Sommerurlaub im Süden? Oder doch lieber zu Hause?
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PRO: Italien-Reisen nachholen

von Anne Feldkamp

Die Erzählungen, sie ähneln sich. Stundenlange Autofahrten in den Süden, zwischendurch ein Espresso beim Autogrill, in Lignano dann Schlangestehen mit den Nachbarn am Frühstücksbuffet – nicht zu vergessen die morgendlichen Streitigkeiten um die besten Strandplätze. Wer als Kind regelmäßig in Italienurlaub fuhr, kennt das alles. Ich nicht. Meine Eltern entspannt auf einer Sonnenliege? Das wäre selbst zu Hause im Garten einer Sensation gleichgekommen.

Und so entdeckte ich das italienische Lebensgefühl zum ersten Mal auf einer Klassenfahrt. Die Erinnerungen an die Toskana? Verschwommen. Doch sie waren ein Vorgeschmack darauf, wie ein Urlaub im Süden sein kann. Flirrend heiß, mit Sonnencreme auf der Nase und Flipflops an den Füßen. Der Schulausflug war jedenfalls Anstoß, immer wieder nach Italien zu fahren. Mittlerweile kann ich sagen: Ich habe alles nachgeholt, was ich als Kind nicht erlebt habe. Zumindest fast.

Ich war mit dem Rucksack auf dem Gran Sasso, habe in Bari den alten Damen beim Orecchiette-Machen zugeschaut, Palermo zu meiner sizilianischen Lieblingsstadt gekürt. Aber ich habe auch ziemlich kopflose Urlaube gemacht. Nach Rom habe ich mich im August verirrt, nach Florenz während der Ostertage, in Venedig war ich zur Hochzeit der Biennale.

Einige Rechnungen habe ich noch offen. Dazu gehört ein klassischer Badeurlaub. Es muss auch nicht in Lignano sein. (Anne Feldkamp, 25.7.2023)

KONTRA: Gemütlich daheim fernreisen

von Guido Gluschitsch

Der Glanz des Sommerurlaubs im Süden, am Meer, hat inzwischen viel seiner Strahlkraft eingebüßt. Hitzewellen, Unwetter und Waldbrände machen die einstigen Sehnsuchtsdestinationen zu Orten, von denen viele Urlauber nur noch wegwollen.

Dabei sind die Touristen daran mitschuldig, dass es so weit gekommen ist. Die An- und Abreise mit dem Flugzeug, Auto und Schiff tragen ebenso zum Klimawandel bei wie die Bodenversiegelung durch Hotelkomplexe, weggeworfene Essensreste vom All-you-can-eat-Buffet und der Plastikmüll überall.

Es ist noch gar nicht so lange her, da war die Reise ans Meer noch ein Luxus, den sich nicht jeder aus der Mittelschicht gönnen konnte. Sie war für viele etwas Besonderes. Man urlaubte eher zu Hause, besuchte Orte in der Umgebung, stützte so die regionale Wirtschaft und verursachte ganz nebenbei weniger Emissionen.

Langsam kommt der Trend zum Urlaub daheim wieder auf. Es sind wieder die Privilegierteren, die sich als Erste erlauben, volle Flieger, Staus, Hitze und das Gerangel um die letzte Liege auszulassen. Sie verwenden das Urlaubsgeld lieber dazu, das Zuhause schöner zu gestalten. Und sie kaufen Bücher, die einen gleich auf mehrere Reisen in wenigen Tagen mitnehmen. Reisen, die umweltfreundlicher, im besten Fall aber ebenso entspannend und lehrreicher sind. (Guido Gluschitsch, 25.7.2023)