Ein verschwommenes Google-Logo.
Richter könnten Google zwingen, seine Dominanz zu reduzieren.
REUTERS/TOBY MELVILLE

Es ist eine Mammutaufgabe, die in den kommenden Wochen auf die US-Justiz und Google zukommt: Das US-Justizministerium und mehrere US-Bundesstaaten legen dem Tech-Giganten zur Last, seine marktbeherrschende Stellung bei Suchmaschinen auf illegale Weise erlangt zu haben. Am Dienstag hat an einem Gericht in Washington nun der Prozess begonnen. Die Verhandlungen sind für zehn Wochen anberaumt.

Google, so der Vorwurf der US-Behörden, habe seine Marktmacht über die Jahre ausgenutzt und Mitbewerberinnen ausgebootet. Im Fokus stehen Exklusivverträge des Konzerns mit Handyherstellern wie Apple und Samsung sowie mit Internetbrowsern wie Mozilla.

Google habe den Unternehmen Geld geboten, um die eigene Suchmaschine als Standard im Browser festzulegen. Gleichzeitig sollen in den Verträgen Geschäfte mit möglichen Konkurrenten wie Microsoft Bing oder DuckDuckGo untersagt worden sein. Der Konzern habe so den Wettbewerb auf illegale Weise eingeschränkt und seine Marktdominanz bei Online-Suchmaschinen nicht nur in den USA, sondern auch weltweit auf rund 90 Prozent ausdehnen können.

Google bestreitet alles, weist die Vorwürfe zurück und spricht von einer "extrem fehlerhaften" Klage. Der Erfolg der Suchmaschine gehe darauf zurück, dass sie schlicht besser sei als die Konkurrenz.

Genug Mitbewerber?

Nutzerinnen und Nutzer suchen heutzutage ohnehin über zahlreiche andere Apps wie Instagram oder Tiktok nach Informationen, schrieb Chefjurist Kent Walker kürzlich in einem Blog. Zwar ändern Menschen in der Praxis oft nicht die Standardsuchmaschine auf ihren Geräten, an sich wäre das aber leicht möglich, so das Argument. Menschen greifen für ihre Informationssuche zudem zunehmend auf Tools wie ChatGPT zurück. Dass es keine oder zu wenig Konkurrenz für Google gebe, sei also schlichtweg falsch.

Der Prozess könnte bis Mitte November dauern. Um zu gewinnen, müssten die US-Behörden das Gericht davon überzeugen, dass Google ein Monopol hat. Entscheidend wird dabei sein, wie weit das Gericht den Markt auslegt: Zieht es einen breiten Marktbegriff heran und schließt etwa Apps wie Instagram und Tiktok mit ein, stehen die Chancen für Google besser.

Im Fall einer Niederlage könnten die Konsequenzen für Google dagegen einschneidend sein. Der Internetriese hat seine Geschäfte in den letzten Jahrzehnten mit dem Videodienst Youtube oder Cloud-Speichern zwar massiv ausgeweitet, macht aber einen großen Teil seines Konzernumsatzes nach wie vor mit der Suchmaschine. Sollten die Behörden recht bekommen, könnte das Gericht etwa in die Exklusivverträge mit Handyherstellern oder Browseranbieter eingreifen oder – in letzter Konsequenz – die Abspaltung von einzelnen Geschäftsbereichen anordnen.

Abgeschlossen dürfte der Fall mit dem ersten Urteil noch lange nicht sein. Sollte Google tatsächlich unterliegen, könnte der Konzern ein Rechtsmittel bei der nächsten Instanz einlegen. Der Prozess wird jedenfalls genau beobachtet und gilt auch als Test, ob die US-Behörden imstande sind, gegen die Dominanz von weiteren Tech-Konzernen wie Amazon, Microsoft oder Meta, ehemals Facebook, vorzugehen.

Erinnerungen an Microsoft

Der Prozess gegen Google erinnert an das Kartellverfahren gegen Microsoft vor rund 25 Jahren. Die US-Justizbehörden warfen dem Software-Hersteller damals vor, seine Angebote mit dem eigenen Browser gebündelt und so andere Browseranbieter ausgeschlossen zu haben. Damals urteilten die Gerichte, dass Microsoft in zwei unabhängige Unternehmen geteilt werden müsse. Im Berufungsstadium wurde diese Entscheidung allerdings revidiert. Nach dem Wahlsieg von George Bush ließ die US-Regierung gänzlich von der Zerschlagung des Konzerns ab. (Jakob Pflügl, 12.9.2023)