Sie ist wieder da! Beim Afrika-Gipfel moderierte Österreichs Ex-Außenministerin Karin Kneissl eine Veranstaltung, und sie sei "an verschiedenen Aktivitäten beteiligt": Das ist der russischen Nachrichtenagentur Tass sogar eine Meldung wert. Hauptfigur in Sankt Petersburg ist allerdings ihr damaliger Hochzeits-Tanzpartner: Russlands Präsident Wladimir Putin.

Dieser hat sich den Gipfel perfekt organisieren lassen. Er soll vor allem glanzvolle Bilder liefern, zeigen, dass Russland außenpolitisch eine wichtige Rolle spielt, eben nicht isoliert ist. Für Putin ist das auch innenpolitisch wichtig. Er braucht dringend Erfolge, nach der Rebellion der Wagner-Söldner und nach den zunehmend öffentlich ausgetragenen Querelen um die russische Militärführung.

Wladimir Putin
Putin will den Staaten der Afrikanischen Union schnellstmöglich einen Platz in den G20 verschaffen. Im Gegenzug dürfte er sich keinerlei Einmischung in den Ukrainekrieg erwarten.
EPA/Alexander Ryumin / TASS Host

In seiner Rede am Donnerstag kündigte Putin jedenfalls an, er wolle die Initiative der Afrikanischen Union (AU) unterstützen, vollwertiges Mitglied der G20 zu werden. Er hoffe, die Entscheidung würde bereits auf dem G20-Gipfel im September in Indien getroffen. Putin stellte gleichzeitig fest, dass "Russland nach wie vor bereit ist, alles zu tun, um die Stärkung der Souveränität afrikanischer Staaten zu fördern und Afrika dabei zu helfen, einer der wichtigsten Partner der multipolaren Welt zu werden".

Wagner in Afrika

Russland wirbt um die afrikanischen Staaten, sucht politischen Einfluss, in Konkurrenz zur EU und vor allem China. In Afrika hat Russland aber auch handfeste Wirtschaftsinteressen. Der Energiegigant Gazprom ist in Algerien immer aktiver tätig. Der weltgrößte Diamantenhersteller, die russische Alrosa-Gruppe, schürft in Angola. Der russische Aluminiumriese Rusal baut den Aluminiumrohstoff Bauxit in Guinea ab. Auch in Südafrika, Madagaskar und Burkina Faso sind russische Firmen aktiv. Die Sicherheitsdienste vieler dieser Unternehmen stellt die Söldnergruppe Wagner. Und Wagner-Strategen helfen lokalen Machthabern, die russische Interessen unterstützen, Wahlen zu gewinnen. Im vom Bürgerkrieg geschundenen Mali sind Wagner-Truppen bereits seit Ende 2021 im Einsatz, unterstützen die dortige Militärjunta, die blutig um ihre Macht kämpft. Wagner-Söldner agieren auch in Libyen, der Zentralafrikanischen Republik und Mosambik. Womöglich traf sich auch deshalb der eigentlich ins belarussische Exil verbannte Wagner-Chef Jewgeni Prigoschin im nahegelegenen Trezzini Palace Hotel in Sankt Petersburg mit hochrangigen Vertretern aus der Zentralafrikanischen Republik, wie Bilder zeigten.

Wichtigstes Thema auf dem Gipfel aber ist das vorerst gescheiterte Getreideabkommen. Russland erklärte es am Montag vergangener Woche für beendet und begründete dies mit nicht eingehaltenen Absprachen des Westens. Zum Auftakt des Treffens beklagte der Vorsitzende der Kommission der AU, Moussa Faki Mahamat, der Krieg zwischen Russland und der Ukraine verstärke die Lebensmittelkrise teilweise. "Afrika leidet darunter", sagte er laut russischer Übersetzung. Putin hat den Vertretern des Kontinents verlässliche Lebensmittellieferungen zugesichert. "Wir sind bereit, in den nächsten drei bis vier Monaten 25 bis 50.000 Tonnen Getreide in Burkina Faso, Mali, Somalia, Zentralafrika und Eritrea kostenlos zur Verfügung zu stellen", sagte er.

US-Außenminister Antony Blinken hat die teilnehmenden afrikanischen Staaten aufgerufen, vom russischen Präsidenten eine Lösung für die durch ausbleibende Getreideexporte ausgelöste Lebensmittelkrise zu fordern. "Sie wissen genau, wer die Schuld an der gegenwärtigen Situation trägt", sagte Blinken in Neuseeland.

Auch um den Krieg selbst geht es auf dem Gipfel. Und um die afrikanische Friedensinitiative. Die AU sei an einer Lösung, die den Interessen sowohl Russlands als auch Afrikas entspricht, interessiert, sagte deren Vorsitzender Azali Assoumani während eines Treffens mit Putin. "Wir verschließen unsere Augen nicht vor dem Problem zwischen Russland und der Ukraine, da wir mit beiden Ländern partnerschaftliche Beziehungen unterhalten."

Karin Kneissl
Österreichs Ex-Außenministerin Karin Kneissl ist in Russland gern gesehen.
IMAGO/Grigory Sysoev

Putin will aber auch die Zusammenarbeit in militärischen Fragen ausbauen. Nach Angaben der Friedensforscher am Peace Research Institute Frankfurt bezieht sich Russlands Unterstützung für Afrika vor allem auf drei Bereiche: Rüstung, Nachrichtendienste und Propaganda. Seit 2015 habe Russland rund 19 Militärabkommen mit afrikanischen Regierungen geschlossen. Als Gegenleistung erhalte Russland häufig Bergbaukonzessionen oder geostrategische Vorteile wie den Zugang zu Häfen in Libyen oder dem Sudan.

Zur Halbzeit des Gipfels trafen sich am Donnerstagabend die Leiter der Delegationen. Danach sollte es einen feierlichen Empfang im Namen des russischen Präsidenten geben. Ob Karin Kneissl auch eingeladen war, ist nicht bekannt. Glanzvolle Bilder jedenfalls waren garantiert. (Jo Angerer aus Moskau, 28.7.2023)