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Fünf Aktivitäten gelten als besonders stimmungsaufhellend. Zwei kanadische Psychologinnen haben sich die Studien über diese angeblichen "Glücklichmacher" angesehen, von denen letztlich nur zwei harten wissenschaftlichen Kriterien standhielten.
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Der Weltglückstag war schon am 20. März. Es gibt aber auch den Happiness Happens Day, und der ist heute, am 9. August. Gefeiert wird der vor allem in den USA. Dort steht "Life, Liberty and the pursuit of Happiness" sogar in der Unabhängigkeitserklärung. Wir Medien – DER STANDARD natürlich eingeschlossen – haben immer wieder Tipps, wie das Streben nach Glück gelingt, oder konkreter: was als Stimmungsaufheller und "Glücklichmacher" tatsächlich funktioniert. Im Normalfall wird dabei auf wissenschaftliche Studien zurückgegriffen, die angeblich bewiesen haben, das diese oder jene Aktivität stimmungsaufhellend wirkt.

Als die klassischen fünf Ratschläge gelten aktuell meditieren, Bewegung machen, Zeit in der Natur (insbesondere in Wäldern oder am Meer) verbringen, soziale Kontakte pflegen und Dankbarkeit zeigen. Das sind auch die jene Tipps, die von Google auf die Frage "Was macht glücklich?" am häufigsten ausgeworfen werden – natürlich wieder basierend auf Medienberichten.

Gründliche Literaturstudie

Doch was davon ist auch wissenschaftlich gut abgesichert? Mit dieser Frage wurde vor ein paar Jahren auch die Psychologin und Glücksforscherin Elizabeth Dunn (Universität von British Columbia in Kanada) – natürlich von einem Journalisten – konfrontiert und konnte damals keine eindeutige Antwort geben. Denn viele Glücksstudien, die zu den fünf Empfehlungen beitragen, sind schon etwas älter und stammen aus Zeiten, als die statistischen Kriterien für wissenschaftliche Evidenz weniger streng waren.

Also durchforstete Dunn mit ihrer Doktorandin Dunigan Folk die wissenschaftliche Literatur, um die jeweiligen Belege für die Auswirkungen dieser fünf Stimmungsaufheller zu überprüfen. Diese neue Metastudie, die kürzlich im Fachblatt "Nature Human Behaviour" veröffentlicht wurde, ist ein gutes Beispiel dafür, wie sich in der Psychologie und verwandten Fächern in den letzten zehn Jahren die Standards verschoben haben und strenger wurden.

Macht ein Beatles-Song jünger?

Diese Veränderungen gehen auch auf eine Studie zurück, die 2011 nachdrücklich vor Augen führte, wie sich durch nachträgliche Veränderungen im Studiendesign und Manipulationen bei der Auswertung – Stichwort: p-Hacking – Forschungergebnisse vortäuschen lassen. Die Forschenden konnten damals mithilfe einiger statistischer Tricks zeigen, dass Menschen, die den Beatles-Song "When I'm Sixty-Four" hörten, angeblich um ein halbes Jahr jünger wurden. Der Titel des Artikels machte freilich klar, um was es den Autoren dabei eigentlich ging: das Erkennen und Widerlegen von "False-positive Psychology".

Gegen "falsch-positive" Ergebnisse rückten nun auch die beiden kanadischen Psychologinnen an. Dunn und Folk fanden bei ihrer Literaturrecherche insgesamt 494 von Fachkollegen begutachtete Arbeiten, bei denen an gesunden Menschen getestet wurde, wie sich eine der fünf Glücksstrategien im Vergleich zu einer Kontrollgruppe bewährte. Doch als sie Studien mit einem unzureichenden Forschungsdesign oder zu kleinen Probandenzahlen aussortierten, blieben nur noch 57 wissenschaftlich solide Studien übrig. Diese verbleibende Untergruppe der Studien erfüllte mindestens eine der folgenden Bedingungen für gute Wissenschaft: Sie umfassten entweder eine ausreichende Anzahl von Studienteilnehmern oder die Forschenden hatten sich auf Hypothesen festgelegt, bevor sie ihre Daten analysierten.

Zwei von fünf wirken sicher

Bei der Auswertung dieser verbleibenden Untersuchungen konnten nur zwei der fünf Ratschläge als bestätigt werden: Studien, die nachweisen wollten, dass Zeit in der Natur zu verbringen, zu meditieren und Sport zu treiben glücklich mache, lieferten keine hinreichenden Evidenzen. Für die anderen beiden Tipps – Dankbarkeit zeigen und soziale Kontakte, indem etwa Gespräche mit unbekannten Personen gesucht werden – fanden sich hingegen "einigermaßen solide Beweise" dafür, dass solche Aktivitäten die Stimmung verbessern. Insbesondere für die sozialen Kontakte ist die Evidenzlage sehr gut, nicht zuletzt dank der am längsten laufenden Glücksforschungsstudie, über die auch der STANDARD ausführlich berichtete.

Postskriptum: Die neue Metastudie selbst ist übrigens wieder von Fachkolleginnen und Fachkollegen auf Nachfrage des Science Media Centre London kommentiert wurden. Die Reaktionen fielen überwiegend positiv aus, dass die Arbeit die höheren Standards reflektiere, die mittlerweile in der Psychologie herrschen. Einige der Expertinnen und Experten gaben aber auch zu bedenken, dass die drei Glücksstrategien, für die sich nicht genügend Evidenz fand, dennoch funktionieren könnten. Es brauche allerdings bessere Studien, um das zu beweisen. (Klaus Taschwer, 9.8.2023)