekt sitzenden Anzug und sagt: "An die Arbeit." So sah die Sendung für politischen Humor, "Polonia", im katalanischen öffentlichen TV3 die Ankündigung vorgezogener Parlamentswahlen.

Pedro Sánchez hatte und hat seit Sonntag mehr denn je den Ruf eines Stehaufmännchens. Er gewann einst den Vorsitz des PSOE gegen alle Vorhersagen. Trat zurück, als seine Partei ihn zwingen wollte, dem konservativen Partido Popular per Enthaltung der Sozialisten im Parlament an die Regierung zu verhelfen. Kandidierte erneut bei Urwahlen für den Vorsitz und hatte Erfolg.

Pedro Sánchez
Pedro Sánchez hat den Ruf eines Stehaufmännchens.
IMAGO/Europa Press/ABACA

2018 kam er per Misstrauensvotum an die Regierung – und das, obwohl er nicht einmal im Parlament saß. 2019 dann ging er die Linkskoalition mit den Linksalternativen von Unidas Podemos – heute Sumar – ein. Von allen Umfragen totgesagt, erreichte er am Sonntag das Unmöglich. Sein PSOE hat eine weitere Chance zu regieren. Dass Sánchez alles daransetzen wird, die nötige Unterstützung zu bekommen, daran zweifelt keiner.

Der 51-jährige Ökonom und ehemalige Universitätsprofessor arbeitete als Berater für EU-Politiker und Amtspersonen in Konfliktzonen wie etwa auf dem Balkan, heuerte als Anwalt bei der spanischen Verbraucherschutzorganisation OCU an. Seit 2003 ist der verheiratete Vater zweier Töchter in der Politik. Damals kandidierte er für den Stadtrat in seiner Heimat Madrid. Seit 2009 ist er mit Unterbrechungen Abgeordneter im Parlament.

"Am besten unter Druck"

Sánchez führte seinen PSOE durch schwierige Zeiten. Er übernahm, als die linksalternative Podemos sich zum Ziel gesetzt hatte, den PSOE, die größte Partei der Linken, zu überholen. Das scheiterte knapp. Sánchez hielt stand und wurde schließlich Regierungschef mit und auch dank der Arbeit von Podemos beim Misstrauensvotum 2018 und der anschließenden Koalition 2019.

"Handbuch der Widerstandes" heißt die Autobiografie, die Sánchez 2019 nach seinem Einzug in den Regierungspalast La Moncloa veröffentlichte. "Ich komme vom Basketball und arbeite am besten unter Druck", sagt der hochgewachsene Sánchez, der in seinen jungen Jahren beim Erstligisten Estudiantes in Madrid gespielt hat, immer wieder. Der Wahlkampf, in dem er in nur 14 Tagen die Umfragen auf den Kopf gestellt hat, ist ein weiterer Punkt in der Legende des Politikers, der öfter totgesagt wurde als je ein anderer vor ihm in Spanien. (Reiner Wandler, 24.7.2023)