Nehammer steht neben Söder.
Kanzler Karl Nehammer und der bayerische Ministerpräsident Markus Söder trafen einander am Dienstag in München.
APA/dpa/Sven Hoppe

Strahlende Sonne, Weißwürste und Lob vom Gastgeber – das alles gab es am Dienstag für Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) in München. Dorthin war er gemeinsam mit Innenminister Gerhard Karner (ÖVP) gereist, um mit "Freunden und Partnern" über die Migrationspolitik zu sprechen.

Nehammer und Karner trugen sich ins Gästebuch der bayerischen Staatsregierung ein, nahmen dann an einer Sitzung des Kabinetts unter Führung von Ministerpräsident Markus Söder (CSU) teil und bekamen bei der anschließenden Pressekonferenz von Söder zu hören: "Wir wünschen uns mehr Wien statt Berlin, Österreich sollte ein Vorbild sein."

Söders wohlmeinende Worte galten der Migrationspolitik. In Österreich, so der bayerische Ministerpräsident, werde konsequent umgesetzt, was er in Deutschland beim Asylkurs der Regierung aus SPD, Grünen und Liberalen vermisse: "Schnellere Verfahren, guten Grenzschutz, Abschiebungen, Sach- statt Geldleistungen, Pragmatismus statt Ideologie." Das alles schlage sich in Zahlen nieder: Während die Asylanträge in Deutschland um 67 Prozent gestiegen seien, sein sie in Österreich um 30 Prozent zurückgegangen.

Ein Beispiel nehmen

Die deutsche Regierung, so Söder, solle sich daran ein Beispiel nehmen. Dazu brauche auch das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bamf) in Deutschland "ähnlich wie in Östrreich eine ausreichende Ausstattung und schnellere Eilverfahren".

Da die Ampel in Berlin nicht handle, wolle Bayern selbst Akzente setzen. Für Asylwerber werde es bald nur Sachleistungen geben, zudem wolle der Freistaat die gemeinnützige Arbeit für Geflüchtete verpflichtend einführen. Söder: "Wer sich dieser Sache verweigert, muss dann auch mit Konsequenzen rechnen."

"Wir spüren, dass es Österreich auch nicht einfach hat", so Söder, aber "wir würden uns wünschen, dass man die Realitäten in Deutschland ähnlich wie in Österreich anerkennt." Nehammer lobte die Beziehungen zwischen Österreich und Bayern und erklärte Söder, dass er nicht nur auf Politik in Wien setze. "Es war notwendig und richtig und wichtig, ein europäisches Problembewusstsein zu erzeugen." Denn: "Der Kampf gegen irreguläre Migration ist kein einfacher." Jetzt aber habe sich auch die EU-Kommission des Themas angenommen.

Bei der Pressekonferenz wurden auch die oft nervigen und zeitraubenden Grenzkontrollen zwischen Österreich und Deutschland angesprochen. Auf ein baldiges Ende machten weder Söder noch Nehammer Hoffnung. "Grenzkontrollen sind ein Zeichen dafür, dass Außengrenzschutz nach wie vor nicht ausreichend funktioniert", so der Kanzler. Sie seien "ein Warnruf, der schon viele Jahre jetzt andauert". Jetzt müsse die EU-Kommission die Staaten mit EU-Außengrenzen viel stärker unterstützen.

Lob für Scholz aus Wien

Österreich, so Nehammer, habe ein "Bohren harter Bretter" hinter sich. Er lobte aber auch den deutschen Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD). Der sei "im EU-Rat ein Verbündeter". Derart freundliche Worte gab es von Söder für Scholz nicht. Der Bayer sieht mehr sich und den österreichischen Gast "als Verbündete im Geiste, zwei Politiker, die in der Mitte stehen".

Nehammer und Karner lernten bei ihrem Besuch in Bayern alle Kabinettsmitglieder kennen, mit einer Ausnahme: Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger von den Freien Wählern war wegen der Einschulung seines Sohnes entschuldigt. (Birgit Baumann, 12.9.2023)