Die Luftfahrt nähert sich mit schnellen Schritten dem Niveau vor der Pandemie an. Zum Teil sind mehr kommerzielle Flugzeuge in der Luft als jemals zuvor.
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Die Luftfahrtbranche befindet sich in einem neuen Höhenflug: Im ersten Halbjahr 2023 konnte die AUA ihren Umsatz im Vergleich zum Vorjahr um satte 57 Prozent steigern. Der Gewinn vor Steuern entwickelte sich im gleichen Zeitraum von minus 110 auf plus 15 Millionen Euro. Seit Jahresbeginn hat das Unternehmen rund 400 neue Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter angestellt – und mit den positiven Geschäftszahlen ist die Lufthansa-Tochter keineswegs allein.

Video: AUA dreht das Ergebnis im Halbjahr 2023 ins Plus und der Umsatz ist stark gestiegen
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Zuletzt hatten auch die International Airline Group (IAG), zu der etwa British Airways und Iberia gehören, und Air France-KLM Rekordgewinne verbucht. Die IAG hat ihren Gewinn im zweiten Quartal 2023 im Vergleich zum Vorjahr sogar vervierfacht. Ryanair machte im selben Zeitraum ebenfalls viermal so viel Gewinn wie im Vorjahr und übertraf den bisherigen Unternehmensrekord aus dem Jahr 2017. Ähnlich gut sind die Geschäftszahlen des Billig-Airline-Konkurrenten Easyjet.

Während sich europäische Airlines annähernd wieder auf dem Niveau von 2019 befinden, dem letzten Jahr vor der Pandemie, waren im Juli weltweit an bestimmten Tagen so viele kommerzielle Flugzeuge in der Luft wie noch nie. Steigende Preise und Umweltsorgen halten die Menschen also offenbar nicht vom Fliegen ab. Die Fluggesellschaften wollen zwar bis 2050 klimaneutral sein; um diese Ziele zu erreichen, müssten die Tickets aber deutlich teurer werden, sagen Wissenschafter von der ETH Zürich.

Viele Passagiere, hohe Ticketpreise

Die AUA führt ihr gutes Ergebnis auf die hohe Passagiernachfrage nach Ende der Pandemie zurück. "Nach drei harten Jahren sind wir deutlich in den schwarzen Zahlen gelandet und arbeiten nun auf ein sehr gutes Jahresergebnis hin", sagt Airline-Chefin Annette Mann. In der ersten Jahreshälfte transportierte die AUA mehr als sechs Millionen Passagiere, was einem Plus von 47 Prozent entspricht. Ausgelastet waren die Flüge durchschnittlich zu 80 Prozent.

Die AUA-Mutter Lufthansa steuert auf eines der beste Jahre ihrer Geschichte zu. Und auch auf 2024 blicke das Unternehmen mit großen Optimismus, sagt Vorstandschef Carsten Spohr. Derzeit lägen die Buchungen für August bis Dezember bei mehr als 90 Prozent des Buchungsniveaus von 2019, dem Jahr vor Ausbruch der Pandemie. Haupttreiber seinen Privatreisende, und die bisher schleppende Nachfrage von Geschäftsreisenden erhole sich ebenfalls.

British Airways und Ryan Air führen ihre höheren Gewinne ebenfalls auf hohe Passagierzahlen zurück. Mit ein Grund sind aber teurere Tickets. Ryanair hat seinen Umsatz im Vergleich zum Vorjahresquartal um vierzig Prozent gesteigert, gleichzeitig haben sich die höheren Kerosin- und Personalkosten laut den "Financial Times" nur um 23 Prozent erhöht. Und offenbar sind die Passagierinnen und Passagiere bereit, die Ticketpreise zu stemmen: Aufgrund der hohen Nachfrage konnten die Airlines ihre Preise weit über der Inflationsrate erhöhen. Im Vergleich zu letztem Jahr sind die Tickets weltweit um rund ein Drittel teurer geworden.

Flugzeugbauer kommen kaum nach

Derzeit ist die Nachfrage so groß, dass die Flugzeughersteller zum Teil nicht mit der Produktion nachkommen. Die beiden Branchenriesen Airbus und Boeing starteten mit Umsatzeinbußen und Verlusten ins Jahr 2023. Der Grund: anhaltende Probleme bei Zulieferern und fehlende Bauteile. Der Ausblick auf die nächsten Monate ist aufgrund der hohen Nachfrage nach neuen Flugzeugen dennoch gut – vor allem Bestellungen aus Asien sorgen bei den Flugzeugbauern vor volle Auftragsbücher.

Erst unlängst bestellte Indigo, eine indische Billig-Airline, 500 Flugzeuge bei Airbus, die der Konzern zwischen 2030 und 2035 liefern soll – der größte Auftrag in der Geschichte der Luftfahrt. Auch bei Boeing ist die Auftragslage gut: Im Februar bestellte etwa Air India 220 Jets. Laut Boeing wird sich Südasien in den nächsten zwei Jahrzehnten zum Markt mit dem schnellste Wachstum entwickeln. Beide Flugzeughersteller rechnen damit, dass sich die weltweite Flugzeugflotte binnen zwei Jahrzehnten verdoppeln wird.

Luftfahrt will 2050 klimaneutral sein

Klimaforscherinnen und Klimaforscher sind sich jedenfalls einig, dass eine Reduktion des Flugverkehrs notwendig wäre, um die Klimaziele zu erreichen. Die Fluggesellschaften wollen bis 2050 klimaneutral sein – vor allem mithilfe von CO2-neutralen Treibstoffen. Eine Analyse der Schweizer Hochschule ETH Zürich kam jüngst allerdings zum Ergebnis, dass sich das nicht ausgehen wird. Die Wissenschafter plädieren deshalb für eine drastische Preissteigerung. "Um die tatsächliche Klimawirkung umfassend auszugleichen, müsste ein Ticket im Vergleich zu heute etwa das Dreifache kosten", sagte Studienautor Romain Sacchi. (Jakob Pflügl, 3.8.2023)