Das Nationalteam
Zu diesem Zeitpunkt war die Welt noch hell.
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Daniel Bachmann: Die Oma hat früher immer gesagt: "Wer es nicht im Kopf hat, hat es in den Füßen." Hätte sich Daniel Bachmann das nur zu Herzen genommen. Der Watford-Kapitän servierte nach drei Minuten den Gästen die Führung, indem er bei einem Rückpass seinen Namen tanzte und sich bei der Ballannahme für den Kopf statt für den Fuß entschied. Rangnicks Blick direkt nach dem Gegentor dürfte nicht allzu viele Einsatzminuten für die Zukunft verheißen. Bachmann hatte zudem nicht viele Möglichkeiten, seinen katastrophalen Fehler auszubessern. Hielt sonst alles, was es zu halten gab – und schoss in der 47. Minute ganz, ganz, ganz weit aus.

Dejan Ljubicic (bis 34.): Das Experiment auf der rechten Abwehrseite hat die Musterzeile im Mitarbeitsheft voll. Sehr bemüht und engagiert, wurde auch immer wieder gesucht und gefunden. Suchte mit seinen Flanken auch viel, fand aber quasi nie jemanden. Musste nach 34 Minuten Platz für Stefan Posch machen.

Kevin Danso (bis 45.): Hoffte nach dem grottigen Ligastart mit Lens (ein Punkt aus vier Partien) wohl sehnsüchtig auf ein Erfolgserlebnis und sollte neben seinen Defensivaufgaben die Alaba-Rolle als Tragender im Spielaufbau übernehmen. Bereitete das 1:0 durch Bachmann mit einer Menschenrechtsverletzung von einem halbhohen Rückpass vor. Hinten solide, im Spielaufbau aber zu oft zu ungenau, zu spät in seinen Entscheidungen und zu mutlos. Zur Pause ausgewechselt.

Philipp Lienhart (bis 45.): Undankbare Partie für den Innenverteidiger vom SC Freiburg. Hinten wenig zu tun, im Spielaufbau nicht so aktiv wie Kollege Danso. Unauffällig im guten und nicht ganz so guten Sinn des Wortes.

David Schnegg: Der Debütant auf der linken Abwehrseite: schwierig zu beurteilende Leistung in Halbzeit eins, weil Österreichs Spiel weit nach rechts hing. Konnte in einigen Momenten aber sein Tempo und seine Dynamik unter Beweis stellen. Auch er war in den ersten Minuten nach der Pause auffällig auffälliger als in Halbzeit eins. Tauchte aber mit Fortlauf der Partie eher wieder unter.

Konrad Laimer
Konrad Laimer jagt Gegner und Ball.
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Konrad Laimer (bis 45.): Man könnte in Zukunft die Motorenleistung österreichischer Kraftfahrzeuge in KL statt PS angeben. Oder anders: Der Mann bringt einen unheimlichen Drive auf den Fußballplatz. War fast immer dort zu finden, wo der Ball war, und offensiv wohl der einzige zarte Lichtblick in einer ganz dunklen ersten Halbzeit.

Nicolas Seiwald: Brave Partie des Leipzig-Legionärs. Sein doppelter Abschluss vor der Pause wurde doppelt geblockt. Hatte defensiv alles im Griff, im Spielaufbau fehlte es in Halbzeit eins etwas an Tempo und überraschenden Momenten. Fühlte sich mit Stammmitspieler Schlager in Halbzeit zwei sichtlich wohler.

Florian Grillitsch: Der Hauptverkehrsknoten im Spiel der Österreicher. Hat den Ball auch nach einer schwierigen Zeit bei Ajax Amsterdam immer noch am Fuß picken, kann den überraschenden Pass spielen und die halbe gegnerische Mannschaft mit einer Körpertäuschung an die Raststätte schicken. Tat das aber in Halbzeit eins viel zu selten. Rückte zur Pause in die Innenverteidigung und erledigte dort seinen Job souverän.

Florian Kainz (bis 62.): Hatte in der 39. Minute den gefühlt ersten Ballkontakt, als er einen Freistoß in den Strafraum zirkelte. Der Steirer konnte sein Tempo und seine tragende Rolle vom 1. FC Köln nicht sofort ins Nationalteamtrikot übertragen. Hing zu Beginn oft in der Luft wie ein Traumfänger in einer Sauna, was aber auch daran lag, dass bei Österreich viel (aber wenig Zusammenhängendes) über rechts lief. Nach der Pause besser ins Spiel eingebunden, bereitete er das 1:1 durch Gregoritsch vor. Musste für Sabitzer weichen.

Michael Gregoritsch
Michael Gregoritsch mag es in Linz.
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Michael Gregoritsch: War über weite Strecken der ersten Halbzeit bis auf einen starken Zweikampf fast komplett abgemeldet. Jagte kurz vor der Pause den Ball vom Strafraum Richtung Linz-Urfahr. Jagte kurz nach der Pause den Ball zum 1:1 ins Netz. Der 29-Jährige stellte immer wieder gut seinen Körper zwischen Ball und Gegner, wurde in Angriffe eingebunden und hatte in der Schlussphase noch eine Chance aufs 2:1 per Kopf. Dritter Treffer im dritten Spiel in Linz dürfte Weltrekord sein.

Karim Onisiwo (bis 45.): Hatte in der zehnten Minute den Ausgleich an den Füßen, der blitzschnelle Angriff war dann aber für den sonst so blitzschnellen Angreifer ein bisschen zu schnell. Sonst kam von Onisiwo sehr wenig, er wurde zur Pause rausgenommen.

Stefan Posch (ab 34.): Zeigte nach seiner frühen Einwechslung eine engagierte Leistung. Deckte hinten sicher raus und bewies, dass er auch dynamische, offensive Momente über die Seite ausgraben kann.

David Alaba (ab 46.): Schlagen Sie "Unterschiedspieler" im österreichischen Fußballduden nach: Dort pickt ein Foto von David Alaba. Der Real-Legionär hob das Spiel von Rangnicks Team nach seiner Einwechslung aus der Dunkelheit ins Licht, also aus der Regionalliga auf ein zumindest annehmbares Niveau. Da sind Tempo, Passsicherheit, Aggressivität, Entscheidungsfreude, Stellungsspiel, aber vor allem seine Rolle als Kommunikator sticht heraus.

Xaver Schlager (ab 46.): Fand sich nach seiner Einwechslung zur Pause neben Buddy Seiwald auf der angestammten Position ein und tat das, was er am besten kann: Bälle erobern, Gegenstöße einleiten. Wirkte in den ersten Minuten wie ein Bub, der frühmorgens stundenlang vor dem geschlossenen Ikea-Bällebad warten musste, bis er reindarf, und sich dann so richtig austoben kann.

Christoph Baumgartner
Christoph Baumgartner brachte Schwung.
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Christoph Baumgartner (ab 46.): Brachte mit seinem Tempo Schwung in die Partie, no na. Umtriebig, schnell im Dribbling und in der Entscheidungsfindung und ein ständiger Unruheherd für die gegnerischen Verteidiger. Dass er, wenn er in den Strafraum sticht, nochmals an Geschwindigkeit anziehen kann, ist bemerkenswert.

Marko Arnautovic (ab 46.): Leitete mit einem Solo Gregoritschs Ausgleich ein und wurde zum Dank gleich darauf ordentlich abgeklopft. Der Inter-Wechselspieler war bemüht, sich ins Spiel einzubinden, wollte mit einem Volley-Abschluss in der 68. Minute viel, wurde aber geblockt. Arnautovic zeigte, dass er immer noch Magie in sich hat, indem er Sabitzer per Traumpass (71.) einsetzte. Beendet quasi jede Partie mit dem halben Rasen im Gesicht.

Marcel Sabitzer (ab 62.): Der Dortmund-Legionär wurde für Kainz als letzter Wechsel ins Spiel gebracht und war Ziel des besten Angriffs der Österreicher, den er an die Stange finalisierte. Schaltete sich zum Finish der Partie immer mehr ins Spiel ein. Und wurde noch einmal gefährlich: In der 87. Minute feuerte der Steirer mit dem Akzent eines norddeutschen "Fortnite"-Streamers ein Granaterl Richtung Tor, traf es aber nicht. (Andreas Hagenauer, 8.9.2023)

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Österreich kommt im Test gegen Moldau nicht über ein 1:1 hinaus