Finanzminister Christian Lindner (FDP) und Kanzler Olaf Scholz (SPD).
AP/Markus Schreiber

Berlin – Die deutsche Regierung beendet ihre Sommerpause mit einem Streit über geplante Steuersenkungen, die Finanzminister Christian Lindner (FDP) am Mittwoch auf den Weg bringen wollte. In der Ampelregierung gelang trotz Verhandlungen bis tief in die Nacht und bis unmittelbar vor der Kabinettssitzung keine Einigung beim sogenannten Wachstumschancengesetz, wie die Nachrichtenagentur Reuters erfuhr. Daher kam das Gesetzesvorhaben entgegen der Planung nicht auf die Tagesordnung des Kabinetts.

Der Gesetzesentwurf sieht knapp 50 Maßnahmen vor und soll die Wirtschaft mit einem Steuerpaket entlasten. Kernelement des Wachstumschancengesetzes ist eine Prämie für Investitionen in den Klimaschutz. Generell sollen die Maßnahmen helfen, die lahmende Konjunktur in Deutschland wieder anzukurbeln. Laut einem Reuters vorliegenden überarbeiteten Referentenentwurf würde die Entlastung in den Jahren 2025, 2026 und 2027 am stärksten ausfallen – mit Beträgen von 7,56 Milliarden, 9,38 Milliarden und 6,5 Milliarden Euro.

Begründet wurde die ausbleibende Einigung unter anderem damit, dass Familienministerin Lisa Paus (Grüne) das Vorhaben mit Forderungen zur Kindergrundsicherung verknüpft habe. In Regierungskreisen war von massiver Verärgerung über das Vorgehen von Paus die Rede.

Debatte über Höhe von Kindergrundsicherung

Für die deutsche Regierung bedeutet das einen schlechten Start mit der ersten Kabinettssitzung seit drei Wochen. Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hat jüngst noch auf größere Geschlossenheit nach den von Streit etwa über das Heizungsgesetz geprägten Wochen vor der Sommerpause gedrängt. Lindner sagte eine für Mittwoch geplante Pressekonferenz zum Wachstumschancengesetz kurzfristig ab. Diese hatte er am Montag ankündigen lassen, obwohl in der Regierung noch keine Einigung bestand.

"Die Meinungsbildung innerhalb der Grünen zum Wachstumschancengesetz ist noch nicht ganz abgeschlossen", hieß es am Dienstagabend in Regierungskreisen. Zuvor hatte das "Handelsblatt" berichtet, dass Paus ein Steuerentlastungsvolumen von mehreren Milliarden Euro für Unternehmen für zu hochhalte, wenn Lindner nicht gleichzeitig mehr Geld für die ab 2025 geplante Kindergrundsicherung zur Verfügung stelle. Sie habe daher ein Veto eingelegt.

Zusage vom Wirtschaftsministerium

In Teilen der Regierung hieß es am Mittwoch, das Wirtschaftsministerium unter Vizekanzler Robert Habeck (Grüne) sei zu einer Einigung bereit gewesen. Paus sei in ihrer ablehnenden Haltung aber von Umweltministerin Steffi Lemke (Grüne) unterstützt worden. Vom Familienministerium war eine Stellungnahme zunächst nicht zu erhalten.

Auf der Tagesordnung standen weitere Vorhaben, die vom Kabinett gebilligt wurden – etwa Vorgaben für die kommunale Planung zur Energieversorgung beim Heizen und auch das Haushaltsfinanzierungsgesetz, das Einsparungen etwa beim Elterngeld und bei den Bundeszuschüssen zur Renten- und Pflegeversicherung vorsieht. Auch ein Gesetzesentwurf zur Teillegalisierung von Cannabis passierte das Kabinett. (APA, 16.8.2023)