Drei Armbanduhren werden auf kleinen Sockeln präsentiert, im Vordergrund ist die Wort-Bild-Marke der Firma Rolex zu sehen
Zeigen die Zeit, sind nicht ganz günstig und immer wieder beliebte Diebesbeute: Uhren des Schweizer Herstellers Rolex.
APA / AFP / FABRICE COFFRINI

Wien – Eine Schwedisch-Dolmetscherin wird am Landesgericht für Strafsachen Wien nicht oft benötigt, Richter Mathias Funk benötigt für das Strafverfahren gegen die Herren M. und S. aber eine. Die beiden Angeklagten sind mit 35 beziehungsweise 28 Jahren keine allzu alten Schweden, haben aber schon einige Erfahrung mit der Justiz gemacht. Nicht in Österreich, hier ist das Duo unbescholten. Aber in ihrer skandinavischen Heimat: Der Erstangeklagte hat zehn Vorstrafen, der jüngere Zweitangeklagte elf Stück. Das nun die nächste dazukommt, steht fest: Denn ihre Verteidiger Philipp Wolm und Nikolaus Rast kündigen an, dass sich ihre Mandanten vollumfassend geständig zeigen werden.

Die beiden Selbstständigen – M. arbeitet in einer Haartransplantationsklinik, S. ist Immobilienmakler – geben also zu, am 1. und 2. Mai in drei noblen Fitnesscentern Spinde aufgebrochen und Wertsachen sowie Bargeld gestohlen zu haben. Gewerbsmäßiger schwerer Diebstahl durch Einbruch nennt sich das Delikt. Fitnesscenter wie Holmes Place, John Reed und John Harris scheinen lohnende Ziele zu sein: Das Duo erbeutete laut Staatsanwältin zwei Rolex-Uhren im Gesamtwert von über 18.000 Euro, einen Montblanc-Kugelschreiber, der 300 Euro kostet, einen Apple Pencil (Neupreis 149 Euro), eine Burberry-Jacke von unbekanntem Wert und hunderte Euro Bargeld.

Internationale Einbruchstour

Das Motiv für ihre internationale Einbruchstour: Beschaffungskriminalität. "Beide konsumieren wie verrückt und werden jetzt hoffentlich aufhören", erklärt Verteidiger Rast. Richter Funk mag es kaum glauben, als er die Mengen hört: Der Erstangeklagte rauche 30 bis 40 Gramm Kokain pro Woche, behauptet er, Angeklagter Nummer zwei sagt, er nehme fünfmal pro Tag Koks und konsumiere zusätzlich noch Heroin. "Und da können Sie trotzdem als Makler arbeiten?", scheint der Richter eine hohe Meinung von Anforderungen und Ethos dieses Berufsstandes zu haben. "Ich konnte es verschleiern", lässt S. übersetzen.

Laut Zeugenaussagen sollen die beiden Angeklagten die sportwilligen Opfer ausgespäht haben. Betrat ein offenbar betuchter Kunde ein Center, folgten sie ihm. In den Umkleidekabinen nutzten sie dann offenbar die Gelegenheit und brachen in der Hoffnung auf Zufallstreffer gleich mehrere Kästen auf einmal auf. Allein John Harris entstand so ein Schaden von knapp 1.600 Euro, den der Privatbeteiligtenvertreter zurückfordert. Die Angeklagten versprechen zu zahlen. "Was wollten Sie mit der Beute eigentlich machen? Hätten Sie sie in Schweden auf dem Schwarzmarkt verkauft?", interessiert den Richter noch. Ja, bestätigt der Erstangeklagte. "Ich brauche ziemlich viel Heroin, und das kostet ziemlich viel", sagt der Zweitangeklagte.

M. wird schließlich zu 20 Monaten unbedingter Haft verurteilt, Zweitangeklagter S., der mehr einschlägige Vorstrafen hat, bekommt 24 Monate unbedingt. Die beiden sind einverstanden. Da die Staatsanwältin keine Erklärung abgibt, ist das Urteil nicht rechtskräftig. Die Untersuchungshaft seit 5. Mai wird den beiden angerechnet, wie lange sie noch – nein, hier kommt jetzt kein Wortspiel mit schwedischen Gardinen – in einer Zelle sitzen müssen, bleibt offen: Denn Wolm und Rast stellen Anträge auf "Therapie statt Strafe". Ein Gutachter wird bewerten, ob das Duo wegen seiner Rauschmittelabhängigkeit therapiefähig und -willig ist. Kommt er zu einem positiven Ergebnis, haben die beiden bereits Plätze in einem Entzugsprogramm zugesichert bekommen. (Michael Möseneder, 14.9.2023)