
Spotify ist längst nicht mehr nur ein Musikstreaming-Service, sondern auch der Marktführer, wenn es um Podcasts geht. Ein gar nicht mehr so neuer Trend macht dem schwedischen Unternehmen aber zunehmend zu schaffen: Podcasts mit weißem Rauschen. Diese sind trotz ihres offensichtlichen Mangels an Inhalten immens populär.
Insgesamt drei Millionen Stunden werden täglich gehört, obwohl es sich nur um Rauschen handelt. Viele Menschen nutzen die White-Noise-Podcasts als Einschlafhilfe, zur Entspannung, beim Lesen oder bei der Konzentration auf die Arbeit. Viele Eltern schwören auf die beruhigende Wirkung des Hintergrundrauschens auf den ansonsten schlaflosen Nachwuchs. Für Anbieter sind derartige Podcasts eine Goldgrube: Die Produktionskosten sind äußerst gering, die Hörerschaft aber umso größer. Das führte dazu, dass derartige Sendungen ohne eigentlichen Inhalt wie die sprichwörtlichen Schwammerln aus dem Boden schossen, wie Bloomberg in einem aktuellen Artikel berichtet. Bis zu 18.000 Dollar im Monat lassen sich mit Meeresrauschen oder Vogelgezwitscher in Dauerschleife verdienen.
Spotify widerruft die Pläne
Umgekehrt bedeutet das für Spotify: Man hostet eigentlich leeren Content, was enorme Kosten verursacht, wie aus einem internen Dokument hervorgeht. So könnte sich das Unternehmen 35 Millionen Euro im Jahr ersparen, wenn es den Upload von Podcasts mit weißem Rauschen verbieten würde. Dabei hat Spotify das Problem selbst zu einem erheblichen Teil mitverursacht. Da der eigene Vorschlagsalgorithmus jahrelang "Gesprächsinhalte" wie Podcasts gegenüber Musik bevorzugt hatte, wurde auch das weiße Rauschen nach oben gespült – und die Userinnen und User bissen an. Die Pläne, White-Noise-Podcasts zu verbieten, seien laut Spotify aber mittlerweile verworfen worden. "Der fragliche Vorschlag wurde nicht umgesetzt – wir haben weiterhin White-Noise-Podcasts auf unserer Plattform", antwortete ein Spotify-Sprecher auf eine Anfrage von Bloomberg.
Oder doch nicht?
Dieser Darstellung widersprechen allerdings einige Produzenten via Reddit. Demnach sind einige Rausch-Podcasts von den Konten "verschwunden". Ein White-Noise-Podcaster, der anonym bleiben möchte, erklärte, dass seine Episoden in diesem Jahr bereits zweimal von Spotify verschwunden seien. Beim ersten Mal war die Episode rund drei Wochen lang verschwunden. Für den Ersteller ein herber finanzieller Verlust, geht es doch um rund 50.000 Downloads pro Tag.
Weißes Rauschen auch in der Musikbranche
Nicht nur im Podcast-Business, sondern auch in der Musikindustrie herrscht aktuell wenig Freude mit dem rauschenden Content. Der CEO der Universal Music Group, Lucian Grainge, und der CEO von Warner Music, Robert Kyncl, haben beide ihren Unmut darüber geäußert, dass mit Rauschen gefüllte Songs aus demselben Tantiemenpool bezahlt werden wie ihre Superstars. (red, 21.8.2023)