Renault Clio V
Wenn ein Auto nach einer Muse benannt ist, darf man humanistisch gebildete Menschen dahinter vermuten.
Renault

Erato, Euterpe, Kalliope, Klio, Melpomene, Polyhymnia, Terpsichore, Thalia, Urania. Sie hätten das ohnehin gewusst, der STANDARD erfreut sich schließlich einer hochgebildeten Leserinnenschaft. Warum Renault dieses Auto aber gerade nach der Muse der Geschichte und nicht etwa jener der Liebesdichtung, Erato, benannt hat, erklärt sich über die Zeit: Den Clio, Nachfolger des nicht minder legendären R5, gibt es seit 33 Jahren, seitdem hat er sich 16 Millionen Mal verkauft und so als Kleinwagen auch im Absatzkapitel Geschichte geschrieben: bestverkauftes französisches Auto weltweit.

Die fünfte Generation ist seit Ende 2019 auf dem Markt, Zeit also für ein Facelift, das durchaus gründlich ausgefallen ist, vom Design bis zu den technischen Ingredienzien.

Neuerscheinung

Beim Clio trete erstmals in einem Serienmodell die "Nouvelle Vague"-Neuheitenflut in Erscheinung, führte Renault bei der Präsentation in und um Brüssel aus. Zwar sei das im Frühjahr 2024 startende SUV-Coupé Rafale das erst komplett neue derartige Fahrzeug, das Clio-Facelift ist aber früher marktrelevant, nämlich schon ab Herbst.

Ästhetisch lassen sich die Hauptauswirkungen in der Front festmachen – speziell in der Leuchtengrafik, die "jeweils spiegelverkehrt beide Hälften des Renault-Rhombus nachzeichnet". Auch das Heck wurde modernisiert. Inspiriert sei der Ansatz von der hauseigenen Sportwagenmarke Alpine und der Formel 1, Ziel: "Mehr Vibrationen" im Wahrnehmungsapparat der Klientel, so die Erwartungshaltung.

Im Interieur stand der Fokus auf Nachhaltigkeit und höherwertigem Materialeindruck, Übung gelungen, lässt sich nach der ersten Ausfahrt festhalten – zumindest in der Top-Ausstattungsversion Esprit Alpine.

Renault Clio V
Der Clio V ist vorbildlich durchdacht.
Renault

Gestrafftes Angebot

Auffälliges Detail ist die flache Trikolore rechts am Armaturenträger, passt gerade dieser Tage perfekt, 14. Juli, Bastille, Nationalfeiertag und so. Ob man zum 26. Oktober das Esprit-Alpine-Paket in den österreichischen Farben – abgeleitet vom blutbesudelten Waffenrock des kreuzfahrenden Babenbergerherzogs Leopold V. – ordern könne, wurde bei der Präsentation jedoch abschlägig beschieden.

Wenn wir schon bei den Ausstattungslinien sind: Renault strafft das Angebot und reduziert so die Komplexität. Statt bisher sechs Linien gibt es künftig nur mehr dreie: Evolution, Techno und, wie gesagt, Esprit Alpine.

Zur Fahrpräsentation kredenzte Renault den E-Tech Full Hybrid 145 Esprit Alpine zur Degustation, den maximalen Clio mithin, der ab 27.590 Euro kostet, für die restlichen, günstigeren Clios stehen die Preise noch nicht fest.

Erster Eindruck? Prima Sitze, die zudem zu 72 Prozent aus Rezyklat bestehen. Die Lenkung wirkt ein wenig indifferent, das Fahrwerk aber gekonnt abgestimmt mit Tendenz zu Komfort. Full Hybrid 145 steht für den markentypischen Hybridantrieb, bei dem zwei E-Motoren mit 36 kW (49 PS) und 15 kW (20 PS) mit einem 1,6-Liter-Vierzylinder-Benziner mit 69 kW (94 PS) kooperieren, wovon sich eine Systemleistung von 105 kW (143 PS) herleitet. Kapazität der Batterie (unterm Kofferraum): 1,2 kWh. Kernstück ist eine sequenzielle Multi-Mode-Automatik, und im Normtestzyklus wurden 4,3 l / 100 km Verbrauch ermittelt.

Renault Clio V
Mit dem Clio hat Renault, wie beabsichtigt, Kleinwagengeschichte geschrieben.
Renault

Angemessen motorisiert

Wie sieht es damit im echten Leben aus? Im tendenziell flachen Belgien errechnete uns der Bordcomputer einen Wert von knapp unter fünf Litern, und dass der Clio damit angemessen motorisiert ist, braucht nicht extra betont zu werden. Ob das auch bei den anderen beiden verfügbaren Triebwerken der Fall sein wird (49 und 67 kW / 67 und 91 PS), wird sich zeigen, die Zielgruppe ist jedenfalls wenig fixiert auf Hoch- und Höchstleistung, es sei denn jene, die auf eine Neuauflage der RS-Version spitzt – Renault winkt ab, Spaß muss sein, so viel im Clio aber nicht mehr.

Ja, und der Diesel, Renault ist schließlich bekannt für exzellente Beiträge in der Selbstzünder-Fraktion? Ein Aggregat führt man noch im Angebot, mit 73 kW (100 PS), es wird aber in Österreich gar nicht erst angeboten. Der spritzige und sparsame Hybridantrieb solle die Rolle übernehmen, Renault-Österreich-Sprecherin Valeska Haaf prognostiziert, dass zwischen zehn und 20 Prozent der Clio-Kundschaft zu dieser Antriebsversion greifen werden.

der Standard

Wer vollen Zugang zur digitalen Welt sucht, wird ebenfalls fündig, auf- bzw. nachgerüstet wurde bei den (Sicherheits-)Assistenzsystemen, wir erwähnen nur den automatischen Notbremsassistenten, den adaptiven Tempomaten und die 360-Grad-Rundumkamera.

Wie es weitergeht mit der für Renault so enorm wichtigen Baureihe? Dem Clio V wird definitiv ein Clio VI folgen, hieß es. Denn man wolle beide Schienen bedienen, die konventionell motorisierte und die rein elektrische (neuer Renault 5!). Anders als Konkurrent Peugeot setzt Renault dabei aber nicht auf Misch-, sondern auf getrennte Plattformen. (Andreas Stockinger, 15.8.2023)