Fotografie von Romana Hagyo / Silke Maier-Gamauf
Dieses Jahr lief bereits die Abschluss-Ausstellung des ersten Calls "On the Road Again - Künstler*innen einmal fast um die Welt" im Künstlerhaus Wien.
Hagyo & Maier-Gamauf/Bildrecht

Wien - Nach dem großen Erfolg der in der Coronazeit geborenen Idee, neue künstlerische Arbeiten bzw. ortsspezifische Installationen für Österreichische Kulturforen auszuschreiben, hatte Christoph Thun-Hohenstein, Ex-MAK-Chef und heute Leiter der Sektion Auslandskultur, versprochen: "Es bleibt kein Einzelprojekt." Versprochen - gehalten: Gestern, Dienstag, wurde der zweite Call für Kunstprojekte vorgestellt. Diesmal stehen die Themen Klimawandel und Nachhaltigkeit im Mittelpunkt.

"Wir brauchen in einer Welt, in der wir so viele Probleme haben, unbedingt auch die Vorstellungskraft der Künstler zur Überwindung dieser Probleme", sagte Thun-Hohenstein. "Imagine Climate Dignity: Artistic Collaboration" ist der Titel der Ausschreibung, deren Siegerprojekte 2024 an 15 Kulturforen umgesetzt werden sollen. "Climate Dignity" sei ein neuer Begriff, angelehnt an eine Aussage des Philosophen Hans Jonas, wonach der Mensch seine Würde erst wiedererlangen werde, wenn er der Natur ihre Würde zurückgegeben habe, so der Auslandskultur-Chef.

Würde des Menschen

Der Call läuft von 30. September bis 15. November. Die erste, 2021 getätigte Ausschreibung zum Thema "Gesellschaft im Umbruch" hatte 478 Einreichungen zur Folge. Diesmal werden ausdrücklich Kooperationen gesucht, weshalb die einzelnen Projektbudgets von 7.000 auf 12.000 Euro angehoben wurden. "Ich hoffe, dass durch den neuen Call nachhaltige künstlerische und die Welt umspannende Partnerschaften initiiert werden", unterstrich Außenminister Alexander Schallenberg (ÖVP) in einem schriftlichen Statement die angestrebte Zusammenarbeit mit Partnern aus anderen Staaten, insbesondere aus EU-Beitrittskandidatenländern.

Heimischer Partner bleibt das Künstlerhaus Wien, das bereits heuer die Abschluss-Schau des ersten Calls, "On the Road Again - Künstler*innen einmal fast um die Welt", beherbergt hatte. "Das war wirklich erfolgreich. Schön, dass es keine Eintagsfliege war", sagte Günther Oberhollenzer, der Künstlerische Leiter des Hauses, das im Frühjahr 2025 erneut die abschließende gemeinsamen Gruppenausstellung zeigen und das ganze Jahr 2025 unter das Motto "Imagine" stellen wird. Das Zusammendenken von Kunst und Wissenschaft einerseits sowie von Mensch und Natur andererseits sei dem Künstlerhaus ein großes Anliegen, unterstrich er. "Wer die Würde der Natur verletzt, beschädigt letzten Endes auch die Würde des Menschen."

Kooperation mit Klima-Biennale

Nach der noch bis 17. September laufenden Mitgliederausstellung "Human_Nature" eröffnet Oberhollenzer am 4. Oktober die erste unter seiner Leitung verantwortete Schau "Systemrelevant", in der er anregen möchte, über den Wert der Kunst für unsere Gesellschaft nachzudenken. Für 2024 kündigte er zwei Ausstellungen in Kooperation mit der Klima-Biennale an.

Eine Jury, in der neben Thun-Hohenstein und Oberhollenzer auch Künstlerhaus-Präsidentin Tanja Prušnik, Künstlerin Deborah Sengl und "Parnass"-Chefredakteurin Silvie Aigner vertreten sind, erstellt bis Mitte Jänner 2024 Shortlists für die 15 Destinationen und ermittelt anschließend gemeinsam mit der Leitung des jeweiligen Kulturforums das finale Gewinnerprojekt. Beteiligt sind die Kulturforen in Belgrad, Brüssel, Istanbul, Kairo, London, Madrid, New Delhi, New York, Peking, Prag, Rom, Sarajewo, Tel Aviv, Tokio und Warschau.

Der Klimawandel sei die brennendste Frage unseres Zeitalters, betonte Thun-Hohenstein "am Ende eines Sommers, der uns fast jeden Tag neue Nachrichten dazu gebracht hat". Die Einreichungen sollen sich mit künftigen nachhaltigen Lebens- und Wirtschaftsmodellen ebenso beschäftigen wie mit der Rolle von künstlerischen Konzepten bei ihrer Etablierung. Die über allem stehende zentrale Frage, so Oberhollenzer, sei aber: "Wie weit kann Kunst auch wirklich gesellschaftsverändernde Kraft entfalten?" (APA, 30.8.2023)