Gäste diskutierten bei Hans Bürger im ORF am
Gäste diskutierten bei Hans Bürger im ORF am "Runden Tisch".
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Wie umgehen mit Unverständnis, Wut und Selbstjustizforderungen nach dem vermeintlich milden Urteil für Ex-Burgschauspieler Florian Teichtmeister, der am Dienstag wegen Herstellung und Besitzes pornografischer Darstellungen Minderjähriger zwei Jahre bedingt ausfasste? Auf diese Frage gab es Mittwochabend in ORF 2 zwar viele und wortreiche, aber letztlich unzureichende Antworten.

Es begann mit dem neuen Richtervereinigungspräsidenten Gernot Kanduth bei Martin Thür in der "ZiB 2". "Sie werden verstehen, dass ich als Präsident der Richtervereinigung konkrete Fälle, die nicht rechtskräftig abgeschlossen sind, nicht kommentieren kann", antwortete Kanduth auf die Frage, wie er einschätze, dass einer, der zehntausende Missbrauchsbilder gehortet und manipuliert hat, nicht ins Gefängnis muss.

ZIB 2: Richtervereinigung-Präsident zur Strafrechtsdebatte
Gernot Kanduth spricht über die von ÖVP und FPÖ geforderte Verschärfung des Sexualstrafrechts.
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Die Staatsanwaltschaft, so der Richterchef, könne noch Berufung gegen das Urteil einlegen. Darauf habe die Staatsanwältin aber bereits verzichtet, der Spruch sei rechtskräftig, orientierte ihn Thür. "Ich kann nur dabei bleiben, zu der konkreten Strafe kann und werde ich nichts sagen", replizierte Kanduth – um in der Folge immerhin auf den bestehenden Strafrahmen für Teichtmeisters Delikte hinzuweisen.

Emotionale Blockaden

Viele Menschen würden den Unterschied zwischen Kindesmissbrauch und Konsum pornografischer Bilder von Minderjährigen offenbar nicht verstehen, vermutete eine halbe Stunde später die Strafrechtsprofessorin und Kriminologin Katharina Beclin am "Runden Tisch" im selben Programm. In den sozialen Medien lese man "pausenlos vom Kinderschänder" Teichtmeister, dabei sei dieser nicht wegen dieses Verbrechens vor Gericht gestanden.

Möglicherweise, so Beclin, hätten solche Reaktionen auch mit emotionalen Blockaden zu tun; mit mangelndem Willen, sich mit dem, was passiert sei, wirklich auseinanderzusetzen: "Aber dann darf ich mir auch kein solches Urteil anmaßen."

Wüssten die Verfasser von derlei Kommentaren vielleicht gar nicht, was sie kommentieren?, fragte Moderator Hans Bürger daraufhin die Publizistin und digitale Expertin Ingrid Brodnig. Die Schreiber seien vor allem von Wut und Ekel erfüllt, was in digitalen Echoräumen rasch eskalieren könne, antwortete diese.

Justiz soll kommunizieren

Vielleicht spiele aber auch mangelnde Kommunikation vonseiten der Justiz eine Rolle, ergänzte "Heute"-Chefredakteur Christian Nusser. Dass Richterchef Kanduth das Teichtmeister-Urteil nicht kommentieren wolle, sei verständlich: "Aber so entsteht ein Erklärungsvakuum, in das viele hineinfallen."

Und das – siehe etwa Innenminister Gerhard Karner – zum politischen Kleingeldsammeln anspornt. Am öffentlichen Umgang mit clamorosen Gerichtscausen à la Teichtmeister gibt es wahrlich noch viel zu verbessern. (Irene Brickner, 8.9.2023)