Strache vor dem Verhandlungssaal am Oberlandesgericht Wien.
Für Strache ging die Berufungsverhandlung am Oberlandesgericht Wien am Mittwoch gut aus.
IMAGO/Martin Juen

Ex-Vizekanzler Heinz-Christian Strache darf einmal mehr aufatmen: Das Oberlandesgericht (OLG) Wien hat seinen Freispruch in der Causa Asfinag endgültig bestätigt. Die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) hatte Strache vorgeworfen, dem mit ihm befreundeten Immobilienunternehmer Siegfried Stieglitz einen Aufsichtsratsposten verschafft zu haben – im Gegenzug für Spenden an den FPÖ-nahen Verein Austria in Motion.

Aus Sicht der Gerichte konnte allerdings nicht zweifelsfrei bewiesen werden, dass Strache von Stieglitz' Spende in der Höhe von 10.000 Euro wusste und dass er ihm den Posten tatsächlich im Gegenzug für die Spende verschafft hat. Beide wurden deshalb vom Vorwurf der Bestechung und der Bestechlichkeit freigesprochen. Doch ein Satz in der Urteilsbegründung sorgt für rege Diskussionen.

Der Richter verwies darin nämlich auf die politische Realität und verglich Spenden an Parteien mit Lobbying. "Warum spendet jemand einer politischen Partei?", fragte er. Dies geschehe bei den unterschiedlichsten Anliegen, um bei politischen Funktionsträgern "einen Fuß in der Tür zu haben". Hier würde es sich um Lobbying handeln, das nicht strafbar sei.

Ist es also tatsächlich erlaubt, sich mit Parteispenden das Wohlwollen von Politikerinnen und Politiker zu erkaufen?

Anfüttern mit Parteispenden?

Wer Parteien Geld spendet und sich davon eine konkrete Gegenleistung erwartet, macht sich freilich strafbar. Fraglich ist aber, was gilt, wenn nicht eindeutig bewiesen werden kann, dass es für eine Spende eine konkrete Gegenleistung gab. Im Strafgesetzbuch wurden deshalb auch Geschenke zum "Anfüttern" unter Strafe gestellt – also Geschenke, die dazu dienen, sich das generelle Wohlwollen eines Amtsträgers zu erkaufen.

Ob ein solches "Anfüttern" auch mit Parteispenden verboten ist, ist in der österreichischen Rechtswissenschaft umstritten und vom konkreten Einzelfall abhängig, erklärt Strafrechtsprofessor Robert Kert dem STANDARD. Im renommierten "Wiener Kommentar" wird die Ansicht vertreten, dass der Anfütterungstatbestand im Strafgesetzbuch ebenso für Parteispenden gilt. Viele andere – darunter die Oberstaatsanwaltschaft Wien – vertraten in der Vergangenheit aber die gegenteilige Auffassung.

Im Parteiengesetz selbst sind Spenden nämlich nur dann verboten, wenn sich Personen als Gegenleistung einen "bestimmten wirtschaftlichen oder rechtlichen Vorteil" erwarten. Im Umkehrschluss seien Spenden also erlaubt, wenn es keine "bestimmte" Gegenleistung gebe, so die Argumentation. Dass der Anfütterungstatbestand im Strafgesetzbuch ungefähr zeitgleich mit der Bestimmung im Parteiengesetz beschlossen wurde, zeige zudem, dass der Gesetzgeber differenzieren wollte.

"Die rechtspolitisch interessante Frage ist, wie man das sinnvoll in den Griff bekommt", sagt Strafrechtler Kert. "Die meisten Menschen spenden Parteien wohl Geld, weil sie sich irgendetwas erwarten. Und wo zieht man dann die Grenze zur Strafbarkeit? Das ist natürlich schwer zu regeln."

Verfassungsrechtler Mayer ortet Nachholbedarf

Kritisch sieht die Urteilsbegründung auch der Verfassungsrechtler Heinz Mayer. "Das Gericht hat natürlich recht, dass Parteispenden mit einer gewissen Erwartung verbunden sind: nämlich dass der Empfänger eine bestimmte Politik macht, die mir etwas bringt." Es mache aber einen Unterschied, ob es dabei um Gesetze gehe, die für alle gültig seien, oder um einen persönlichen Vorteil. "Wenn ich Parteispenden tätigen kann, um einen persönlichen Vorteil zu erlangen, dann ist das Anfüttern", sagt Mayer. "Wenn das nicht mehr gilt, ist allem Tür und Tor geöffnet."

Aus Mayers Sicht zeigt der Fall zudem einen "Nachhol- und Sensibilisierungsbedarf bei den Strafgerichten" auf. Strafgerichte würden bei Korruptionsdelikten manchmal nicht berücksichtigen, dass diese eine andere Struktur als andere Delikte aufweisen. "Man hat eben weder Leiche noch Tatwaffe. Alles spielt sich im Geheimen ab", betont Mayer. (Jakob Pflügl, Fabian Schmid, 27.7.2023)