"Starfield" oder "Baldur's Gate 3"? Während Fans über die inhaltlichen Vor- und Nachteile der beiden ungleichen Rollenspielabenteuer debattieren, ist "Starfield" auch auf einer technischen und strategischen Ebene beachtlich: Es ist eng an Microsoft gebunden und in dessen Abo-Service, den Game Pass, integriert. Playstation-Fans schauen hier in die Röhre. Zwar ist "Starfield" auch auf der PC-Plattform Steam verfügbar – nicht zu übersehen ist aber, dass man damit vor allem den Game Pass schmackhaft machen will. Mindestens 200 Millionen Dollar Produktionsbudget soll der Blockbuster Brancheninsidern zufolge verschlungen haben, in etwa vergleichbar mit James Camerons "Titanic" (210 Millionen Dollar). Und er zeigt erneut, wo die Stärken und Schwächen des Abo-Service liegen.

Ein Katalog, so trostlos wie das All

Beim Game Pass zahlen User 9,99 bzw. 10,99 Euro pro Monat, um auf PC bzw. Konsole auf einen Katalog von Spielen zuzugreifen. Wer 14,99 Euro pro Monat in die Hand nimmt, der kann die Spiele aus der Cloud streamen – auch auf Macs, Tablets oder Smartphones. Allein die Existenz von "Starfield" ist aber ein Symptom für den Zustand des Spielekatalogs.

Starfield Official Gameplay Trailer
Bethesda Softworks

So fanden sich einst spannende Releases in dem Abo-Dienst, darunter auch Eigenmarken wie das Echtzeitstrategiespiel "Age of Empires 4". Eine Kooperation mit Electronic Arts brachte weitere Titel in das Microsoft-Spieleversum. Gerade in den vergangenen Monaten gab es hingegen jedes Mal lange Gesichter, wenn Fans freitags die App öffneten, um nachzusehen, welche Neuerscheinungen sie am Wochenende zocken sollten: Statt Blockbustern gab es No-Name-Produkte wie "Slayers X: Terminal Aftermath: Vengance of the Slayer". Dieses Spiel sollte eigentlich so schlecht sein, dass es wieder lustig ist. Leider ist es aber nicht lustig, sondern einfach nur schlecht. Den Download kann man sich getrost sparen, die Zeit ist es nicht wert. Was leider auch für viele andere Indie-Games aus dem Microsoft-Katalog gilt.

Slayers X: Terminal Aftermath: Vengance of the Slayer is OUT NOW
No More Robots

"Starfield" könnte hier die Wende bringen. Das Singleplayerspiel ist – wie schon andere Titel der "Elder Scrolls"-Macher Bethesda – darauf ausgelegt, Spielerinnen und Spieler über zig, wenn nicht gar hunderte Stunden hinweg zu unterhalten, indem sie etliche Nebenmissionen erfüllen, fremde Planeten entdecken und ihren Spielcharakter weiterentwickeln: Ich zum Beispiel wurde gleich am ersten Spielabend wegen Taschendiebstahls verhaftet und muss nun eine Wiedergutmachungsmission erfüllen, anstatt mich der Hauptmission zu widmen. Das nimmt Zeit in Anspruch, und es bindet die Fans an das Abo.

Doch bei "Starfield" soll es nicht bleiben. Glaubt man den Ankündigungen vom vergangenen Sommer, so soll demnächst wieder frischer Wind wehen, indem weitere spannende Titel den Weg in den Game Pass finden – von einer neuen Version des "Microsoft Flight Simulator" bis zum vielversprechenden österreichischen Indie-Game "Dungeons of Hinterberg". Einen Blockbuster pro Quartal will Microsoft künftig in den Game Pass bringen, hieß es zuletzt selbstbewusst in einem Interview mit dem STANDARD: "Starfield" soll dafür nur der Startschuss sein. Und dann ist da ja noch die Tatsache, dass Microsoft Activision-Blizzard gekauft hat – dass hier noch einige große Marken den Weg in den Game Pass finden, davon ist auszugehen.

Überall spielen – mit Einschränkung

Doch der Game Pass wird nicht nur mit seinem großen Spielekatalog beworben. Sondern auch damit, dass sich mit dem teuersten Abo auch Spiele aus der Cloud streamen lassen. Und zwar auf PCs ebenso wie auf Tablets und Smartphones. Die Rechenleistung findet dabei auf dem Server – konkret: auf physisch vorhandenen Xbox Series X – statt, wodurch auch schwächere Geräte zeitgemäße Titel wiedergeben können. Nötig sind dafür nur eine Internetverbindung und ein Endgerät, werben Verfechter dieser Systeme. Somit lässt sich auch unterwegs spielen. Im Gegensatz übrigens zu Sonys kommender "Playstation Portal": einer "mobilen" Konsole, die aber nicht aus der Cloud, sondern nur von der eigenen Playstation 5 im hauseigenen WLAN streamt.

PlayStation Portal Remote Player - Pre-Order Trailer | PS5
PlayStation

Tatsächlich ist diese Funktion gerade bei einem umfangreichen Spiel wie "Starfield" ziemlich genial. Denn der Spielstand synchronisiert sich automatisch, und somit kann auf jedem beliebigen Gerät zu einem späteren Zeitpunkt weitergespielt werden. So habe ich aufwendige Feuergefechte doch lieber auf der Xbox Series X gespielt, wo die Latenz nicht unnötig durch eine schwache Internetverbindung in die Höhe geschraubt wird. Dialoge, Charaktereditierung oder längere Wege lassen sich aber auch vom Bett aus via Smartphone erledigen.

Wobei betont werden muss: "Nur eine Internetverbindung und ein Endgerät" stimmt auch im Jahre 2023 noch immer nicht. So wird immer ein Controller gefordert, wenn man per Cloud auf dem PC streamen möchte. Auf Handys und Tablets können manche Spiele zwar per Touch-Eingabe gesteuert werden, andere – und dazu gehört auch "Starfield" – hingegen nicht. Und so muss man stets einen Controller mit sich führen, wenn man auch unterwegs spielen möchte. Das ist mindestens so ärgerlich wie die Tatsache, dass PC-Gamer nicht an ihre gewohnte Spielweise – Tastatur und Maus – kommen, wenn sie den Game Pass aus der Cloud streamen. Und es wird höchste Zeit, dass Microsoft hier nachliefert, wenn sich das "Überall spielen"-Konzept durchsetzen soll.

Und Playstation?

Bleibt abschließend noch der Punkt, dass "Starfield" konsolenexklusiv auf den Xbox-Geräten erscheint. Und dass Gerichtsunterlagen im Rahmen der Activision-Übernahme zeigten: Microsoft hat Bethesdas Mutterunternehmen Zenimax Media unter anderem deshalb für 7,5 Milliarden Dollar gekauft, weil man fürchtete, dass "Starfield" stattdessen konsolenexklusiv bei der Konkurrenz landen würde. Nun, mit der Übernahme von Activision-Blizzard, müssen Sony-Fans demnächst womöglich auf weitere Titel verzichten, die dann exklusiv bei Microsoft erscheinen.

Indes ist "Baldur's Gate 3" vorerst nach dem PC nur auf einer Konsolenmarke erschienen, nämlich Playstation. Und zwar gleichzeitig mit dem Release von "Starfield" für PC und Xbox Series X/S. Das hatte Berichten zufolge zwar weniger strategische, sondern eher skurrile technische Gründe (der STANDARD berichtete). Es zeigt aber auch: Sony wird ebenfalls liefern müssen und den Kunden für jenes Abo etwas bieten müssen, für das man zuletzt ordentlich die Preise erhöht hat. (Stefan Mey, 11.9.2023)