Wopke Hoekstra.
Wopke Hoekstra soll neuer EU-Kommissar für Klimaschutz werden.
AFP/ANP/RAMON VAN FLYMEN

Brüssel – Die anstehende Wahl in den Niederlanden ist nicht nur für die politische Landkarte des Landes entscheidend, sondern wohl auch für die Brüsseler Klimapolitik. Immerhin ist EU-Klimakommissar Frans Timmermans, das Gesicht des europäischen Green Deals, zurückgetreten, um im November als rot-grüner Spitzenkandidat bei den vorgezogenen Parlamentswahlen in seiner Heimat anzutreten.

Während sich in der Kommission nun der Slowake Maroš Šefčovič um den Green Deal kümmert, will Präsidentin Ursula von der Leyen den Niederländer Wopke Hoekstra, zuletzt niederländischer Außenminister, statt Timmermans für Klimapolitik ins Boot holen.

Umstrittener Nachfolger

Dagegen regt sich seit Tagen heftiger Protest. Der 47-jährige Christdemokrat war nämlich einerseits mehrere Jahre als Manager beim Ölkonzern Shell tätig, andererseits besitzt der ehemalige Außen-und Finanzminister kaum Erfahrung mit Klimapolitik.

In den Niederlanden haben insbesondere die Grünen, die Sozialdemokraten sowie Umweltschutzorganisationen und eine Bürgerbewegung bestürzt auf seine Nominierung reagiert – mit Verweis auf seine Untätigkeit in der niederländischen Stickstoffkrise und Milliardenspritzen für die Airline KLM. Sie klagen, dass er kein Fachwissen habe und sich bisher auch nicht für den Klimaschutz eingesetzt habe.

Petition gegen Hoekstra

Die Onlinepetition der Bürgerbewegung De GoedeZaak (Die gute Sache) hat schon fast 40.000 Unterschriften gegen seine Bestellung gesammelt. In der Petion wird das Parlament aufgerufen, einen Kandidaten zu nominieren, der Klimaschutz ernst nehme. "Obwohl Hoekstra weder Wissen, Können noch den Willen hat, gegen eine totale Klimakatastrophe vorzugehen, wird gerade er als EU-Kommissar nominiert", schreibt die Bürgerbewegung.

Seine Laufbahn hat zudem noch einen weiteren Makel: So tauchte Hoekstras Name in den sogenannten Pandora Papers – dem bisher größten Leak über Steueroasen – auf. Laut dem internationalen Investigativ-Netzwerk ICIJ hielt der Niederländer Anteile an einer Briefkastenfirma auf den britischen Jungferninseln, die wiederum ein afrikanisches Luxusunternehmen für Safaris finanzierte. Hoekstra will seine Anteile jedoch vor seiner Zeit als Finanzminister wieder verkauft haben.

Andy Palmen, der Chef von Greenpeace Niederlande, zeigt sich in einem Tweet auf der Plattform X bestürzt: "Wie bitte? Hoekstra nach Europa? Für Klima und Natur? Ein ehemaliger Shell-Mitarbeiter, der die KLM ohne nachhaltige Bedingungen mit Milliarden unterstützt hat, der die Stickstoffkrise aufgebauscht und damit die Natur im Stich gelassen hat, sollte nicht mit einem so wichtigen Posten betraut werden."

Dennoch hält Ursula von der Leyen an Hoekstra fest – wohl auch, weil er den Ausrichter der COP-28-Klimakonferenz in Dubai im Dezember, Ölmanager Sultan Ahmed Al Jaber, offenbar ganz gut kennt. Bei der Nominierung teilte von der Leyen mit: "Seine Regierungserfahrung wird insbesondere für die europäische Klimadiplomatie im Vorfeld der COP 28 und für die Klimafinanzierung sowie für die Umsetzung von klimarelevanten Rechtsinstrumenten von großem Nutzen sein." Hoekstra zeige sich sehr motiviert für das Amt und habe ein großes Engagement für die EU. Nach Angaben von der Leyens wird Hoekstra unter der Leitung von Kommissionsvize und Klimachef Šefčovič stehen.

Nun müssen aber noch die Mitgliedsstaaten und das EU-Parlament seine Benennung absegnen: Dort müssen sich alle designierten EU-Kommissionsmitglieder in den zuständigen Ausschüssen Fragen stellen. Hoekstras mit Spannung erwartete Hearings wurden für Mitte September angekündigt. (Flora Mory, 6.9.2023)