Autofrachter Fremantle Highway
Der Frachter war auf dem Weg von Bremerhaven nach Singapur.
AFP/Netherlands Coastguards/HANDOUT

Den Haag – Seit Tagen liegt der brennende Frachter "Fremantle Highway" vor der niederländischen Küste - und endlich gibt es einen ersten Lichtblick. Zum ersten Mal konnten Bergungsspezialisten an Bord des Schiffes kommen und auch eine stabile Verbindung zu einem Schlepper herstellen, teilte die Küstenwache am Freitag mit. Wohin der Frachter jetzt geschleppt werden soll, ist aber weiter unklar. Die Gefahr einer Umweltkatastrophe sei nicht gebannt.

Die Spezialisten seien zwischenzeitlich wieder von Bord gegangen. Das Schiff brennt noch, aber Feuer und Rauch nehmen ab, so die Angaben der Behörden. "Im Laufe des Morgens wurde nach Messungen deutlich, dass die Temperatur an Bord der "Fremantle Highway" stark gesunken war", sagte die Küstenwache. Somit konnten die Bergungsleute an Bord gehen. Der Brand wüte zwar noch immer, aber er würde abnehmen, hieß es weiter. "Auch der Rauch wird weniger." Was nun geschehen soll, muss die staatliche Wasserbehörde entscheiden. "Wir bereiten uns noch immer auf alle Szenarien vor", sagte der Sprecher der Wasserbehörde, Mathijs Tax, der Deutschen Presse-Agentur. Dazu gehört auch der schlimmste Fall: Ein Auseinanderbrechen oder Kentern des Frachters, der mit rund 3.800 Autos beladen ist.

Fast 500 Elektroautos

Die Folge wäre eine Umweltkatastrophe in der Nordsee und dem nahen Wattenmeer. Und nun wurde bekannt, dass weitaus mehr E-Autos auf dem 199 Meter langen Frachter sind: 498 und nicht 25, wie bisher angenommen. Das teilte das Charterunternehmen K-Line mit. Zuvor hatte es geheißen, es seien 2.857 Autos an Bord, darunter 25 E-Autos. Die niederländische Küstenwache erklärte, die Ursache des am Dienstagabend ausgebrochenen Feuers auf dem vor der niederländischen Küste liegenden Frachter sei noch unklar. Laut einer vom Sender RTL veröffentlichten Aufnahme eines Notrufs soll vermutlich ein in Brand geratener Akku eines E-Auto das Feuer ausgelöst haben.

Unklar ist, was die hohe Zahl an E-Autos für die Entwicklung des Feuers bedeutet. Elektroautos gelten zwar nicht als brandgefährdeter, aber wegen ihrer Akkus als schwieriger zu löschen. Die Lithium-Ionen-Batterien von E-Autos brennen mit der doppelten Energie eines normalen Feuers.

Feuer lässt nach

Das Feuer hat am Freitag nach Informationen der Küstenwache nachgelassen. Auch die Temperatur sei gesunken, sagte eine Sprecherin der Küstenwache. Der Frachter liege nun stabil etwa 17 Kilometer im Norden der Wattenmeerinsel Terschelling. Über eine Notverbindung zu einem Schlepper werde das Schiff auf der Position gehalten.

Die "Fremantle Highway" war in der Nacht auf Mittwoch vor der benachbarten Insel Ameland in Brand geraten. Bei dem Brand kam ein Besatzungsmitglied ums Leben. Sieben Besatzungsmitglieder verletzten sich, als sie über Bord sprangen. Die übrigen wurden per Hubschrauber in Sicherheit gebracht. Am Donnerstag war das brennende Schiff leicht nach Westen bis auf die Höhe von Terschelling abgedriftet.

Befürchtet wird eine Umweltkatastrophe im besonders geschützten Wattenmeer, sollte der Frachter sinken, kentern oder auseinanderbrechen. Direkt bei der Fremantle Highway liegt bereits vorsorglich ein Spezialschiff zur Räumung von Schweröl.

Experte: "Tatsächlich ist die Umweltkatastrophe jetzt schon da"

Nach Einschätzung eines Experten ist wegen des brennenden Frachters in der Nordsee bereits verunreinigtes Wasser in das Meer gelangt. Kim Detloff, beim Naturschutzbund (Nabu) zuständig für Meeresschutz, sagte gegenüber NDR Info: "Tatsächlich ist die Umweltkatastrophe jetzt schon da." Es gebe bereits kontaminiertes Lösch- und Kühlwasser. Detloff zufolge verbrennen Schadstoffe, Giftstoffe, Schwermetalle, Kunststoffe, Batterien und Öl.

"Und diese Bestandteile gelangen schon jetzt über das Kühlwasser ins Ökosystem, sodass es lokal zu Verunreinigungen kommt", sagte Detloff. Das sei jedoch kein Vergleich zu dem, was drohe, wenn das Schiff sinken sollte.

Nach Einschätzung von Detloff gibt es zurzeit für die Einsatzkräfte drei Optionen: Sie können das Schiff brennen lassen und hoffen, dass das Feuer schwächer wird. Der Frachter könne zu einem Nothafen geschleppt werden, dann gingen Löschmannschaften gegebenenfalls an Bord. Oder man lasse das Schiff gezielt auf Grund laufen, sollte es sinken. Gegenwärtig versuche man, es weiter raus auf See zu schleppen und vom Wattenmeer zu entfernen. Das sei eine Möglichkeit, um Zeit zu gewinnen.

Brandursache unklar

Der unter der Flagge von Panama fahrende Frachter war auf dem Weg von Bremerhaven nach Singapur, als in der Nacht zum Mittwoch das Feuer ausbrach. Die Brandursache ist noch unklar. Möglicherweise war der Brandherd die Batterie eines elektrischen Autos. Das Schiff hat 500 E-Autos geladen. An Bord der Fremantle Highway befinden sich keine Menschen mehr. (APA, red, 28.7.2023)