Menschen, die aus Klimaangst kinderlos bleiben, kamen Montagabend in "Thema" zu Wort. Bianca, Volksschullehrerin, etwa sagt, sie könne es nicht verantworten, wenn die Welt auf Wasserknappheit, Hungersnöte, Dürreperioden zusteuere. Daniel aus Kufstein kommt "pauschal" auf die Formel "Mehr Weltbevölkerung, mehr Produktion, und am Ende mehr CO2-Ausstoß".

Birth-Strike-T-Shirt
Mehr Kinder, mehr CO2: T-Shirt in "Thema".
ORF Thema Screenshot

Pensionssystem bestreiken

Bianca sagt, sie verstehe ihren "Geburtsstreik" auch als politischen Protest: "In gewissem Maße auf jeden Fall schon. Wenn wir keine neuen Kinder mehr in die Welt setzen, werden unsere ganzen Systeme irgendwann nicht mehr funktionieren, zum Beispiel ein Pensionsversicherungssystem. Das kann ohne neue Leute einfach nicht mehr funktionieren."

"Thema"-Reporterin Esther Csapo stellt Bianca, Daniel und seiner Frau Carolina Wissenschafter gegenüber. Politikwissenschafter Reinhard Steurer von der Universität für Bodenkultur in Wien, der seit 25 Jahren zum Klima forscht, sagt etwa: "Mit weniger Menschen lösen wir das Problem nicht, solange der Lebensstil auf fossilen Energien aufbaut. Selbst die halbe Weltbevölkerung könnte so nicht weitermachen, weil es nach wie vor zu viele Emissionen wären. Viele benutzen die Überbevölkerung als Ausrede. Stimmt nur nicht." Die Geburtenrate sei "besonders hoch in Afrika, wo Emissionen pro Kopf extrem niedrig sind. Überbevölkerung ist nicht das Problem, sondern unser Energiekonsum", erklärt der Vater von zwei Kindern.

Den Begriff des ökologischen Fußabdrucks habe der Ölkonzern BP 2004 erfunden, um Klimaschutz zur Privatsache zu machen, führt Csapo in ihrem Beitrag an. Dabei liege das Problem "zum Großteil bei Industrie und Politik".

Klimaneutralere Kinder

Mehr Kinder, mehr CO2: Die Kalkulation beziehe sich häufig auf eine schwedische Studie, die pro ungeborenes Kind 58,6 Tonnen Kohlendioxid Einsparung errechnete, mehr als beim Verzicht auf Autofahren oder Fliegen. Die Studie basiere auf veralteten Daten, die etwa das EU-Ziel der Klimaneutralität bis 2050 nicht berücksichtigen, hält Csapos Beitrag dem entgegen.

"Die Kinder, die heute geboren werden, würden dann nicht mehr so viel CO2-Ausstoß verursachen", zitiert der Beitrag Erich Striessnig, Professor für Demografie und nachhaltige Entwicklung an der Universität Wien. Der sagt: "Es ist infrage zu stellen, ob alle Kinder von Geburt an Klimasünderinnen sind. Die Forschung zu diesem Thema hat gezeigt, dass es vom Erziehungsstil abhängt, den vermittelten Werthaltungen gegenüber der Umwelt, welche Konsumentinnen von morgen die Kinder von heute werden."

Ein Freund Biancas, gerade Vater geworden, erklärt ihr für den Beitrag, dass es viel anderes für das Klima zu tun gibt, als auf Kinder zu verzichten. Bianca bleibt dabei. Für Carolina stellte sich gleich eine Grundsatzfrage, als sie Daniel kennenlernte: Wenn er Kinder will, wird das bei aller Liebe nichts. Daniel wusste ohnehin schon, dass er Kinder nicht "für den Sinn in meinem Leben" brauche. (Harald Fidler, 12.9.2023)