Winterweizen wird auf einem Feld geerntet 
Auch der Krieg in der Ukraine hat maßgeblich zum Anstieg der Weltmarktpreise landwirtschaftlicher Güter beigetragen.
IMAGO/Martin Wagner

Die Turbulenzen auf den Weltmärkten haben die Güterpreise im Vorjahr enorm in die Höhe getrieben, und mit ihnen stiegen die Einkommen der österreichischen Forstwirte, Bäuerinnen und Bauern ungewöhnlich stark. 2022 beliefen sich die Gewinne der Agrarunternehmen laut dem "Grünem Bericht" des Landwirtschaftsministeriums auf durchschnittlich 45.757 Euro – das entspricht einem Plus von 42 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Für die Agrarier ist es der höchste Einkommenszuwachs seit vielen Jahren.

Der "Grüne Bericht" wird jährlich auf Basis der Ergebnisse von rund 2.000 Land- und Forstwirtschaftsbetrieben erhoben. Wesentlicher Impuls für die darin ausgewiesenen Gewinnzuwächse gaben die hohen Erzeugerpreise: Das sind jene Preise, die Produzenten für ihr Ware verlangen können. Die Erzeugerpreise sind auch hauptverantwortlich dafür, dass der Produktionswert der Landwirtschaft um 23,3 Prozent auf rund 13,5 Milliarden Euro in die Höhe geschossen ist. Je Biobetrieb betrugen die Einkommen durchschnittlich 37.416 Euro, das ist ein Plus von 18,2 Prozent gegenüber 2021. Bergbauernbetrieb verdienten im Schnitt 34.603 Euro (plus 44,8 Prozent). Bezogen auf den Arbeitseinsatz erzielte ein durchschnittlicher Betrieb 34.507 Euro an Einkünften je betriebliche Arbeitskraft.

Nach der Stagnation

Grund zur Euphorie lieferten die Zahlen vielen Betrieben dennoch nicht, betonte der Sektionschef für ländliche Entwicklung im Landwirtschaftsministerium, Johannes Frankhauser, anlässlich der Veröffentlichung des Berichts. Das Einkommensplus sei zwar erfreulich, man müsse aber bedenken, dass dieses auf viele Jahre der Stagnation, teils gar auf Einbrüche folge. Zudem hätten sich die Aussichten für die Betriebe in den vergangenen Monaten wieder eingetrübt, sagte er unter Verweis auf die Entspannung auf den Märkten und die gesunkenen Erzeugerpreise. Auf viele große Waldbesitzer und Forstbetriebe trifft das nur bedingt zu, sie hatten laut Statistik bereits 2021 Rekordgewinne erwirtschaftet und 2022 weiter zugelegt.

Die Einkommen im Agrarsektor unterlägen im langjährigen Vergleich starken Schwankungen, betonte auch Franz Fesl, Experte für Agrarökonomie bei der Steuerberatungsgesellschaft LGB Österreich. So wurden zwischen 2012 und 2015 jeweils Rückgänge im Bereich von fünf bis 15 Prozent verzeichnet, ehe die Gewinne 2016 und 2017 um etwas mehr als zehn Prozent zulegten. Nach einem neuerlichen Minus im Jahr 2018 folgte eine Phase der Stagnation, 2021 gab es dann erstmals wieder ein Plus von 15 Prozent. Inflationsbereinigt lagen die Gewinne daher im vergangenen Jahr – Steuern und Sozialversicherungsbeiträge sind nicht einberechnet – in etwa auf dem Niveau von 2011. Unterstützend wirkten die Subventionen der öffentlichen Hand: Pro Betrieb lagen diese zuletzt bei gut 22.700 Euro.

Bäuerlicher Klimaschutz

Hervorgehoben wurde seitens des Ministeriums der Beitrag der Agrarwirtschaft zum Klimaschutz. So würden in Österreich mehr als 80 Prozent aller landwirtschaftlichen Flächen unter das Agrarumweltprogramm (ÖPUL) fallen, das unter anderem Leistungen für biodiversitätsfördernde Bewirtschaftung vorsieht. Darüber hinaus seien mit der Umsetzung der Gemeinsamen EU-Agrarpolitik (GAP) ab 2023 die Maßnahmen zur Erhöhung der Umweltwirkung von Direktzahlungen intensiviert worden, so Thomas Neudorfer, stellvertretender Abteilungsleiter für Agrarumwelt im Ministerium.

Von einer "Achterbahnfahrt" in Bezug auf die Einkommen sprach Landwirtschaftskammer-Präsident Josef Moosbrugger gegenüber der APA in einer Aussendung. Für heuer zeichne sich bereits eine weitere Talfahrt ab. "Deshalb besteht nach dem Einkommensplus kein Grund zum Jubeln, die aktuelle Entwicklung gibt vielmehr Anlass zur Sorge." Ähnlich der Präsident des ÖVP-Bauernbunds, Georg Strasser: "Der Grüne Bericht 2023 zeigt eine notwendige Korrektur der bäuerlichen Einkommen nach Jahren der Stagnation. Hohe Preise für Betriebsmittel und Energie bei gleichzeitig sinkenden Erzeugerpreisen bringen uns bereits jetzt wieder unter Druck."

Kritik kam umgehend von der Umweltorganisation Greenpeace. Sie stößt sich vor allem daran, dass im aktuellen Bericht auf eine transparente Darstellung von Daten zum Einsatz von Pestiziden wie Glyphosat verzichtet worden sei. "Der grüne Bericht ist mehr als lückenhaft. Landwirtschaftsminister Totschnig möchte das Risiko von gefährlichen Pestiziden für Menschen, Tiere und Natur unter den Teppich kehren", so Greenpeace-Landwirtschaftsexperte Sebastian Theissing-Matei in einer Mitteilung. (APA, red, 13.9.2023)