Florian Teichtmeister wurde schuldig gesprochen, muss aber nicht ins Gefängnis, für manche ein zu mildes Urteil angesichts seiner Taten. Was sagt ein Psychiater dazu, und wie funktioniert eine Therapie bei Pädophilie? Dazu war der forensische Psychiater Patrick Frottier Dienstagabend zu Gast bei Armin Wolf in der "ZiB 2". Dort lernten wir – freilich ausgehend vom Fall Teichtmeister, aber auf allgemeiner Ebene –, was Menschen, die pädophile Neigungen haben, tun können, um diese Neigung nicht auszuleben, und auch, ob und was Gefängnisstrafen bringen.

Eine pädosexuelle Tendenz sei etwas, "was in Ihnen drinnen ist, und Sie müssen lernen, damit zu leben", erklärt Frottier. Das sei auch nicht etwas, was man therapiere und das dann weg ist. Durch die Therapie lerne man, damit zu leben und diese Neigung nicht umzusetzen. Es gehe darum zu sagen: Obwohl man diese Neigung habe, werde man sie nicht ausleben. Etwa ein Prozent der Bevölkerung habe pädophile Neigungen, zeigen Untersuchungen.

Psychiater Patrick Frottier war zu Gast bei Armin Wolf in der
Psychiater Patrick Frottier war zu Gast bei Armin Wolf in der "ZiB 2".
Foto: Screenshot, ORF-TVThek

Die große Menge an Bilddateien, die bei Teichtmeister gefunden wurden, sei ungewöhnlich, so der Psychiater, "er hat ja wahrscheinlich gar nicht die Möglichkeit gehabt, sie alle wirklich anzuschauen. Das ist fast wie ein Suchtcharakter." Drogenkonsum sei ein Verstärker, "wenn Sie unter gewissen Drogen stehen, dann sind Sie mehr bereit, eine Handlung zu setzen, die Sie im nüchternen Zustand nicht machen würden".

Generell sei eine Fantasie als solche natürlich noch nicht strafbar, "entscheidend ist, setzen Sie sie um, ja oder nein?". Im Gespräch ging es dann auch um sogenannte Hands-on-Delikte. Wie wahrscheinlich oder wie üblich ist es, dass jemand, der Darstellungen von Kindesmissbrauch konsumiert, dann auch irgendwann tatsächlich ein Kind missbraucht, will Armin Wolf wissen. Auf diese Frage gibt es freilich keine eindeutige Antwort, es gebe Menschen, die durch den Konsum gesättigt seien, und andere, bei denen die Gefahr besteht, dass es von einem "Hands-off-Delikt" zu einem "Hands-on-Delikt" kommt.

"Pädophilie ist nicht heilbar, sehr wohl aber therapierbar, das sei vergleichbar mit jeder anderen Form von Sucht. Es gehe darum zu wissen, dass man ein Suchtpotenzial habe, und dass man lernt, damit umzugehen. Letztendlich sei das ein ähnlicher Zustand wie bei einem Alkoholkranken. "Man wird nie geheilt, sondern man bleibt im besten Fall abstinent", fasst Wolf zusammen.

ZIB 2: Psychiater Frottier zum Teichtmeister-Urteil
Frottier über das Urteil im Prozess gegen Florian Teichtmeister.
ORF

Eine Therapie dauert im Schnitt drei bis fünf Jahre, rechnet Frottier vor, "allerdings sollte die Therapie unter Umständen lange weitergeführt werden. Dass ich immer eine Erinnerung habe: Achtung, ich habe die Gefahr, dass es wiederkommt." Ob in solchen Therapien auch mit Medikamenten gearbeitet wird, die den Sexualtrieb dämpfen? Frottier erklärt hier die unterschiedlichen Hierarchien von solchen Medikamenten, "die unterstützen, aber der Hauptwunsch ist im Kopf, im Hirn". Ein Medikament sei eine Hilfe, aber keine Lösung. Juristisch jemanden zur Einnahme von Medikamenten zu zwingen sei nicht möglich.

Würden höhere Strafen Pädophile wirksam abschrecken? Frottier dazu ganz klar: "Nein, das wissen wir, dass die Strafe selber keinen Effekt hat." Da sei das Therapeutische deutlich entscheidender, "wichtig ist, jemand geht in eine Behandlung, kriegt eine Unterstützung". Es solle um das gehen, was jemand braucht, damit er es nicht macht. Und das seien therapeutische Angebote im Vorfeld. (Astrid Ebenführer, 6.9.2023)