Ralf Rangnick
Ralf Rangnick hat sich mit Österreichs Nachwuchsfußball bisher nur peripher beschäftigt.
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Bremen – ÖFB-Teamchef Ralf Rangnick hat eine frei von Ergebnisdruck organisierte Fußballausbildung bei Kindern scharf kritisiert. "Wenn man bei uns, beim ÖFB, auf die Idee kommen würde, mir zu erklären, dass es bei den Sechs- bis Zwölfjährigen keine Tabellen mehr gibt, keine Ergebnisse zum Schluss und auch nicht aufgelistet wird, wer die Tore geschossen hat, dann kriegt derjenige mit mir ein Problem", sagte Rangnick beim Internationalen Trainerkongress am Montag in Bremen. "Da dreht man am völlig falschen Rad", so der 65-Jährige.

Abgeschaffte Tabellen

Was Rangnick offenbar nicht weiß: Seit der Saison 2022/23 werden in Österreich bei Bewerben bis zur U12 keine Tabellen mehr geführt. Die Reform wurde vom ÖFB beschlossen, um die individuelle Entwicklung der Spieler in den Vordergrund zu stellen. Laut ÖFB-Angaben würden derzeit rund 110.000 Kinder und Jugendliche in Österreich Fußball spielen. Mehr als die Hälfte davon würde das jeweils letzte Spiel laut einer Uefa-Studie aber noch vor dem 18. Geburtstag bestreiten. Dieser Entwicklung wolle man mit der Reform entgegenwirken.

Kritisierte Reform

Kritik am Fußball ohne Tabellen äußerte zuletzt auch Vinzenz Jager, sportlicher Leiter der Football School, in einem STANDARD-Interview: "Mir gefällt das nicht. Ergebnisse sind eine Lebensrealität. Man weiß ja ohnehin, wie die Spiele ausgegangen sind. Natürlich kann man den Kindern beibringen: Wir sind alle gleich begabt, jeder bekommt gleich viel, bei uns gilt nicht das Leistungsprinzip. Das ist aber eine Lebenslüge, wir gaukeln uns eine heile Welt vor. Der Fußball ist ein Wettkampf, es geht um Sieg und Niederlage."

Schlaflose Nächte

Rangnick ist seit Juni 2022 Cheftrainer des ÖFB-Nationalteams. Der Wechsel zum Österreichischen Fußball-Bund habe ihm "schlaflose Nächte" bereitet. "Als die Anfrage kam, war ich noch in Manchester und hatte da noch vier, fünf Spiele zu spielen. Das Problem war, dass der ÖFB innerhalb von anderthalb Wochen eine Entscheidung bekanntgeben wollte."

Große Ziele

Die Europameisterschaft 2024 in Deutschland sei einer der entscheidenden Gründe für seine Zusage gewesen, sagte Rangnick. "Das hat es für mich sehr reizvoll gemacht." Auch die Weltmeisterschaft 2026 in den USA, Kanada und Mexiko sei eine "wirklich interessante Veranstaltung". Das ÖFB-Team ist mit drei Siegen und einem Remis in die EM-Qualifikation gestartet. (phb, APA, 25.7.2023)