Archäologie, Schuh, Fund
Der über 2.000 Jahre alte Kinderschuh zeigte sogar noch Reste der ursprünglichen Schnürung, woraus die Fachleute schlossen, wie das Schuhwerk einst getragen wurde.
Foto: Deutsches Bergbau-Museum Bochum

Die konservierende Wirkung von Salz auf organische Überreste hat Archäologinnen und Archäologen bereits so manche jahrtausendealte Kostbarkeit beschert, die unter anderen Umständen wohl unwiederbringlich verloren gewesen wäre. Die uralten Salzabbaugebiete der Hallstatt-Dachstein-Region haben sich in dieser Hinsicht als besonders ergiebig erwiesen. Aber auch der Dürrnberg in Salzburg gab schon viele Zeugnisse aus der Vergangenheit preis.

Nun ist Fachleuten vom Deutschen Bergbau-Museum Bochum im Georgenberg-Stollen im Höhenrücken zwischen dem Halleiner und dem Berchtesgadener Becken ein ganz besonderer Fund gelungen: Das Team hat dort während der diesjährigen Grabungskampagne einen mehr als 2.000 Jahre alten Kinderschuh aus Leder ans Tageslicht befördert. Die außerordentlich gut erhaltene Fußbekleidung entspricht in etwa der heutigen Schuhgröße 30, das Kind könnte daher wohl zwischen fünf und sieben Jahre alt gewesen sein.

Überragender Zustand

Seit 2001 führen die Wissenschafter vom Forschungsbereich Montanarchäologie am Dürrnberg bei Hallein archäologische Untersuchungen durch. Der Berg bei Salzburg ist bekannt für seinen Abbau von Steinsalz, der bis weit in die Eisenzeit zurückreicht. "Unsere Forschungstätigkeiten am Dürrnberg liefern uns nun seit Jahrzehnten immer wieder wertvolle Funde", sagte Grabungsleiter Thomas Stöllner.

Der Zustand der nun vorgestellten Fußbekleidung sei überragend, so der Wissenschafter. In der Regel würden sich auch in einem Salzbergwerk organische Materialien im Lauf der Zeit zersetzen. Umso erfreulicher seien daher dieser Funde, aber auch Textilreste oder Exkremente, wie sie am Dürrnberg gefunden worden seien. "Sie bieten einen überaus seltenen Einblick in das Leben der eisenzeitlichen Bergleute. Sie liefern wertvolle Informationen für unsere wissenschaftliche Arbeit", sagte Stöllner

Wie der Schuh geschnürt wurde

Vom Dürrnberg sind zwar bereits mehrere Funde von Lederschuhen bekannt, ein Kinderschuh war jedoch bisher nicht dabei. Immerhin belegt er die Anwesenheit von Kindern unter Tage. Warum sie sich dort aufgehalten haben, ob sie am Salzabbau beteiligt waren oder die Erwachsenen nur begleitet haben, lässt sich freilich aus dem einzelnen Schuh nicht herauslesen.

Bei der Montanarchäologie muss man bisweilen auch zu schwerem Gerät greifen.
Foto: Deutsches Bergbau-Museum Bochum

Hinzu kommt, dass sich in diesem Fall ausnahmsweise auch ein Rest einer Schnürung aus Flachs beziehungsweise Lein erhalten hat. Auf diese Weise können die Forschenden Rückschlüsse darauf ziehen, wie die Schuhe einst geschnürt wurden. Die Machart des Schuhs gibt zudem Hinweise auf sein Alter: Das Team geht davon aus, dass er im zweiten Jahrhundert v. Chr. gefertigt worden ist.

Schaufel und Fellreste

Im näheren Umfeld des Fundes entdeckten die Archäologinnen und Archäologen weitere organische Reste: das Fragment einer hölzernen Schaufel in Form eines halben Schaufelblatts sowie Fellreste mit einer Schnürung. Möglicherwiese gehörten diese zu einer Fellhaube.

Die Arbeiten zu prähistorischer Salzgewinnung am Dürrnberg sind Teil eines langfristigen Forschungsprojekts. Die Ausgrabungen werden in den nächsten Jahren fortgesetzt, unter anderem mit dem Ziel, die Gesamtausdehnung des historischen Bergbaus zu erschließen und damit möglichst umfassende Erkenntnisse über die Arbeit der eisenzeitlichen Bergleute und ihre Lebensweise zu erhalten. Die Forschenden wollen insbesondere herausfinden, welche Größe die Abbauhallen am Dürrnberg letztendlich hatten. (tberg, red, 4.9.2023)