BMW 740d xDrive
Ein Schiff wird kommen: Der neue 7er BMW kommt schon recht mächtig daher. Da fehlt nicht viel zum Rolls-Royce. Das bedeutet ausreichend Platz und Komfort.
Foto: Michael Völker

Um eine Frage gleich vorweg zu beantworten: 170.000 Euro. Ja, doch. Da sind schon ein paar Extras verbaut, Massagesitze vorn und hinten, hinten sogar ein Liegesitz auf der Beifahrerseite und das Kino. Kino? Ja, doch.

Aus dem Dach fährt hinten der große Bildschirm herunter, ein 31 Zoll großer "Theatre Screen" mit integriertem Amazon Fire TV. Der Bildschirm lässt sich noch fein justieren, die Rollos verdunkeln den Raum. Der Sound (Bowers & Wilkins Diamond Surround Sound System) ist überwältigend. Aber: Um sich einen Film anschauen zu können, müssen wir uns erst mit dem Auto verbinden, praktisch eins werden. Also eine App herunterladen, alle Geheimnisse preisgeben, anmelden und synchronisieren, und diese gute halbe Stunde am Rande des Nervenzusammenbruchs haben wir gerne investiert, denn jetzt haben wir ein fahrendes Kino und laden uns aus dem Internet jeden (fast jeden) Film herunter. Die Demonstration war erfolgreich und eindrucksvoll. Meiner Frau und meinem Sohn blieben die Münder offen. Wir schauten und hörten Summer of Soul.

Kind auf Vordersitz
Auch vorn ist es ausreichend interessant.
Foto: Michael Völker

Beine ausstrecken

Auf der Weiterreise wollte ich meiner Frau einen weiteren Film schmackhaft machen, also wozu sitzt man in so einem Auto. Meine Frau aber meinte, sie brauche die Ruhe, liebe die Stille, schaut lieber beim Fenster raus oder macht die Augen zu. Und streckt die Beine aus. Das mit dem Beine-Ausstrecken geht ja in der Tat ganz gut, denn der hintere Sitz hinter dem Beifahrersitz lässt sich zu einem Liegesitz ausfahren, das ist schon recht imposant – und in der Tat sehr gemütlich.

Ich war jedenfalls beleidigt. Wegen des Films. Und des Nichtschauenwollens. Wie kann man nur. Das Auto war auch beleidigt. Fortan war es nicht mehr möglich, einen Film zu laden. Auch dann nicht, wenn meine Frau wollte. "Du bist offline", teilte mir der Bildschirm mit. Das war natürlich gelogen, ich war online, wie man nur online sein kann, war eingeloggt und verbunden, alles war scharf gestellt, nur Film gab es keinen. "Du bist offline", und daran war nichts mehr zu ändern. War sicherlich meine Schuld, weil zu blöd und ungeschickt. Oder die Schuld meiner Frau, die nur ihre Ruhe haben wollte und diese jetzt auch bekam.

Kind auf Rücksitz
Hinten gibt es Kino und einen echten Liegesitz, der verträgt sogar unterschiedliche Socken.
Foto: Michael Völker

Lässige Lockerung

Ich ließ vorn das gesamte Programm der verschiedenen Massagefunktionen durchlaufen, vom Popo bis zur Schulter und wieder zurück. Ich war schließlich so gelockert, dass ich das Fahren ganz dem Auto überließ. Im Prinzip sind wir hier schon sehr nahe am autonomen Fahren dran, Geschwindigkeit und Abstand lassen sich einstellen, auch wenn man, zum Beispiel nur, jeweils fünf oder zehn km/h über dem gerade geltenden Tempolimit sein will. Der Wagen hält auf der Autobahn die Spur und lenkt mit, aus formalen Gründen wird aber erwartet, die Hände am Lenkrad zu lassen. Sonst kann man sich mit dem Auto unterhalten, über Sprachbefehle etwa die Route definieren. Ich wollte meine Mutter anrufen, die ist im Handy tatsächlich unter Mutter abgespeichert, und sagte: "Hallo BMW, Mutter anrufen bitte." Die Stimme aus dem Off teilte mir daraufhin sehr freundlich mit, dass sie mit meiner Mutter noch nicht bekannt gemacht worden sei. Und sie wird sie so rasch wohl nicht kennenlernen, ich tippte schließlich selbst am Handy.

Das Fahren an sich ist kolossal. So gemütlich. Und wenn man will, mit gehörig Dampf dahinter. Einen Achtzylinder gibt es in der 7er Baureihe keinen mehr, das schaut nicht gut aus, der 6-Zylinder-Turbodiesel mit einem Mildhybrid-Antrieb ist aber auch recht fein. Drei Liter Hubraum, 286 PS, das ist mehr als ausreichend und sorgt für gehörig Schub. Erstaunlich ist der Verbrauch für ein Schiff dieser Größe: Am Ende unseres Tests hatten wir nur knapp über sechs Liter Diesel auf hundert Kilometer am Bordcomputer stehen, das ist doch beachtlich. Und erst die Reichweite: Bei schonender Fahrweise sind 1300 Kilometer drin. Das ist richtig weit.

Auf dem Weg zum Rolls-Royce

Ausschauen tut der neue 7er tatsächlich recht neu. Er ist massiver und klobiger geworden, man könnte auch protziger sagen, jedenfalls von vorn. Und wer dabei schon an Rolls-Royce denkt, liegt nicht ganz falsch, da gibt es ein paar sichtbare Parallelen. Die Lücke zum Luxussegment ganz oben ist ein Stück kleiner geworden.

Das, was früher die L-Version war, also die längere Version (vor allem für die USA und die Saudis), ist jetzt die Norm. Der Wagen ist knapp fünfeinhalb Meter lang. Der Kofferraum ist riesig. Es ist in der Tat reichlich Platz vorhanden, und man kann sich kaum entscheiden, ob man vorn oder hinten sitzen mag. Wenn das Kino geht, bitte hinten, wir machen den Dachhimmel zu, lassen die Rollos runter, richten Popcorn her und kuscheln uns aneinander. (Michael Völker, 1.9.2023)

BMW 740d xDrive
Das Design des 7er BMW ist um einiges klobiger geworden.
Foto: Michael Völker