Wenn Claudia Reiterer nicht mit Im Zentrum beschäftigt ist, schaut sie mit ziemlicher Sicherheit Serien. Die ORF-Moderatorin bezeichnet sich selbst als "ziemlich schlimme Binge-Watcherin". Reiterer hat natürlich eine Schwäche für Serien zu tages- und gesellschaftspolitischen Themen wie The Good Wife und The Good Fight. Ihre bevorzugten Genres sind aber düstere Krimis, gern auch Mystery. DER STANDARD fragt Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens nach ihren Serienvorlieben.

Mysteriös ist ziemlich vieles in Der Schatten, der Serie, die Claudia Reiterer zuletzt gesehen hat. Die sechsteilige Serie erzählt die Geschichte der jungen Norah, die als Journalistin in Wien einen Neuanfang wagt. Kaum angekommen, prophezeit ihr eine Bettlerin, sie werde einen ihr bis dato unbekannten Mann töten. Die Schatten der Vergangenheit kommen hoch.

Die beiden Freundinnen Norah (Julia Anna Grob, li.) und Valerie (Annely Gerda Prey) genießen die unbeschwerte Sommerzeit. Noch hat Norah keine Ahnung, wie sich ihr Leben bald verändern wird.
Serie
Die beiden Freundinnen Norah (Julia Anna Grob, li.) und Valerie (Annely Gerda Prey) genießen die unbeschwerte Sommerzeit. Noch hat Norah keine Ahnung, wie sich ihr Leben bald verändern wird.
ZDF und Pascal Schmit

Die ZDF-Serie basiert auf dem Roman von Melanie Raabe. Nina Vukovic führte Regie, Stefanie Veith schrieb das Buch. Deleila Piasko spielt die Hauptrolle, Aaron Friesz ist auch dabei. Claudia Reiterer, begeistert: "Ich bin überzeugt, dass amerikanische Streamingplattformen den Stoff aufgreifen werden." Zu sehen ist Der Schatten in der ZDF-Mediathek.

STANDARD: Worum geht’s?

Reiterer: Die junge Journalistin Norah kommt nach Wien und soll ein Porträt über einen Künstler machen, der Frauen dazu bringt, sich selbst zu verletzen. Diese Frauen setzen sich zum Beispiel einen Schnitt in die Wange, und das filmt der Künstler. Der Künstler hat eine lebensbedrohliche Krankheit und nicht mehr lange zu leben. Norah wiederum hat in Berlin ihren Freund verlassen. Außerdem hängt ihr der Tod der besten Freundin nach, die sich mit 16 umgebracht hat. Rückblicke zeigen, wie innig die beiden miteinander waren. Man sieht aber auch, dass die Eltern der besten Freundin auf Norah böse sind. Es ist unklar, ob der Tod der Freundin tatsächlich ein Suizid war oder nicht sogar Mord. Dazu passieren unerklärliche Dinge, sodass sie irgendwann an ihrem Verstand zweifelt. Das Ganze bekommt zusätzliches Drama, als ihr zu Beginn eine Wahrsagerin vorhersagt, sie werde am 13. August einen Mann mit dem Namen Grimm töten.

Norah Richters (Deleila Piasko) Kollege Emil Fermus (Aaron Friesz) ist Fan des Künstlers Wolfgang Balder (Andreas Pietschmann) und wollte das Porträt über ihn schreiben. Dass nun Norah den Künstler porträtiert, sorgt für angespannte Stimmung zwischen den beiden - doch nicht nur das.
Norah Richters (Deleila Piasko) Kollege Emil Fermus (Aaron Friesz) ist Fan des Künstlers Wolfgang Balder (Andreas Pietschmann) und wollte das Porträt über ihn schreiben. Dass nun Norah den Künstler porträtiert, sorgt für angespannte Stimmung zwischen den beiden – doch nicht nur das.
ZDF und Tomas Mikule

STANDARD: Was gefällt Ihnen daran so gut?

Reiterer: Der Schatten ist ein sehr subtiles Psychodrama. An guten Krimis fasziniert mich, wie Zuschauerinnen und Zuschauer in die Irre geführt werden. Ich bin wirklich gut darin, den Mörder oder die Mörderin zu identifizieren, und auch hier hatte ich in der vierten Folge eine Ahnung, die sich schließlich bestätigte. Journalismus findet natürlich auch hier nicht so statt, wie in der Realität, aber der Beruf an sich wird ohnehin nur gestreift und ist eher als Kulisse für die mysteriösen Begebenheiten. Die einzige Kritik, die ich habe, betrifft den Chefredakteur des Magazins (Lukas Spisser, Anm.). Er spielt für mich nicht glaubwürdig.

STANDARD: Wie schauen Sie Ihre Serien?

Reiterer: Ich habe die sechs Folgen an einem Tag durchgezogen. Das ist nicht sehr ungewöhnlich, weil ich eine ziemlich schlimme Binge-Watcherin bin.

STANDARD: Ist Krimi und Mystery Ihr bevorzugtes Genre?

Reiterer: Absolut, ich schaue wirklich gerne und viele Serien, weil es ich mich voll auf die Frage konzentriere: Wer ist der Mörder oder die Mörderin? Ich erinnere mich an ein Seminar beim Studium, als wir Spiel mir das Lied vom Tod ein Semester lang analysierten. Mich faszinierte das sehr: Wie werden solche Filme gemacht, wie entstehen Cliffhanger, wie geht Dramaturgie? Serien lenken mich ab, und ich kann mich gut entspannen, weil ich ansonsten unentwegt in der politischen Welt bin. Diese Art der Entspannung schaffen bei mir nur Krimis.

STANDARD: Wie sind Sie zum Streamingjunkie geworden?

Reiterer: Die Serie, durch die ich totaler Serienjunkie wurde, war die dänische Serie The Killing mit Sofie Gråbøl. Ich habe das damals mit Begeisterung im ZDF gesehen. Später war Sofie Gråbøl Darstellerin in einer Werbung für Versicherungen, und zwar genau mit Mikael Birkkjær, ebenfalls aus der Serie. Ich weiß noch, dass mich das ziemlich irritiert hat. Jedenfalls, nach The Killing war es um mich geschehen. Nach Im Zentrum bin ich um zwei Uhr nach Hause, manchmal ist es auch drei. Aber egal wann, ich schaue immer noch mindestens eine Folge. Das brauche ich, um zu entspannen.

STANDARD: Wie wählen Sie Ihre Serien aus?

Reiterer: In erster Linie schaue ich, was es bei skandinavischen Serien gibt. Ich schaue die Trailer, und die erste Folge muss mich packen. Wenn nicht, höre ich auf. Durch meinen Serienkonsum gehöre ich wahrscheinlich unter meiner Bekannten zu den Top-Serienexpertinnen. Politiker fragen mich mittlerweile auch nach Serien. Ich gebe gerne Tipps. Es ist schön, mit ihnen auch einmal über etwas anderes zu reden.

Claudia Reiterer moderiert
Claudia Reiterer moderiert "Im Zentrum" im ORF und ist bekennender Serienjunkie.
ORF/Thomas Ramstorfer