Regisseur Kurt Langbein vor der geöffneten Tür eines großen Autos.
Regisseur Kurt Langbein vor dem Geilomobil.
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Wien – Genau eine Woche nach der Premiere des ersten Films über Ex-Kanzler Sebastian Kurz (ÖVP) ist nun am Mittwochabend der Streifen von Regisseur Kurt Langbein im Wiener Gartenbaukino an den Start gegangen. "Projekt Ballhausplatz" stellt den Anspruch, einen kritischen Blick auf die Ära des Ex-ÖVP-Chefs zu werfen, wie Langbein bei der Premiere noch einmal klarstellte. Im Gegensatz zum "Kurz"-Start vor einer Woche blieb die ÖVP-Prominenz diesmal aber aus.

Kurz selbst hatte ja bereits bei der Premiere des Films von Regisseur Sascha Köllnreitner (Titel: "Kurz") – der von Beobachtern als Kurz-freundlich eingestuft wird – erklärt, er werde das Langbein-Werk nicht anschauen. Auch hatte er den Interviewanfragen von Langbein – anders als Köllnreitner – eine Absage erteilt. Langbein habe nicht den Eindruck erweckt, "objektiv" zu sein, begründete Kurz diese Entscheidung. Wie der Ex-ÖVP-Chef blieb auch die gesamte türkise Prominenz der Langbein-Premiere fern. Zur Premiere des Köllnreitner-Films war diese hingegen nahezu geschlossen erschienen – von den aktuellen Regierungsmitgliedern bis hin zu Parteigranden wie Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka abwärts.

Langbein bedauert Interviewabsage von Kurz

Langbein sagte, er bedauere das Fernbleiben und die Interviewabsage von Kurz, denn er hätte ihn gerne gefragt, "was die Hintergründe für seine Ambitionen sind, die Macht zu ergreifen und an der Macht zu bleiben". Auch hätte er gerne gewusst, "warum er so denkwürdig problematisch mit Fakten und der Wahrheit umgeht und warum Demagogie das adäquateste Mittel ist", Politik zu betreiben. "Und ob er wirklich vorhat, wieder in die Politik zu gehen, weil er verhält sich so, als hätte er es vor."

Den Konkurrenzfilm hält Langbein durchaus für eine Vorbereitungsmaßnahme zum Comeback. "Ein Manager, der internationale Geschäfte betreibt, der verhält sich so nicht." Kurz hingegen suche die Öffentlichkeit, geriere sich als "eine Art Staatsmann", lasse "in Windeseile einen Film produzieren", um vor "Projekt Ballhausplatz" auf die Leinwand zu kommen. Er sei zuerst ein wenig "erschrocken" gewesen, "weil die Intention war ja, das Wasser abzugraben". "Jetzt sehe ich, dass die Aufmerksamkeit gestiegen ist, ich bedanke mich bei allen Beteiligten."

Grund für den "Ballhausplatz"-Film sei gewesen, herauszuarbeiten, "was das Erfolgsgeheimnis von Sebastian Kurz ist". Von dessen Ära bleibt Langbeins Meinung nach vor allem die Verbreitung der Ausgrenzung von sozial Schwachen, Flüchtlingen und Ausländern. "Er hat die politische Kommunikation weit nach rechts geführt und die Fremdenfeindlichkeit in die Mitte der Gesellschaft gebracht, sonst nicht viel."

Fischler: Kurz hat sich in eine "ganz eigene Richtung entwickelt"

Seitens der ÖVP verirrte sich nur Ex-EU-Kommissar Franz Fischler ins Gartenbaukino, der sich schon in der Vergangenheit kritisch zur Ära Kurz geäußert hatte. Er habe anfangs große Hoffnungen in Kurz gesetzt, sagte Fischler bei seinem Eintreffen. Allerdings habe sich dieser dann in eine "ganz eigene Richtung entwickelt". Kurz sei wie eine Silvesterrakete "steil nach oben gestartet" und dann mit einem Riesenknall wieder rasch auf den Boden "ins Dunkel" gefallen, wiederholte Fischler einen schon im Vorjahr geäußerten Vergleich. Ein Comeback von Kurz hält er aber durchaus für möglich: Sollten die Gerichtsverfahren für Kurz gut ausgehen, dann sei eine Rückkehr "sehr wahrscheinlich".

Blick von außen auf eine Schlange vor dem Gartenbaukino in Wien.
Im Wiener Gartenbaukino fand die Filmpremiere von "Projekt Ballhausplatz" statt.
APA/GEORG HOCHMUTH

Zur Premiere der rund 100-minütige Collage aus Archivmaterial und Interviews mit Beobachtern gekommen waren auch zahlreiche Protagonisten des Films: Neben der "Falter"-Journalistin Barbara Toth gaben sich unter anderem auch die Neos-Nationalratsabgeordneten Stephanie Krisper und Helmut Brandstätter im Kino an der Ringstraße die Ehre. Ebenfalls anwesend war am Mittwochabend der Medienwissenschafter Fritz Hausjell, der von Köllnreitner für den "Kurz"-Film interviewt worden war, dann aber (wohl wegen eher kritischer Anmerkungen über die sogenannte Message-Control der Türkisen) im Film nicht vorkam.

Unter den Premierengästen gesichtet wurden unter anderem auch die Wiener Stadträtin Veronica Kaup-Hasler (SPÖ), Ex-Grünen-Abgeordneter Karl Öllinger und der Schriftsteller Robert Menasse.

Ihnen allen wurde vor dem Kino ein Modell des berühmt-berüchtigten "Geilomobils" präsentiert – jenes Geländewagens der Marke Hummer, mit dem Kurz dereinst als junger JVP-Chef posierte (unter dem Slogan "Schwarz macht geil"). Quasi als Analogie zu der im Film angestrebten moralischen Dekonstruktion des Phänomens Kurz wird im Film ein solcher Wagen zerlegt. Vor dem Kino wiederholte sich dies zumindest ansatzweise: Mechaniker demontierten medienwirksam eine der Türen des Fahrzeuges. (APA, 13.9.2023)