Bild von einem Strand mit einem Kureuzfahrtschiff.
Recht schnell ist klar, dass das Kreuzfahrtschiff via KI-Tool in das Bild montiert wurde. Was weniger schnell ersichtlich ist: Es wurde auch der Himmel ausgetauscht und eine Person im Vordergrund entfernt.
Stefan Mey

Wir campen nicht auf einem überfüllten Campingplatz, sondern haben unser Zelt in der einsamen Wildnis aufgeschlagen. Auf Mallorca waren wir die einzigen Touristen weit und breit. Im indischen Goa liegt natürlich kein Müll am Straßenrand. Und überhaupt war der Himmel überall strahlend blau. Dieser Eindruck entsteht zumindest, wenn man sich im Spätsommer 2023 die Urlaubsfotos der Bekannten auf Social Media ansieht. Zeitgleich überschlagen sich Fachmagazine für Fotographie geradezu mit Jubelmeldungen, dass es auch für Laien immer einfacher werde, Fotos überzeugend zu manipulieren.

Unerwünschte Objekte in Fotos entfernen

Dabei geht es nicht nur um Tools der in den vergangenen Monaten so stark gehypten generativen künstlichen Intelligenz, wie sie sich in Programmen wie Midjourney und Stable Diffusion finden. Sondern auch um Funktionen, die bereits fix in Adobes Bildbearbeitungssoftware Photoshop integriert wurden und teils auch kostenlos auf Smartphones verfügbar sind.

So kann in Photoshop ein unerwünschtes Objekt mit drei Klicks entfernt werden, indem es markiert, rechts angeklickt und anschließend der Menüpunkt "Inhaltsbasierte Füllung" gewählt wird. Auf manchen Android-Smartphones lässt sich diese Funktion gleich in der vorinstallierten, kostenlosen Fotos-App durchführen, indem man auf "Bearbeiten" tippt und unter den Tools anschließend die Funktion "Magischer Radierer" auswählt. Wer anschließend das unerwünschte Objekt markiert, kann es problemlos entfernen. Perfekt sind solche Bearbeitungen nicht immer – aber beim raschen Durchwischen eines Social-Media-Feeds fällt das kaum auf.

Schönerer Himmel auf Urlaubsfotos

Ebenso schafft Software Abhilfe, wenn das Aussehen des Himmels nicht den Vorstellungen entspricht. In Photoshop gelingt das, indem im "Bearbeiten"-Menü die Funktion "Himmel austauschen" gewählt wird, anschließend können diverse Einstellungen vorgenommen werden. In der Google-Fotos-App, die auf vielen Android-Smartphones von Haus aus installiert ist, kann zwar weniger eingestellt werden, doch auch hier findet sich eine entsprechende Option im Menüpunkt "Tools"/"Himmel".

Hinzu kommen diverse andere Werkzeuge, die aus heutiger Sicht schon geradezu banal wirken. So kann auch auf Smartphones der Hintergrund nachträglich weichgezeichnet werden, um Porträts besser wirken zulassen. Bilder werden seitlich zugeschnitten, um unliebsame Objekte und Personen am Rand loszuwerden. Und aus einer Abfolge mehrerer hintereinander geschossener Gruppenfotos kann jene Version gewählt werden, auf der alle Personen im Bild lächeln. Haben Sie auf Instagram jemals Eltern erlebt, die ein schlecht gelauntes Kind präsentieren? Nein, nie. Die sind immer gut drauf und heulen kein einziges Mal.

Handlungsempfehlung

Wie gehen wir mit dieser neuen Fake-Welt um? Im Idealfall mit einer dualen Strategie. Denn selbstverständlich ist es reizvoll, mit den neuen Tools zu experimentieren und diese für allerlei Kreativprojekte zu nutzen. Das ist auch vollkommen legitim. Gleichzeitig sollte sich jeder Mensch dessen bewusst sein, dass er mit dem Veröffentlichen von stark manipulierten Fotos beim Empfänger eine Schweinwelt suggeriert, die in dieser Form nicht existiert.

Im schlimmsten Fall kann dies beim Gegenüber starkes Unwohlsein verursachen, indem er oder sie sich fragt, warum der Himmel im eigenen Urlaub nicht so blau war oder bloß die eigenen Kinder regelrechte Quälgeister sind, die kaum lachen. Und ist man selbst Empfänger, so gilt im Umkehrschluss freilich: Skeptisch sein, wenn einem auf Instagram schon wieder Bilder vom perfekten Urlaub präsentiert werden. Man sollte halt längst nicht alles glauben, was man im Internet sieht und liest. (Stefan Mey, 24.8.2023)