Taylor Swift, USA, Swiftflation
Spiel mir das Lied von der Inflation? Dass Popstars wie Taylor Swift mit ihren Konzerten die Teuerung in ganzen Volkswirtschaften beeinflussen, halten Ökonominnen und Ökonomen für ein Gerücht.
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Die Inflation lag im August laut Statistik Austria bei 7,4 Prozent – gerade für ärmere Haushalte ein ernstes Problem. Die Europäische Zentralbank (EZB) will für die Eurozone eine Inflation von zwei Prozent. Die Teuerung schlägt sich nicht nur im Geldbörsel nieder, auch in der Sprache. Zahlreiche Kofferwörter sind entstanden – das bedeutet, zwei existierende Wörter verschmelzen zu einem neuen.

Nicht alle der beschriebenen Phänomene haben eine messbare Auswirkung auf die Inflation. Wenn etwa Hotels und Gastronomie rund um Konzerte teurer werden ("Swiftflation"), ist das für die Inflationsrate vernachlässigbar. Ein Überblick.

Gierflation ist das Schlagwort für den Vorwurf, dass Unternehmen ihre Preise stärker anheben würden, als sie es tun müssten, um ihre gestiegenen Kosten zu kompensieren. Ein technischer Begriff dafür ist profitgetriebene Inflation, Ökonomin Isabella Weber spricht von "Verkäuferinflation".

Der wirtschaftsliberale Thinktank Agenda Austria schrieb kürzlich mit Hinweis auf Daten aus Italien, dass die Gewinnaufschläge dort seit 2021 rückläufig waren und sich deutlich unter jenen des Jahres 2019 befinden. Grobes Fazit: Die höheren Preise erklärten sich durch höhere Produktionskosten, die Hersteller seien nicht gierig. Der ÖGB sieht das anders: Branchen wie Energie und Lebensmittelhandel hätten in der Krise ihre hohen Gewinne noch vergrößert.

Die Profite hätten einen stärkeren Einfluss auf die Inflation als die Löhne, schrieben auch Ökonomen im März im Blog der EZB. Im vierten Quartal 2022 etwa hätten sowohl Gewinne als auch Gehälter einen starken Einfluss auf die Teuerung gehabt, die Gewinne aber noch mehr als die Löhne.

Greenflation ist die Überschrift der These, dass die Energiewende die Teuerung anheize. Wie die Gierflation hat der Begriff eine politische Schlagseite bekommen. Wer "Greenflation" sagt, kritisiert oft den Umbau der Wirtschaft von fossilen Energieträgern zu erneuerbaren. Nicht nur Rohstoffe (Kupfer, Aluminium, Lithium) für grüne Technologien würden kostspieliger, sondern es werde durch klimapolitische Vorgaben auch die Produktion teurer. Die Grünen entgegnen, der ökologische Umbau sei unumgänglich, und langfristig werde dadurch sogar manches günstiger.

Mars, Ben's Original, Shrinkflation
Das Risi Bisi von Ben's Original ist heuer auf "nach Art Risi Bisi" umbenannt worden. Gleichzeitig sank die Füllmenge von 250 auf 220 Gramm, während der Preis von 1,99 Euro auf 2,39 Euro stieg. Der Mars-Konzern erklärt die Schrumpfung "mit erheblichen Kostensteigerungen" bei Rohstoffen und Betriebskosten.
A. Konstantinoudi/VKI

Shrinkflation bedeutet, dass ein Unternehmen die Füllmenge seiner Packungen schrumpft (Englisch:„shrink“), während der Preis gleich bleibt. Das ist nicht verboten, denn die neue Füllmenge steht auf der Verpackung. Konsumentenschützer monieren aber eine Trickserei. Hersteller nützen Erfahrungen aus der Konsumpsychologie: Verbraucher werden von Preiserhöhungen stärker abgeschreckt als von kleineren Füllmengen. Schrumpfende Inhalte haben durchaus Einfluss auf die Inflation, weil sie gekennzeichnet sind und die Statistik Austria sie nachvollziehen kann.

Skimpflation ist ein Sonderfall der Shrinkflation und bedeutet Qualitätsminderung bei gleichbleibendem Preis. "Skimp" bedeutet auf Englisch "knausern". Ein Lebensmittel enthält zum Beispiel weniger Fleisch oder weniger Nüsse. Oder es wird ein hochwertiges Öl durch ein billiges ersetzt. Solche Änderungen der Rezepturen werden von der Statistik Austria nicht erfasst.

Swiftflation – im Sommer kam die Theorie auf, dass der Rummel um die Konzerte von Popsängerinnen wie Taylor Swift und Beyoncé die Preise in deren Tourneeländern befeuere. Beyoncés Konzert in Stockholm habe die Preise für Hotels und Restaurants derart hochgeschraubt, dass sich dies in Schwedens Inflation bemerkbar gemacht habe, sagte Michael Grahn, Chefökonom der Danske Bank in Kopenhagen.

Laut Wirtschaftsforschern verhält es sich eher so: Die Preise für Hotels, Restaurants und Merchandising steigen bei manchen Konzerten zwar kurzfristig rapide, haben auf die Gesamtinflation aber keinen nennenswerten Einfluss.

Trinkgeld, USA, digitales Bezahlen, Tipflation, Inflation
Bildschirm eines digitalen Zahlungssystems: Viele Amerikanerinnen und Amerikaner beklagen, die Trinkgeldkultur sei außer Kontrolle geraten.
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In den USA jammern Kunden über die Tipflation. Das Trinkgeld ("tip") war dort immer schon höher, in Restaurants bei 15 bis 20 Prozent. Nun gerät die Trinkgeldkultur aus dem Gefüge. Es begann wohl in der Pandemie, als Kunden kleinen Betrieben mit großzügigen Tips helfen wollten. Viele Betriebe erwarten sie weiterhin. Zahlungssysteme wie Square und Clover zeigen zudem auf Bildschirmen schon Trinkgeldoptionen wie zehn, 15 und 20 Prozent an. So wächst vor Mitarbeitern und Warteschlangen der soziale Druck, Trinkgeld zu geben. (Lukas Kapeller, 19.9.2023)