Das Sonnenland Burgenland macht seinem Tourismusnamen keine Ehre, als am Dienstag am Vormittag der vietnamesische Präsident Vo Van Thuong (Võ Văn Thưởng) vor dem Schloss Esterházy aus dem Auto steigt. Es regnet nicht, es schüttet. Die Bläser, die am Ende des roten Teppichs im Innenhof des Schlosses stehen sollten, haben sich inzwischen in den Durchgang gestellt, im Portal des Schlosses wartet bereits Burgenlands Landeshauptmann Hans Peter Doskozil (SPÖ) mit seiner Gattin Julia – etwas abseits steht Familienlandesrätin Daniela Winkler. Während die Bläser zu einem Begrüßungslied anheben, klopft sich die vietnamesische Delegation gegenseitig die Wassertropfen vom Gewand. Das zweite Lied, das hätte angestimmt werden sollen, fiel sprichwörtlich ins Wasser. Der Tross aus Politikern, Delegationsmitgliedern und Journalisten ist bemüht, möglichst schnell in die Innenräume des Schlosses zu kommen, wo sich Vo Van Thuong ins Goldene Buch des Landes Burgenland einträgt. Kurz darauf schließen sich die Türen zum Sitzungssaal.
Vietnam ist besonders stark vom Klimawandel betroffen und hat sich zum Ziel gesetzt, bis 2050 klimaneutral zu werden. Das Land erzeugt selbst bereits einen guten Teil seines Stroms mit Windkraft und Solaranlagen. Ideen, wie Energiesysteme mit mehreren dezentralen Erzeugern ideal funktionieren, wollen sich die Vietnamesen aus dem Burgenland holen, das bis 2030 klimaneutral werden will. Beim Gespräch soll es darum unter anderem um eine Vorstellung des hybriden Solar- und Windparks in Schattendorf gegangen sein, in dem auch die erste betriebsbereite organische Solid-Flow-Batterie im Testeinsatz ist. Dabei handelt es sich um einen Akku, der überschüssigen Strom, der im Wind- und Solarpark anfällt, speichert und bei Bedarf wieder abgibt. Ein ursprünglich geplanter Besuch der Anlage in Schattendorf wurde bereits vorab wegen terminlicher Gründe und des Schlechtwetters abgesagt.
Das Mittagessen nahm man nach dem ersten Arbeitsgespräch im Haydnsaal ein – begleitet vom Ha-Noi-Kammerorchester, das unter anderem Werke von Franz Kreisler, Joseph Haydn, Wolfgang Amadeus Mozart, aber auch vietnamesische Lieder spielte. Während für die Musik also die Gäste aus Vietnam sorgten, kam die Kulinarik aus dem Burgenland, von Haubenkoch Max Stiegl.
Landeshauptmann Hans Peter Doskozil sprach ob des Besuchs von einer großen Ehre und erinnerte an die erst kürzlich gefeierte 100-jährige Geschichte des Landes, an Auswanderungen, Hoffnungslosigkeit zu Beginn und daran, dass "fleißige Hände" und Zusammenhalt es geschafft haben, dass sich das Burgenland zu dem Land entwickelte, das es heute ist. "Wir haben uns vorgenommen, Vorreiter zu sein", erklärte Doskozil und empfahl, Joseph Haydn als Vorbild zu nehmen, wenn es darum gehe, "Wege zu suchen, die Partnerschaft zu vertiefen und voneinander zu profitieren". "Wenn Musik verbindet", antwortete darauf der vietnamesische Präsident Vo Van Thuong, "dann bin ich mir sicher, dass sie heute Menschen aus dem Burgenland und Vietnam verbindet." Er schloss mit den Worten: "Möge die Zusammenarbeit wachsen!" Das Wetter und der fürs Burgenland so wichtige Regen waren kein offizielles Thema – auch wenn man andenkt, künftig im Tourismus enger zusammenzuarbeiten. (Guido Gluschitsch, 25.7.2023)