Pflegenostand
Schätzungen zufolge haben im Zuge der Corona-Pandemie zehn bis 15 Prozent den Pflegeberuf an den Nagel gehängt.
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Gesperrte Betten, zu wenig Personal, Überlastung: Die Pflegekrise ist in Österreich spätestens seit der Corona-Pandemie für viele Menschen hautnah spürbar. Schätzungen zufolge haben seither aufgrund der nicht mehr zumutbaren Bedingungen etwa zehn bis 15 Prozent den Beruf verlassen. Dies seien alles Löcher, die es dringend zu stopfen gilt, sagte der Direktor des Ausbildungszentrums West (AZW), Walter Draxl, am Montag im Ö1-"Morgenjournal".

Und Draxl gab der Bundesregierung auch gleich einen Vorschlag mit – als eine Art Zwischenlösung. "Ich würde der Bundespolitik dringend raten, aus dem Topf der Pensionisten zu fischen." Ihnen müsste ein attraktives Angebot gemacht werden, "mit Sozialversicherungsbeiträge Richtung null und Lohnsteuererleichterungen", schlägt Draxl vor.

Maßnahme für drei bis fünf Jahre

Grundsätzlich würden zwar aktuell genügend Menschen eine Ausbildung beginnen, bis diese aber die enorme Personallücke in den Heimen und Spitälern füllen können, brauche es eine Überbrückung. Für den AZW-Direktor führt daher kein Weg an kurzfristigen Maßnahmen und Steuererleichterungen für arbeitswillige Pensionistinnen und Pensionisten vorbei. Damit lasse sich die Lücke in drei bis fünf Jahren wieder schließen, so Draxls Prognose.

Auch Pflegeexpertin Elisabeth Rappold spricht sich dafür aus, Pensionisten gezielt anzuwerben. Steuerliche Anreize seien dafür jedenfalls notwendig. "Wenn ich einen Nachteil finanzieller Natur in der Pension erlebe, wenn ich arbeiten gehe, werde ich das natürlich nicht machen", sagt Rappold.

Keine pflegefremden Tätigkeiten mehr

Allerdings brauche es weitere Maßnahmen. Hier nennt Rappold einerseits "Job-Rotations" mit flexibel einsetzbarem Personal sowie bessere Rahmenbedingungen. "Wesentlich ist, dass das Pflegepersonal von pflegefremden Tätigkeiten entlastet wird." Da gehe es etwa um hauswirtschaftliche und logistische Tätigkeiten, die andere Berufsgruppen leicht übernehmen könnten.

Von der Bemühung der Bundesregierung, Pflegekräften aus Drittstaaten zu rekrutieren, verspricht sich Rappold indes keine schnellen Lösungen. "Eine Umstellung von Nostrifikationsverfahren geht natürlich nicht von heute auf morgen." Hier müsse man Kurse anbieten, um Verfahren schneller abwickeln zu können. Die größte Herausforderung seien allerdings die Deutschkenntnisse. (red, 8.8.2023)