Barbie
Die Sorge so mancher Kritiker: Barbie schürt den Kampf zwischen den Geschlechtern.
Warner Bros. Pictures via AP

Eines vorweg: Greta Gerwigs Mattel-Puppenfilm "Barbie" ist ein rasender Erfolg. Mittlerweile hat das satirische Semi-Musical weltweit knapp 500 Millionen Dollar eingespielt. In der "Super Mario Bros."-Liga (1,3 Milliarden) spielt der Film mit Margot Robbie und Ryan Gosling in den Hauptrollen noch nicht mit, aber möglicherweise macht die Plastikpuppe dem Pixel-Mario noch Konkurrenz. So oder so schreibt Greta Gerwig mit "Barbie" Filmgeschichte: Noch nie konnte ein Hollywoodfilm unter der Regie einer Frau in den Vereinigten Staaten mehr Umsatz in den ersten Tagen erzielen. Es zeigt sich außerdem: Nostalgisch aufgeladenes Kinderspielzeug lässt die Kinokassen klingen.

Video zum Phänomen Barbie: Warum die Kultpuppe 2023 realer ist denn je
DER STANDARD

Der Barbie-Konzern Mattel, der in Gerwigs Film lustig durch den Kakao gezogen wird, setzt natürlich alles daran, diesen Erfolg zu wiederholen. Vierzehn weitere Mattel-Filme sind in Planung, darunter "Barney", "Thomas and Friends" sowie "American Girl". Bei der Minipuppe "Polly Pocket" ist bereits die Besetzung bekannt: "Emily In Paris"-Darstellerin Lily Collins spielt die Minipuppe, "Girls"-Schöpferin Lena Dunham führt Regie. Man darf gespannt sein, ob die ebenfalls im feministischen Arthouse-Genre beheimatete Dunham an den Erfolg von "Barbie" anknüpfen kann – und ob auch sie für die Lacher auf einen Ken ausweichen muss.

Kritik von Konservativen

Von einigen rechtkonservativen Figuren in den USA wurde weder die (durchaus queer lesbare) "Kenergy" noch die Emanzipation von Barbie zur Frau für lustig befunden. Elon Musk twitterte (oder xte?) auf seinem neuen Portal X etwa: "Wenn man jedes Mal einen Shot trinkt, wenn Barbie das Wort 'Patriarchat' sagt, wird man ohnmächtig, bevor der Film zu Ende ist." Auch der konservative Youtube-Kommentator Ben Shapiro konnte sich in einer 45-minütigen Kritik nicht zügeln: Der Film schüre seiner Meinung nach den Hass zwischen den Geschlechtern. Um seinen Punkt zu verdeutlichen, verbrannte er eine Barbie.

Barbie Ken Gosling
Kingsley Ben-Adir, Ryan Gosling und Ncuti Gatwa als Kens. Die queere "Kenergie" ist Programm.
Warner Bros. Pictures via AP

Der texanische Senator Ted Cruz warf dem Film vor, "der Kommunistischen Partei Chinas in den Hintern zu kriechen, weil sie mit dem Verkauf des Films in China Geld verdienen wollen", und der Podcaster Matt Walsh, der den Anti-Trans-Dokumentarfilm "What Is a Woman?" zu verantworten hat, bezeichnete Barbie als "das aggressivste männerfeindliche, feministische Propagandafest, das je gedreht wurde".

Auch in Deutschland sah sich der Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) bemüßigt, via Twitter (X?) mitzuteilen, dass er "Barbie" nicht ansehen werde. Unter dieser Aussage zählt ein User seine drei Lieblingsfilme auf. Einer davon ist ironischerweise "Der Pate" – über eben diese Passion so manch männlicher Filmliebhaber macht sich Gerwig auch in ihrem Film lustig.

Weitere anarchische Produkt-Blockbuster?

Gerwig konterte der Kritik in einem Interview in der "New York Times" mit einer Einladung: "Meine Hoffnung ist, dass der Film als Einladung an alle dient, Teil der Party zu sein und die Dinge loszulassen, die uns als Frauen oder Männern nicht guttun." Insgesamt aber kann die 39-Jährige mit dem Erfolg und den positiven Resonanzen auf ihren Film überaus zufrieden sein: "Ich wollte etwas Anarchisches und Wildes und Lustiges und Kathartisches schaffen", sagt Gerwig. "Der Gedanke, dass es wirklich so aufgenommen wird, ist irgendwie erstaunlich."

Bei Mattel bemüht man sich indes, die Lesart des Films nicht als zu politisch einzustufen: "Es ist kein feministischer Film", sagte Robbie Brenner, der ausführende Produzent von Mattel Films. Das kann man jedoch nur als Scheinmanöver verstehen angesichts der Tatsache, dass Lena Dunham mit der Regie von "Polly Pocket" betraut wurde. Mittlerweile kursieren bereits die (Fake) News, dass Werner Herzog einen Uno-Film dreht:

Ob der Hype nach "Barbie" verpufft oder ob – ausgerechnet durch Mattels Plastikpuppen – eine neue Ära von Blockbustern eingeläutet wird, die sich spielerisch-ironisch zwischen Gesellschaftskritik, Feminismus und Product-Placement zu bewegen wissen, bleibt abzuwarten. (Valerie Dirk, 28.7.2023)