Inflation, Klimakrise, geopolitische Umwälzungen, Brüche in Wirtschaft und Gesellschaft, die Zeit ist krisenhaft. Dem Luxusmarkt kann das wenig anhaben. Die Luxusgüterindustrie hat sich zuletzt in glänzender Verfassung präsentiert. Teure Autos, schicke Reisen, prächtige Klunker, sündteure Täschchen, für all das finden sich – Krise hin oder her – mehr Abnehmer als je zuvor, zeigt eine Studie der Beratungsgesellschaft Bain & Company. 2022 schwoll der Markt für persönliche Luxusgüter auf 345 Milliarden Dollar um knapp ein Fünftel gegenüber dem Vor-Corona-Jahr 2019 an. Bis zum Ende des Jahrzehnts könnte sich der Umsatz gegenüber 2020 sogar mehr als verdoppeln.

Eine Reihe von gebrauchten Luxus-Sportcoupés steht vor einem McLaren-Händler in Highlands Ranch, im Bundesstaat Colorado, in den USA.
Teure Autos gehören zu den Spielzeugen der Reichen, ein ausgesuchtes Tröpfchen oder eine schicke Reise tut es aber auch.
AP/David Zalubowski

Es sind die Ultrareichen, die das Rad am Laufen halten, aber nicht nur, sagt Bain-Partnerin und Luxusgüterexpertin, Marie-Therese Marek. Zwei Prozent der Kunden machten 2022 über 40 Prozent des Marktes aus. Die Konzentration von sehr viel Reichtum bei sehr wenigen Menschen spiegelt sich auch im Luxusmarkt wider. Diese Konzentration hat in den letzten Jahren sogar leicht zugenommen. Doch die Luxusgüterindustrie ist in Bewegung. Das hat auch mit der Kundengruppe zu tun, sagt Marek. "Die jungen Kunden geben mehr aus, der Anteil junger Kunden am Luxusmarkt steigt." Während bei den Millennials der erste Luxuskauf mit 18 bis 20 Jahren stattfinde, leistet sich die Generation Z den Griff zum Luxus drei bis fünf Jahre früher. Wer hat, der kann. Für diese jungen Menschen gelte aber auch: "Luxus muss Spaß machen." Es muss nicht gleich das Couture-Kleid sein, das lockt. Ohnehin ist es nur für wenige erschwinglich. Luxus gibt es auch für weniger Geld, die Industrie macht's möglich und hat deswegen Schönheitsprodukte oder Accessoires wie Lippenstift oder Sneakers im Angebot. Früh übt sich, wer Meisterschaft erlangen und die Früchte auf Instagram und Co herzeigen will.

Hyper-Exklusives

In den ersten drei Monaten 2023 dürfte der Umsatz der Edelmarken bei hochwertiger Kleidung, Schuhen, Lederwaren, Parfüm und Schmuck im Vergleich zum Vorjahresquartal um bis zu elf Prozent zugenommen haben. Für das Gesamtjahr 2023 wird das Plus je nach Konjunkturentwicklung voraussichtlich zwischen fünf und zwölf Prozent betragen. Doch auch die Superreichen haben andere Ansprüche, ist Marek überzeugt. Während Luxus vor 30 Jahren bedeutet habe, sich ein Statussymbol zu leisten, gehe es mittlerweile um einen Code für Werte und Selbstverwirklichung. "Das gilt weltweit. Die Ausgaben für Statement-Pieces, also Objekte, die Aufmerksamkeit erregen und klar erkennbar sind, steigen. Das sehen wir auch in Österreich." Wer etwas verkaufen will, muss also auch Hyper-Exklusives bieten. Den Code verstehen selbstverständlich nur Eingeweihte. Ob die sündteure Kelly-Bag von Hermés aus der Limited Edition stammt oder möglicherweise schon einige Jahre auf dem Buckel hat, auch das kann Signale aussenden. Man kann sie so oder so deuten. Wer guten Willens ist, erkennt darin den Griff zu den langlebigen Werten.

Eine Kunding hält ihre Katze auf der Royal Albatross, einem luxuriösen Großsegler, der in den Gewässern Singapurs Segelerlebnisse anbietet, bei denen Haustiere erlaubt sind.
Abenteuerlustige in Singapur können ihre Stubentiger auf luxuriöse Kreuzfahrten in den Sonnenuntergang mitnehmen – kostet eine Kleinigkeit, ist aber fix Insta-tauglich. Herz, was begehrst du mehr?
AFP/ROSLAN RAHMAN

Auch das ist nämlich ein Trend. Ohne Nachhaltigkeit tut es die Luxusgüterindustrie nicht mehr, sagt Marek. "Eine Produktionsstätte, wo unmenschliche Bedingungen herrschen, das geht heute nicht mehr." Es klingt fast ironisch: Jene Käuferschicht, die dank ihres Wohlstands einem ressourcenfressenden Lebensstil frönt, schaut auch auf "Weltverträglichkeit". Dafür wiederum ist nach Einschätzung Mareks auch der junge Neuzugang am Markt zuständig: "Für die jüngere Kundengruppe ist Nachhaltigkeit ein großes Thema."

Touristen sind zurück

Wie sieht es nun in den verschiedenen Weltregionen aus? Auch darauf wirft die Studie Schlaglichter: Europa hat ein starkes erstes Quartal 2023 verzeichnet, was sich vor allem der Kauffreude der besonders Wohlhabenden verdankt. Dass der internationale Tourismus nach dem weltweiten Ende der Corona-Restriktionen zurückgekehrt ist, hat das Luxusgeschäft zusätzlich belebt. Die Öffnung Chinas nach dem Ende der Pandemie hat dort bereits zum Neujahrsfest 2023 einen Boom ausgelöst. Etliche Marken werden dieses Jahr im chinesischen Inland wieder ihr Umsatzniveau von 2021 erreichen. Noch stärker profitieren indes die Luxuslabels in Macau oder Hongkong von der Reisefreude und Ausgabelust der chinesischen Kundschaft.

Getrübt ist die Kauflaune der Amerikaner. Das Auslaufen der staatlichen Corona-Unterstützungsmaßnahmen schlägt den US-Bürgern und US-Bürgerinnen offenbar aufs Gemüt. Da hilft es auch nicht, dass es am finanziellen Können nicht scheitern kann: Insgesamt haben die Menschen in den USA rund 900 Milliarden Euro auf der Kante. Geht man auf Reisen, lässt man offenbar auch die Sorgen zurück. Wenn Luxus, dann unterwegs, lautet die Devise. (Regina Bruckner, 30.8.2023)