
Der Ort ist natürlich symbolträchtig gewählt: 1912 eröffnete hier in Sochaux, gleich neben dem altehrwürdigen Mömpelgard, der traditionsreiche französische Automobilhersteller sein Stammwerk. Ideale Kulisse für die Botschaft, die Marke erfinde sich gerade neu, wie Peugeot-Chefin Linda Jackson zur Weltpremiere des neuen E-3008 betonte. Zugehöriger trikolorer, Pardon: triverbaler Marketingslogan: Allure (gefälliges Design), Emotion (Fahrspaß), Exzellenz (Qualität, Effizienz, Technologie).

Mit Allüre unter Strom: Draußen vor dem Eingang standen zur Begrüßung etliche camouflierte 3008er Spalier, drinnen fielen dann alle Hüllen, und es zeigte sich: fesches Auto, sehr fesches. Das war mit dem 308, dem Einstandsmodell von Designchef Matthias Hossann, noch keine sichere Bank. Ab dem zweiten Wurf, dem 408, dann schon.

Die Silhouette des 3008, ein "Auto, das uns auf die nächste Ebene hievt" (Jackson), zeigt leichte Verwandtschaft zum 408, fast, als hätte man diesen mit viel Gefühl aufgepumpt. Grund: Anders als bisher setzt er nun auf das schnelle Heck, SUV-Coupé lautet der trendsichere Terminus, prosaischer ausgedrückt: Es handelt sich um ein Fließheck-Konzept.

"Der E-3008 soll schon optisch die Botschaft vermitteln, man habe hier ein einziges und einzigartiges Hightech-Objekt vor sich", verrät Hossann die Grundintention, und wenn dabei Chrom komplett von der Materialliste verschwunden ist, bestätigt dies eine aktuelle Branchenweisheit: Licht ist das neue Chrom.
Erstmals zeigt der 3008 die neue Front mit den drei LED-Klauen links und rechts; erstmals gibt es drinnen ein geschwungenes, 21 Zoll breites Panoramadisplay nach Art von BMW und Kia, nur höher positioniert, wir werden sehen, ob das im Fahralltag störend wirkt oder nicht; erstmals versucht sich Peugeot im Metier der SUV-Coupés; und wiederum erstmals ist damit auch eines der größeren Fahrzeuge aus der Peugeot-Palette im E-Zeitalter angekommen, bisher war das ja den kleineren Gebinden vorbehalten.

Möglich macht dies die STLA-Medium-Architektur, immer noch eine Mischplattform, die aber diesen Flexibilitätsgrad ermöglicht. Wenn der E-3008 im April 2024 zeitgleich mit den Plug-in-Hybriden vorfährt, stehen ein Fronttriebler mit 157 und ein Allradler mit 240 kW zur Auswahl. Deren 73-kWh-Batterie (netto) stehe für jeweils 525 km Reichweite, verlautete in Sochaux, und die Long-Range-Version, ein Fronttriebler mit 170 kW und 98-kWh-Akku, erlaube Reisen von bis zu 700 km, also in etwa die Strecke Innsbruck–Paris. Bei den Motoren handelt es sich um Permanentmagnet-Synchronmotoren, und beim Verbrauch sieht Peugeot sich als kommender Klassenprimus: 13,9 kWh/100 km wurden im WLTP-Normtest ermittelt.
Preise gibt's noch nicht, man darf aber gespannt sein, ob die Franzosen da ihrem lange gehegten und gepflegten Demokratisierungsansatz, der Leitbarmachung für Massen, weiter treu bleiben.

4,54 m lang ist der E-3008 (bisher: 4,45), der Radstand liegt bei 2,74 m, der Kofferraum fasst wie beim jetzt auslaufenden Modell 520 Liter. Der Maximalwert bei umgelegter Rückbank steht noch nicht fest, und die Anhängelast (gebremst) bewegt sich zwischen 1.250 und 1.350 kg.
Um die Kosten-Nutzen-Balance zu halten, "das ist immer ein Kompromiss, wir alle in der Branche lernen jeden Tag dazu", setzt Stellantis auf 400 Volt und 160 kW Ladeleistung, womit die kleine Batterie in 30 Minuten ihren Energievorrat von 20 auf 80 Prozent aufgestockt hat.
Bei der ersten Sitzprobe auf der Weltpremiere wollten wir gleich einmal die Sitzkühlung ausprobieren, so heiß war es in Sochaux, allein: Fehlanzeige. Gibt es nicht. Nur Ventilation. Und Heizung natürlich sowie Massage.
Die Vordersitze selbst versprechen viel Seitenhalt, hinten ist der Boden durchgehend eben – allein, man bekommt die Oberschenkel nicht auf die Sitzfläche. Die Sache ist allgemein zu beobachten bei diesen unterflur verbauten Batterien, auch hier ein Kompromiss im Spannungsfeld zwischen Aerodynamik, Sitzkomfort und Proportionen.
Im Öko-Kapitel verweist der Hersteller auf den Umstand, dass 23 Prozent des Fahrzeugs aus Rezyklaten bestehe und über 500 kg umweltfreundliche Materialien verwendet würden, wobei Stahl, Alu und Polymere angeführt werden. Die Gesamtmasse des E-3008 kommuniziert Peugeot allerdings noch nicht.
Zum Premierenprogramm zählten auch Stationen rund um Design und Plattform. Wer denn die Batterielieferanten seien, wollten wir bei letzterer Gelegenheit wissen. "100 Prozent ACC lautet das Ziel. Bis wir die nötigen Kapazitäten bekommen, ist auch BYD Bezugspartner."
Hintergrund: ACC (Automotive Cells Company) zieht gerade eine Gigafactory in Frankreich hoch. Die Firma ist ein Joint Venture von Stellantis, Saft (Tochterunternemen von Total Energies) und Mercedes-Benz, die drei Partner halten jeweils ein Drittel der Anteile.
Wie flexibel ist jetzt die STLA-Medium-Plattform bei Radstand und Spurweiten? Beim Radstand bewege man sich zwischen 2,73 und 2,90 Metern, womit, zählt man eins und eins zusammen, schon der Radstand des kommenden Peugeot 5008 heraus wäre.
Hinterachse aus Italien
Dass die Franzosen neben Allrad auf Front- und nicht Heckantrieb setzen, erklärt sich schlicht aus dem Umstand, dass bei Plug-in-Hybriden vorne ja noch der Verbrennungsmotor untergebracht werden will, thermische Vorbereitung der Batterie vor dem Laden ist nicht möglich, und die Plattform selbst ist letztlich eine rein französische (Weiter-)Entwicklung ohne Beteiligung der italienischen, deutschen und US-amerikanischen Stellantis-Partner. Lediglich die Hinterachse komme aus Italien, hieß es.
Und warum nicht 800 Volt statt 400, wie Hyundai-Kia es im Massensegment vorexerzieren? Zu teuer? "Ja. Wir haben da lieber in maximale Effizienz investiert."
Als Konkurrenz hat der E-3008 Typen wie Nissan Ariya, Toyota bZ4X, VW ID.5, Kia EV6 und Tesla Model Y im Visier, in der Liga konventionell motorisierter Gegner nennt Peugeot Renault Austral, Hyundai Tucson und Kia Sportage.
Abschließend noch rasch ein Wort zur Modellgeschichte. Die erste Generation (2009 bis 2016) war eigentlich noch ein klassisches Minivan-Konzept, Peugeot musste extra SUV dazuschreiben, um vom Boom zu profitieren und nicht in die Van-Falle zu tappen – der Niedergang der extrem praktischen Fahrzeuggattung war bereits voll im Gange.
Die jetzt auslaufende zweite Generation (seit 2016) war nicht nur optisch ein Volltreffer, auch auf der Absatzfront bewährte sich das Fahrzeug. "Der aktuelle 3008 verkaufte sich bisher über eine Million Mal, ist eines der erfolgreichsten Fahrzeuge im C-SUV-Segment und damit eindeutig unser SUV-Flaggschiff", berichtete Linda Jackson.
Jetzt steht dieser Löwe also erstmals unter Strom. Weitere folgen und bilden 2025 das erwähnte Neuner-Rudel. Ob Peugeot damit das ehrgeizige Ziel erreicht, dann Elektroautoführer in Europa zu sein? Reden wir in zwei Jahre darüber. (Andreas Stockinger, 13.9.2023)