Anna Netrebko
Die russische Sopranistin Anna Netrebko
AP/Luca Bruno

Wer am Mittwoch den Konzerttermin von Anna Netrebko und Yusif Eyvazov im Wiener Konzerthaus wahrnahm, musste an rund 40 Aktivistinnen und Aktivisten und deren schauriger Schallkulisse vorbei: Bombensirenen am Eingang, dazu krude Parolen wie "Netrebko ist Putin". Erst in der Vorwoche hatte sich der Opernstar abermals in einem Statement vom Kreml distanziert – für die Netrebko-Hasser war das nur ein weiteres Lippenbekenntnis.

Im Haus selbst die gegenteilige Geisteshaltung bei einer gekürzten, konzertanten Aufführung von Verdis "La Traviata", ausgerichtet von einem deutschen Fremdveranstalter: nichts als Anbetung für den Sopran. Dass Dirigent Michelangelo Mazza die Philharmonie Baden-Baden und den Wiener Staatsopernchor zu niedrigen Tempi und Lautstärken anhielt, leistete einem emotionsprallen Sound nicht gerade Vorschub. Dafür erwies sich dieses Klangbild als Komfortzone für Opernkehlen: Da musste keiner forcieren.

Es sei denn, er wollte – wie Eyvazov. Der Netrebko-Gatte spielte seine Schallgewalt als Alfredo in einem Maße aus, dass man dem Orchester weitere acht Trompeten zur Verstärkung wünschte. Étienne Dupuis begeisterte als Vater Germont mit einem reschen und kontrastzarten Bariton. Und Netrebko? Brillierte ein weiteres Mal in ihrer Salzburger Erfolgsrolle, verband bis zu ihrem Bühnentod Schönklang mit Intensität, explosive Attacken mit betörenden Legato-Linien: Jubel. (irrge, 7.9.2023)