
Am Mittwoch, um 10.30 Uhr, war es so weit. Bayern München hat Christoph Freund, den neuen Sportdirektor, in der Allianz Arena präsentiert. Das Amt tritt er offiziell am 1. September an. Ob er dann am Samstag im Spiel bei Borussia Mönchengladbach auf der Tribüne oder der Betreuerbank sitzt, "werde ich mit Trainer Thomas Tuchel besprechen". Freund wirkte zwar ein bissel nervös, aber doch souverän. "Sie haben das richtig gut gemacht", sagte er angesichts der bisherigen Sommertransferbilanz um Harry Kane, Min-Jae Kim und Co. Er selbst war dabei "nicht involviert. Ich musste und wollte mich um Salzburg kümmern."
Freund besitze einen "exzellenten Ruf, was das Scouting, die Talententwicklung betrifft. Er ist klar im Kopf", sagte der Münchner Vorstandsvorsitzende Jan-Christian Dreesen zu Beginn der 30-minütigen Pressekonferenz. Dieses "Auge" für die Talente von morgen erwarte man nun auch an der Säbener Straße. Dreesen bestätigte indirekt, dass Salzburg für Freund, der einen Vertrag bis 2026 hatte, eine Ablöse kassiert hat. Über Summen spricht man bei den Bayern nicht, Freund hat bis 2027 unterschrieben.
"Wir müssen diesen Spagat schaffen, dass wir auch eigene Talente an die erste Mannschaft heranführen und trotzdem noch besser werden können", sagte Freund, der Richard Kitzbichler aus Salzburg mitnimmt. Jedoch braucht es bei Bayern dafür ein anderes Konzept als in Salzburg. Schließlich sei "der Sprung ein ganz anderer". Er wolle nun "ankommen, die Leute kennenlernen, den Verein inhalieren". Ob er später auch das Amt des Sportvorstands anstrebt, "weiß ich nicht, ich habe keinen Karriereplan".
Vor dem Jobwechsel gab er dem STANDARD ein Interview. Stressbedingt wurde es per E-Mail, also schriftlich, geführt. Fragen zu den Bayern wurden zwar gestellt, aber nicht beantwortet, der neue Arbeitgeber wollte es so. Was im internationalen Fußball gar nicht unüblich ist. Somit war es eine nostalgische Angelegenheit, Freund ließ die Zeit bei Salzburg, wo er acht Jahre Sportdirektor war (acht Meistertitel, sechs Cupsiege) Revue passieren.
STANDARD: Mit welchem Gefühl verlassen Sie Red Bull Salzburg? Und warum überhaupt?
Freund: Meine Gefühle sind aktuell noch ein wenig zwiegespalten. Ich war ja insgesamt 17 Jahre beim Klub, habe so viel erlebt und gesehen. Da ist der Gedanke, künftig woanders zu arbeiten, noch ein wenig ungewohnt. Aber dann ist da auch noch die große Freude auf meine neuen Aufgaben beim FC Bayern München, einem der größten Vereine der Welt. Da bin ich mit viel positiver Energie dabei, gehe aber auch nicht blauäugig an die Sache heran.
STANDARD: Ist Salzburg bereits am Zenit? Wurde das Maximum erreicht, zumal einem österreichischen Klub doch Grenzen gesetzt sind? Die heimische Bundesliga ist nicht die deutsche Bundesliga und schon gar nicht die Premier League.
Freund: Red Bull Salzburg hat in den vergangenen Jahren 17 von 20 möglichen Titeln in Österreich gewonnen. Zudem steht der Klub schon zum fünften Mal in Serie in der Gruppenphase der Champions League, was ja lange Zeit nicht gelungen ist. Und wenn man sich dann auch noch die Leistungen dort anschaut, gegen Gegner, die in Europa zu den Top-Klubs gehören, denke ich schon, dass wir da ziemlich am oberen Limit gespielt haben. Da bleibt kaum noch Raum nach oben, es noch besser oder erfolgreicher zu machen. Deshalb wäre es ein sinnvolles Ziel für die Zukunft, diese Erfolge zu bestätigen und dabei den Weg fortzusetzen, mit dem all das möglich war. Ich bin total davon überzeugt, dass dies dem bestehenden Team rund um Stephan Reiter, meinem Nachfolger Bernhard Seonbuchner und Trainer Gerhard Struber auch gelingen wird.
STANDARD: Worauf sind Sie stolz? Uns würden die Transfererlöse von rund 400 Millionen Euro einfallen.
Freund: Was die außergewöhnlichen Transfererlöse betrifft, ist es wichtig zu sagen, dass die nicht Christoph Freund, sondern der gesamte Verein erwirtschaftet hat. Hinter dem Klub stand ein tolles Team an Mitarbeitern mit Stephan Reiter als Geschäftsführer und mir als sportlich Verantwortlichem. Dadurch konnten wir nicht nur die vielen Transfers machen, sondern haben dabei auch viele sportliche Erfolge errungen. Und darum geht es bei einem Fußballklub im Besonderen, das erfüllt mich mit großer Freude. Wunderschön war außerdem für mich, wie wir über die Jahre die Menschen in Salzburg beziehungsweise in Österreich für unseren Fußball begeistern konnten. Nachdem unser Weg anfangs noch kritisiert oder belächelt wurde, schaut man mittlerweile auch in Europa auf uns und honoriert, was wir über die Jahre leisten.
STANDARD: Haben Sie Fehler gemacht?
Freund: Natürlich habe ich genügend Fehler gemacht. Ich habe aber versucht, dass es möglichst wenige sind, weiß aber auch, dass jeder Fehler wichtig war, um daraus zu lernen und es dann besser zu machen.
STANDARD: Schließen Sie eine Rückkehr aus?
Freund: Ich bin noch nicht ganz weg aus Salzburg, starte mit 1. September erst so richtig mit meiner Arbeit beim FC Bayern München. Der Gedanke an eine Rückkehr ist vielleicht noch etwas früh. Aber meine Familie lebt ja hier, also komme ich weiter regelmäßig nach Salzburg. (Christian Hackl, 30.8.2023)