Im neuen ORF-"Schauplatz" geht es am Donnerstagabend um eine Geschichte, die es sogar in die "New York Times" geschafft hat. Auch DER STANDARD berichtete bereits darüber. Jetzt hat sich Reporter Robert Gordon den erbitterten Streit unter Kärntner Imkern näher angeschaut. In seinem ORF-"Schauplatz" – zu sehen am Donnerstag um 21.05 Uhr in ORF 2 – geht es um gute und böse Bienen, um Bienen-Rassenlehre, um Ideologien aus der Zeit des Nationalsozialismus und um Behörden, die Imker verfolgen, weil sie angeblich mit "verbotenen" Bienen arbeiten. Eine skurrile und ziemlich komplexe Geschichte.

Gute, graue Carnica

Worum geht es in diesem Streit genau? Anhänger der grauen, sanften, also der "guten" Carnica-Biene auf der einen Seite und auf der anderen Imker, die von den Behörden verfolgt werden, weil von ihren Stöcken angeblich verbotene Bienen ausfliegen. Die Carnica-Biene hat einen "grauen Charakter, ein graues Erscheinungsbild", erklärt ein Imker. Er zählt die Vorteile dieser Biene auf, aber jede Biene habe ihre Berechtigung. Nachsatz: "Dort, wo sie hingehört." Und genau darum geht es in diesem Kärntner Bienenstreit. Welche Biene darf also wo ausfliegen?

Erst seit einigen Jahren werden Stöcke kontrolliert, denn in Kärnten ist die graue Biene vorgeschrieben, eine von Gordon befragte Biobäuerin findet das gut, so könne man eine Vermischung ausschließen, es soll nur reinrassige Königinnen geben. "Wenn meine reinrassige Königin ausfliegt und mit andersrassigen Drohnen zurückkommt, muss ich sie wieder austauschen, damit ich gesetzeskonform weitermachen kann." Das Gesetz diene dieser Art. Sie spricht von "gutem genetischen Material".

Das ist die, um die es geht: die graue Carnica-Biene.
Foto: ORF

In Kärnten gibt es rund 3.500 Hobbyimker, die "ein tolles Leben hätten, wenn sich alle an dieses Gesetz halten würden", sagt eine Züchterin. Man wolle kein "Mischmasch", sagt der Obmann eines Bienenzuchtvereins. Einer, der sich gegen dieses Kärntner Bienengesetz wehrt, ist Erwerbsimker Sandro Huter, er will seinen Königinnen die freie Partnerwahl bei der Begattung lassen.

Die Behörde fordert, dass seine Königinnen getötet werden müssten, er soll sie gegen Reinzuchtköniginnen tauschen. Die müsse er kaufen, "bei Carnica-Züchtern". Strafen hatte er bisher immer beeinsprucht, die Anwaltskosten seien beträchtlich. Robert Gordon ist auch bei einer Verhandlung dabei, als Zuschauer sind viele Kritiker des Zwangs zur grauen Biene anwesend. Es geht auch um die Farbenfrage, nämlich darum, ob die Carnica-Biene wirklich immer grau sei. "Erst im Nationalsozialismus sei der Standard der rein grauen Biene aufgekommen", sagt Sandro Huter.

Imker Sandro Huter mit ORF-
Imker Sandro Huter mit ORF-"Schauplatz"-Reporter Robert Gordon.
Foto: ORF

Götze und Ruttner

Dass in Kärnten nur Bienen der Rasse Carnica gezüchtet werden dürfen, gehe auch auf Nazi-Imker Gottfried Götze zurück, dessen Rassenideologie die Bienenzucht beeinflusste. Gordon zitiert Götzes Ergüsse in einer Imkerzeitung aus dem Jahr 1938: "Was nützt es nun aber, wenn einmal ein Judenbastard ein Genie ist, aber unsere völkische Reinheit dabei zerstört wird. Nicht anders ist das bei der Bienenzucht. (…) Was nützt uns die Einfuhr ausländischer Rassen mit ihren Blenderscheinungen der ersten Nachzuchten, wenn unsere bodenständige deutsche Biene dabei verlorengeht." Götze setzte auch nach 1945 seine Karriere als Bienenforscher fort und wird noch immer gerne zitiert, wie Gordon in seiner Reportage erklärt.

Bei der Festsetzung des Carnica-Standards bei Bienen in Kärnten wurde auch auf Friedrich Ruttner zurückgegriffen, Ruttner war Nationalsozialist und Rassenhygieniker. Ruttner hat die Imkerei maßgeblich beeinflusst, im Rahmen des Kärntner Bienenstreits wird jetzt auch die Vergangenheit der Wissenschaft diskutiert. Der Obmann eines Bienenzuchtvereins wehrt sich: "Das ist Humbug! Es ist ärgerlich, dass von einigen Imkern unsere einheimische Carnica mit Nazis verglichen wird, als wenn diese etwas damit zu tun hätten." Diese Wissenschafter hätten einfach nur die Biene so beschrieben, wie sie ist. "Es ist schade um diese Literatur, die vielleicht sehr hilfreich ist. Aber eben leider von den falschen Leuten erforscht worden ist. Aber was können wir jetzt dafür? Wir wollen nur unsere Carnica erhalten, weil wir im Ursprungsland der Carnica leben", sagt eine Züchterin.

Ein Carnica-Bienenschwarm.
Ein erwünschter Carnica-Bienenschwarm ...
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Pensionist Anton Dohr bezweifelt die Erzählung von Kärnten als Ursprungsland der Carnica. Er selbst wurde schon mehrfach wegen zu gelber Bienen angezeigt. Die Kärntner Biene sei schon ein "Mischmasch" gewesen, das sein heutiges Aussehen durch die Zucht bekommen habe. Zu Wort kommt auch der Biologe Martin Kärcher, der eine Belegstelle betreibt. Zu ihm bringen Züchter junge Bienenköniginnen zur Begattung. Kärcher steht dem Bienenzuchtverband ACA, der Austrian Carnica Association, vor. Und er ist ein scharfer Verfechter strenger Gesetze für die Bienenhaltung. Slowenien sei da ein Vorbild. Dort sei die Carnica-Biene sogar durch die Verfassung geschützt. Dass die Kärntner Carnica-Biene jetzt als rechts verschrien ist, stört ihn, "was kann die Biene dafür, dass sie damals von diesen Leuten züchterisch forciert worden ist".

Erbgut und Varroa-Milbe

Den Konflikt zwischen Züchtern, die Kreuzungen zwischen Bienen-Unterarten erfolgversprechend halten, und jenen, die auf Reinzucht setzen, schwelt schon lange. Es geht natürlich auch um Resistenzen gegen Schädlinge wie etwa die Varroa-Milbe. Kärcher setzt hier auf Reinzucht, man müsse die graue Biene in Österreich vor fremden Genen schützen. Durch Vermischung gehe der heimischen Carnica-Population die Vielfalt im Erbgut verloren. Es gebe keinen Grund, andere Bienen zu importieren, "weil unsere Biene weltweit gefragt ist", sagt Kärcher. Für ihn ist es "unverständlich, dass man etwas braucht, das verboten ist".

Bienen-Schwarm
... und in Kärnten "verbotene" Bienen.
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Aber mit welchem Argument will man Imkern die Haltung anderer Bienen verbieten? Noch dazu, wo das Erbut dieser Bienen meist von deutschen Züchtern stamme und mit der einheimischen Biene nichts zu tun habe, fragt sich ein Imker. Ist also die graue, die "gute", Carnica-Biene nur ein Zuchtprodukt, eine mit Nazivergangenheit? Das Einzige, das von damals übriggeblieben sei, sei die Merkmalsuntersuchung, die damals entwickelt wurde, sagt Kärcher. Das sei wie bei bei jeder anderen Tierart und objektiv notwendig.

Jurist Ernst Brandl – er züchtet selbst Carnica-Bienen – ist der Meinung, dass das Kärntner Bienenwirtschaftsgesetz gegen die Bundesverfassung verstößt, er sieht massive Eingriffe in die Erwerbsfreiheit von Imkern, weil sie keine für sie vielleicht besseren Bienen züchten dürfen. Diese Fragen und deren Abhandlung werden die Kärntner Imker wohl noch länger beschäftigen. (Astrid Ebenführer, 7.9.2023)