Unerwartet ruhig blieb es bisher beim Österreichischen Presserat in Sachen Teichtmeister-Prozess, der von Medien und Öffentlichkeit lautstark begleitet wurde. Bisher gebe es keine Beschwerden zur aktuellen Berichterstattung, sagt Geschäftsführer Alexander Warzilek auf Anfrage. Dass Boulevardmedien so ausführlich aus den im Prozess vorgetragenen brutalen Gewaltfantasien des geständigen und rechtskräftig verurteilten Schauspielers zitierten, sieht er als Gratwanderung zwischen öffentlichem Interesse und Opferschutz.

"Spannungsverhältnis": Öffentlichkeit und Opferschutz

In der Gerichtsverhandlung zitierte die Staatsanwaltschaft ausführlich aus den Kommentaren Teichtmeister, mit denen er Bilder in den gefundenen Dateien versehen hatte. DER STANDARD und andere Medien sahen ab von der Wiedergabe dieser "sehr expliziten und Gewaltfantasien beschreibenden Texte" – so beschrieb sie der STANDARD-Liveticker. Boulevardmedien gaben diese Texte indes teils ausführlich wieder.

"Gerichtsöffentlichkeit ist nicht gleichzusetzen mit Medienöffentlichkeit", sagt Alexander Warzilek, Medienjurist und Geschäftsführer des Presserats, auf STANDARD-Anfrage. Es liege in der Verantwortung der Journalistinnen und Journalisten, was sie auch aus öffentlichen Gerichtsverhandlungen in ihren Medien zitieren.

Am Fall Teichtmeister gebe es natürlich ein großes öffentliches Interesse und eine große öffentliche Relevanz. Doch auch hier könne man diskutieren, ob diese Schilderungen zur Darstellung der Tat notwendig seien oder zum Schutz von Opfern davon abzusehen sei. "Journalisten und Journalistinnen müssen sich überlegen, was sie bringen." Öffentliches Interesse und Opferschutz stünden stets in einem "Spannungsverhältnis".

Mit Beurteilungen zum konkreten Fall hält sich Warzilek zurück – auch wenn bisher keine Beschwerden zur aktuellen Berichterstattung eingelangt seien, könnten sie durchaus noch Thema für den Presserat werden. Das Selbstkontrollorgan der österreichischen Printmedien beschäftigt sich derzeit mit Beschwerden über frühere Berichterstattung über Teichtmeisters Fall.

"So wird man kein Millionär"

Die "Krone" thematisierte am Freitag ganz oben auf ihrer Website mögliche Schadenersatzforderungen Teichtmeisters gegen Hasspostings und ihre Urheber unter einem – vorsichtig formuliert – plakativen Titel: "Wie Teichtmeister jetzt abkassieren könnte".

Kronen Zeitung, Österreich, Schlagzeilen zu Teichtmeister
Nachbeben auf dem Boulevard in Sachen Teichtmeister.
red

"Macht sich Florian Teichtmeister jetzt zum Millionär?", fragt die "Krone" gleich im ersten Satz und erklärt: "Entschließt er sich, Klagen wegen Ehrenbeleidigung im Internet einzureichen, würde er nach Einschätzung von Medienrechtsexperten wohl nie wieder arbeiten müssen."

Alexander Warzilek schüttelt den Kopf über diese Zuspitzung: Mit immateriellem Schadenersatz "wird man kein Millionär" bei der Verfolgung von Hasspostings, sagt der Medienjurist. Und natürlich stünden Teichtmeister ebenso alle Rechte zu, gegen solche Postings vorzugehen, betont er.

"Der Fall trägt alle wesentlichen Züge, die es für mediale Skandalisierung braucht", erklärte zuletzt Peter Winkler, stellvertretender Fachbereichsleiter Kommunikationswissenschaft an der Paris-Lodron-Universität Salzburg, der APA. Da sei der "tiefe Fall" eines ehemaligen Publikumslieblings, der ein hochgradig deviantes Verhalten, das konsensual als solches erachtet wird, aufweise. Zudem spiele die schiere Menge des sichergestellten Materials eine Rolle und die lange aufgestaute Erwartungshaltung vom ersten Verdacht bis zum Prozessbeginn, sagte Winkler. Verstärkend wirke noch die Polarisierung der öffentlichen Diskussion zum Thema – "Teichtmeister als Sittenbild eines nach außen selbstgerechten, nach innen dekadenten Kulturbetriebs" –, welche Boulevard wie Qualitätsmedien in Stellung bringe.

Auch Presserat-Geschäftsführer Warzilek hält fest, dass Missbrauchsdarstellungen von Kindern und Pädophilie "sehr emotionale Themen" seien, die die Gesellschaft bewegten. Zudem sei die Causa zu einem Politikum geworden. So reagierte die Regierung mit einem Maßnahmenpaket zum Schutz von Kindern und Jugendlichen, das etwa höhere Strafen für die Darstellung von Kindesmissbrauch vorsieht. (Harald Fidler, APA, 8.9.2023)