"Seit zwanzig, dreißig Jahren meinen die Deutschen, uns Italienern erklären zu müssen, wie wir zu leben haben!", regte sich der italienische TV-Moderator Andrea Giambruno, wegen seiner Liaison mit Ministerpräsidentin Giorgia Meloni "Verlobter der Nation", also "fidanzato d'Italia", genannt, am Donnerstag in seiner TV-Sendung "Diario del Giorno" auf. Im Studio ging es gerade – wie könne es in diesen heißen Tagen anders sein – ums Klima. Und Italiens "First Gentleman" hatte den Tweet eingeblendet, den Deutschlands Gesundheitsminister Karl Lauterbach eine Woche zuvor von Bologna aus seinem Urlaub auf Twitter gepostet hatte. "Die Hitzewelle ist spektakulär hier. Wenn es so weitergeht, werden diese Urlaubsziele langfristig keine Zukunft haben. Der Klimawandel zerstört den Süden Europas. Eine Ära geht zu Ende", prophezeite Lauterbach.

Karl Lauterbach
Karl Lauterbach (SPD) bekommt aus Italien empörte Reaktionen für seinen Satz: "Der Klimawandel zerstört den Süden Europas."
IMAGO/Jürgen Heinrich

Der Tweet kam in Italien gar nicht gut an – aber nachdem Tourismusministerin Daniela Santanchè Wasser aufs Feuer gegossen und Lauterbach ein wenig zurückgerudert war, hatte sich die Aufregung eigentlich längst wieder gelegt. Nur Giambruno konnte sich nicht beruhigen. "Wenn es dir hier zu heiß ist, dann bleib doch zu Hause", riet er Lauterbach. "Im Schwarzwald geht es dir doch gut, nicht wahr?"

Empfindlich auf Kritik

Auf Kritik aus Deutschland reagiert man in Italien nun einmal empfindlich. Gelegentlich brennen dann auch einmal einem Italiener die Sicherungen durch, Giambruno ist da nicht der Erste. So hatte schon Silvio Berlusconis Tourismusminister Stefano Stefani die deutschen Urlauber in einem denkwürdigen Wutausbruch einmal pauschal als "grölende und biertrinkende Horden" beschimpft.

Aber einmal ganz abgesehen von den Tourismusprognosen des deutschen Gesundheitsministers: Das ganze Gerede vom Klimawandel geht Meloni-Partner Giambruno so oder so gewaltig auf die Nerven: "Dass es im Juli in Italien warm werden kann, ist für mich keine Nachricht", hatte er in seiner Sendung schon ein paar Tage vor dem Lauterbach-Tweet klargemacht. In Rom betrug die Temperatur an diesem Tag 43 Grad im Schatten, halb Sizilien und Apulien brannten, im Norden fielen Hagelkörner mit einem Durchmesser von zehn Zentimetern, Tornados richteten Millionenschäden an. Mit seiner Feststellung, dass ein bisschen Schwitzen im Sommer ja wohl normal sei, ist der Meloni-Verlobte zum Held der italienischen Klima-Leugner geworden.

Andrea Giambruno
TV-Moderator Andrea Giambruno klopft gerne Sprüche, was ...
REUTERS/Yara Nardi

Der TV-Journalist ist seit sieben Jahren mit der italienischen Ministerpräsidentin liiert, die beiden haben eine sechsjährige Tochter namens Ginevra. Er nennt seine Partnerin im TV-Studio konsequent "il Presidente del Consiglio" – Ministerpräsident, also männlich. Sie will es so.

"Herr Meloni", wie Giambruno scherzhaft genannt wird, ist 41 Jahre alt und damit fünf Jahre jünger als seine Partnerin; kennengelernt haben sie sich in einem Fernsehstudio. Bis zur Hitzewelle hatte sich Giambruno mit politischen Äußerungen eher zurückgehalten. Wenn überhaupt, erschien er in den Klatschnachrichten: Kürzlich wurde seine neue Frisur diskutiert – unter besonderer Berücksichtigung der bedeutenden Mengen von Haar-Gel, die mit seinem neuen Style einhergingen.

"Wir werden lernen müssen, mit Herrn Giambruno zu leben", schrieb die links-liberale Römer Zeitung "Repubblica" am Freitag resignierend. Ähnlich klang der bürgerliche Mailänder "Corriere della Sera", der die Kritik Giambrunos an Lauterbach zwar "voll und ganz" teilt, aber den Meloni-Lebenspartner daran erinnert, dass es ein Unterschied sei, ob man sich als gewöhnlicher Journalist äußere oder als "fidanzato" der Regierungschefin: "In der Sportbar unter Freunden hätte er das sagen können. Wenn er es öffentlich im TV sagt, dann besteht die Gefahr, dass die Leute denken, Meloni und ihre Regierung seien derselben Meinung" wie er, betonte der "Corriere della Sera". Und vielleicht, fügte das Blatt an, müsse man als Partner der Ministerpräsidentin den Minister einer befreundeten Regierung auch nicht unbedingt duzen.

Giorgia Meloni
... dessen Verlobte, Italiens Ministerpräsidentin Giorgia Meloni, nicht unbedingt lustig finden dürfte.
IMAGO/Fabio Frustaci

Giorgia Meloni hat sich zu den Einlassungen ihres Partners bisher nicht geäußert: Als Giambruno seine Attacke gegen den deutschen Minister ritt, befand sie sich gerade bei US-Präsident Joe Biden, der ihr erklärte, dass es sich beim Klimawandel um "eine existenzielle Krise" handle. Auch die deutsche Regierung hat die Äußerungen des Meloni-Partners bisher nicht kommentiert – sowohl in Rom als auch in Berlin scheint man bemüht zu sein, das Klima nicht zusätzlich aufzuheizen.

Übrigens: Berlusconis Tourismusminister Stefani musste nach seinen Ausfälligkeiten gegen die Deutschen damals den Hut nehmen. Andrea Giambruno wird als "fidanzato" Melonis wohl nicht zurücktreten müssen. Aber vielleicht wird ihm seine Freundin den gleichen Rat geben, den sie auch schon einigen ihrer Minister geben musste: etwas öfter zu schweigen. (Dominik Straub, 28.7.2023)