Joe Biden schützt große Teile Alaskas vor Ölbohrungen. Nicht aber den östlichen Rand des National Petroleum Reserve-Alaska, wo das von Vorgänger Trump genehmigte Willow-Projekt vorangetrieben werden darf.
Joe Biden schützt große Teile Alaskas vor Ölbohrungen. Nicht aber denöstlichen Rand des National Petroleum Reserve-Alaska, wo das von VorgängerTrump genehmigte Willow-Projekt vorangetrieben werden darf.
AP

Es ist die größte Ausweitung eines Naturschutzgebiets in den USA seit zwei Jahrzehnten. Trotzdem fallen die Reaktionen namhafter Umweltpolitiker verhalten aus. "Der Präsident tut das Richtige", hob der demokratische Senator Ed Markey zu einem allenfalls halben Lob für Joe Biden an: "Nun lasst uns weitermachen und die Arktis dauerhaft schützen." Sein Parteifreund Ro Khanna, der die kalifornische Bay-Area im Repräsentantenhaus vertritt, wurde noch deutlicher: "Das ist ein guter Schritt (...) aber er geht nicht weit genug."

Kurz zuvor hatte US-Präsident Biden am Mittwoch künftige Öl- und Gasbohrungen auf mehr als vier Millionen Hektar des Nationalen Erdölreservoirs im Nordwesten Alaskas verboten und sieben bestehende Bohrlizenzen im östlichen Arctic National Wildlife Refuge annulliert, die in den letzten Monaten der Trump-Regierung versteigert worden waren.

Protest von Industrie und Rechten

"Die Klimakrise erhitzt die Arktis mehr als doppelt so schnell wie den Rest der Welt. Wir haben eine Verantwortung, diese wertvolle Region für die Zukunft zu bewahren", sagte er zur Begründung. Von den Ölkonzernen, den Republikanern und lokalen Politikern in Alaska bringt das dem Weißen Haus lautstarken Protest und Gerichtsklagen ein.

"Diese Entscheidungen sind illegal, verantwortungslos und verstoßen gegen den gesunden Menschenverstand", wetterte die aus Alaska stammende republikanische Senatorin Lisa Murkowski: "Sie sind das letzte Zeichen einer widersprüchlichen Energiepolitik der Biden-Regierung."

Umweltschützer wegen Willow-Projekts unzufrieden

Auf Beifall von der Linken kann Biden trotzdem nicht hoffen. Der Präsident, der im Wahlkampf einen Stopp aller Ölprojekte auf öffentlichem Grund versprochen hatte, hat Umweltschützer und Klimaaktivisten nämlich schwer verärgert, als er im März trotz vehementer Proteste das von Trump genehmigte Willow-Projekt am östlichen Rand des National Petroleum Reserve-Alaska (NPR-A) in abgespeckter Form durchwinkte.

Das sieben Milliarden Dollar schwere Vorhaben des Ölkonzerns Conocophillips soll bis zu 180.000 Barrel (rund 28 Millionen Liter) Öl pro Tag aus der Eis- und Schneelandschaft an der Nordküste Alaskas an die Oberfläche fördern. Linke Demokraten wie Khanna fürchten, dass die Erschließung des unberührten Gebiets tausend Kilometer entfernt von der Hauptstadt Anchorage das Auftauen der gefrorenen Tundra um die Bohrstellen und die Förderung des Erdöls den Klimawandel in Alaska beschleunigen. Sie fordern deshalb von Biden, auch das Willow-Projekt zu beerdigen.

Größte unzerstörte öffentliche US-Landschaft

Doch die US-Regierung hält angesichts der nach dem russischen Überfall auf die Ukraine unsicheren Lage auf dem Energiemarkt, der ökonomischen Bedeutung des Vorhabens mit 2.500 Arbeitsplätzen in einer strukturschwachen Region und der heiklen rechtlichen Lage an dem Willow-Projekt fest. Für die nun widerrufenen sieben Lizenzen im geschützten Arctic Wildlife Refuge hatte Biden schon kurz nach seinem Amtsantritt ein Moratorium verhängt. Das Interesse der Investoren an tatsächlichen Bohrungen war zuletzt nur noch gering gewesen. Hingegen scheint Conocophillips das Willow-Projekt ernsthaft voranzutreiben.

Angesichts des Streits mit den Klimaschützern droht unterzugehen, dass Biden mit seiner jüngsten Erklärung nach Einschätzung der "New York Times" tatsächlich einen der "bislang aggressivsten Schritte" unternimmt, öffentliches Land vor der Ausbeutung seiner fossilen Schätze zu schützen. Das mehr als neun Millionen Hektar große Erdölreservoir NPR-A wurde 1976 zum Schutz der heimischen Energievorräte der USA eingerichtet.

Es ist das größte unzerstörte öffentliche Landschaftsgebiet der USA. Die arktische Wildnis beheimatet nicht nur zahlreiche Vogelarten, sondern auch Eisbären und große Herden von Rentieren. Rund die Hälfte dieser Fläche will Biden nun für Öl- und Gasbohrungen sperren. (Karl Doemens aus Washington, 7.9.2023)